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Alexander der Große

Titel: Alexander der Große
Autoren: Wolfgang Will
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des Aristoteles, der zu den Erziehern des Prinzen gehört hatte. An einer zunehmenden
     Entfremdung ist nicht zu zweifeln, als Alexander sich im Laufe seines Zuges immer stärker orientalisierte. Im umfangreichen
     Werk des Aristoteles finden sich jedoch keinerlei Spuren. Auffällig ist nur das beharrliche Schweigen über Alexander. Der
     Philosoph überließ die Kritik anderen. Sie entzündete sich vor allem am Schicksal des Kallisthenes, den Alexander unter falschen
     Anschuldigungen hatte hinrichten lassen. Mit seinen panhellenischen Vorstellungen war er zum Hemmnis für eine neue Politik
     gegenüber den Persern geworden.
    Der Peripatos, die Schule des Aristoteles, wurde zum Wegbereiter einer fundamentalen postumen Kritik an Alexander: Aus guten
     Anfängen habe er sich, geblendet und berauscht von seinen Erfolgen, zu einem Despoten entwickelt. Die Kyniker, die den Kosmopolitismus
     Alexanders durchaus begrüßten, die Rolle des Weltenherrschers aber lieber mit einem weisen Philosophen denn einem makedonischen
     Militär besetzt gesehen hätten, übernahmen die Vorwürfe, die sich dann später auch in der Stoa wiederfinden.
    Tryphé
und
Tỹphos
, Hoffahrt, Hochmut, Dünkel und Luxus erschienen den Philosophen als die herausragenden Eigenschaften des späten Alexander.
     Die Erziehung durch Aristoteles war gescheitert, der |15| ideale König zum Tyrannen verkommen. Die äußeren Erfolge, die nicht zu bestreiten waren, dankte er offenkundig weniger seiner
Areté
als der
Tyćhe
; nicht eigenes Verdienst war es, sondern Glück, das Alexander auf den Gipfel des Ruhmes brachte. Die Rhetorenschulen in Griechenland
     und Rom verbreiteten ein entsprechendes Bild, das sich dann auch in den römischen Biographien niederschlug und im Werk des
     Curtius in seiner reinsten Prägung vorliegt. 3
    Der letzte Biograph
    In Arrian von Nikomedia, einem hohen kaiserlichen Beamten in Kleinasien, fand Alexander seinen letzten antiken Bewunderer.
     Arrian, der sich Mitte des 2. Jahrhunderts nach Athen zurückzog und vielleicht dort seine Alexandergeschichte schrieb, in
     Anlehnung an die berühmten Memoiren Xenophons
Anabasis
betitelt, verschmähte Kleitarch als Quelle und bevorzugte Aristobul und Ptolemaios. Er rettete damit eine Überlieferung, die
     von der Vulgata verdrängt worden war, auch wenn die Kriterien für Arrians Wahl ein wenig befremden können:

    Indes scheinen mir Ptolemaios und Aristobul in ihren Darstellungen glaubwürdiger als die anderen, der eine, Aristobul, weil
     er an der Seite seines Königs Alexander den ganzen Feldzug mitmachte, der andere, Ptolemaios, weil es zusätzlich dazu, dass
     er Teilnehmer des Zuges war, für ihn als König größere Schande als für jeden anderen bedeuten musste, zu lügen.

    Dazu kam für Arrian ein Kriterium, das allerdings nur für Kallisthenes nicht galt:
    Überdies schrieben ja beide erst in der Zeit nach Alexanders Tod. So fielen für sie Zwang oder Vorteile fort, die sich daraus
     ergaben, die Dinge anders darzustellen, als sie sich wirklich zugetragen hatten. 4

    |16| Es ehrt Arrian, wenn er glaubt, dass Herrscher weniger lügen, die weitere Begründung aber mutet zumindest heute etwas naiv
     an.
    Ptolemaios, die bevorzugte Quelle, hatte als Mitglied der Leibgarde Zugang zu Alexander und vielen vertraulichen Informationen.
     Als späterer Satrap und dann auch König von Ägypten ist seine in hohem Alter geschriebene Alexanderbiographie aber auch Selbstdarstellung
     und Herrschaftslegitimation. Vielleicht nahm Arrian für ihn ein, dass er bewusst das bunte Gepränge eines Kleitarch mied und
     sich auf das Militärische konzentrierte. Kritik an Alexander war von Ptolemaios nicht zu erwarten. Negative Aspekte wurden
     allerdings eher ausgespart als beschönigt.
    Aristobul gehörte zum technischen Personal; er sah mehr als nur Schlachten und taktische Manöver, sein Blick richtete sich
     auch auf Land und Leute. Durch seine ethnographischen und geographischen Exkurse bot er Arrian daher eine gute Ergänzung zu
     Ptolemaios. Dennoch zählt auch Aristobul zur panegyrischen Literatur, genauso wie Alexanders Admiral Nearchos, der dritte
     Autor, den Arrian über weite Teile ausschrieb, und zwar in einem eigenen, der
Anabasis
folgenden Buch namens
Indike
, das den Bericht des Nearchos über seine Fahrt vom Indus zum Persischen Golf zum Teil wörtlich wiedergibt.
    Arrian verwendete noch weitere Quellen wie Onesikritos, einen Anhänger der kynischen Lehre, der unter dem Titel
Wie
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