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Alex Rider 08: Crocodile Tears

Alex Rider 08: Crocodile Tears

Titel: Alex Rider 08: Crocodile Tears
Autoren: Anthony Horowitz
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trieb die Turbinen an und die Turbinen produzierten Strom. So funktionierte das Kraftwerk, so einfach war das im Grunde.
    Ein Kernkraftwerk ist der sicherste und zugleich gefährlichste Ort der Welt. Ein Unfall hätte so schreckliche Folgen, dass es ihn schlichtweg nicht geben darf. Die Reaktorhalle von Jowada bestand aus Stahlbeton. Die Mauern waren anderthalb Meter dick. Die Kuppel über der Anlage hatte die Ausmaße einer Kathedrale. Im Fall einer Betriebsstörung konnte der Reaktor innerhalb von Sekunden abgeschaltet werden. Was auch passierte, aus dieser Halle durfte nichts nach draußen entweichen.
    Bau und Betrieb der Anlage unterlagen Tausenden von Sicherheitsbestimmungen. Doch ein Mann, der davon träumte, in London ein Kricketspiel zu sehen, stand im Begriff, sie in die Luft zu sprengen.
    Sechs Wochen zuvor hatten ihn zwei Männer an einer Straßenecke in der Nähe seiner Wohnung angesprochen. Der eine war Europäer, der andere kam aus Delhi. Er war, wie sich herausstellte, ein Freund von Ravis Cousin Jagdish, der in der Küche eines Fünfsternehotels arbeitete. Danach war es ganz selbstverständlich gewesen, das Gespräch bei Tee und Samosas fortzusetzen – zumal der Europäer zahlte.
    »Was verdienst du in Jowada? Nur fünfzehntausend Rupien im Monat? Davon kann nicht einmal ein Kind leben und du hast Frau und Familie. Diese Gauner! Sie betrügen ehrliche Arbeiter. Denen sollte man wirklich eine Lektion erteile n …«
    Geschickt hatten die beiden Männer das Gespräch in die gewünschte Richtung gelenkt. Zum Abschied schenkten sie Ravi eine falsche Rolex. Warum auch nicht? Jagdish hatte ihnen in der Vergangenheit hin und wieder einen Gefallen getan, sie kostenlos mit Essen bewirtet, das er aus der Küche gestohlen hatte. Jetzt revanchierten sie sich dafür eben bei Ravi. Bei ihrem nächsten Treffen eine Woche später schenkten sie ihm ein iPhone – ein echtes. Die Geschenke waren allerdings nur als Vorgeschmack auf die Reichtümer gedacht, die er sich verdienen konnte, wenn er einen Auftrag für sie erledigte. Der Auftrag war gefährlich. Es konnte dabei sogar Verletzte geben.
    »Aber für dich, mein Freund, wäre es der Anfang eines neuen Lebens. Alle deine Wünsche könnten in Erfüllung gehe n …«
    Um Punkt acht Uhr betrat Ravi Chandra die Reaktorhalle des Kernkraftwerks Jowada. Fünf weitere Techniker begleiteten ihn. Hintereinander mussten sie eine Luftschleuse passieren, einen weißen, runden Gang mit einer automatischen Schiebetür an beiden Enden. Das Ganze sah aus wie eine Schleuse auf einem Raumschiff und diente auch einem ähnlichen Zweck. Der Ausgang ging erst auf, wenn der Eingang sich geschlossen hatte. Aus der Halle durfte keine radioaktive Strahlung nach draußen gelangen. Die Männer trugen die gleichen Anzüge, Helme und Schutzbrillen. Alle hielten Werkzeugkästen in der Hand. Sie sollten an diesem Tag eine Reihe von Instandhaltungsarbeiten durchführen, darunter so gewöhnliche wie ein Ventil zu ölen oder eine Glühbirne zu wechseln. Auch die modernste Technik muss regelmäßig gewartet werden.
    Von der Luftschleuse gelangten sie in die Reaktorhalle. Unter der riesigen Kuppel mit ihren leuchtend gelben Stegen und Balkonen, Hebebühnen und Kabeln und zwischen den gewaltigen Maschinen, Brennstab-Transportbehältern und Generatoren wirkten sie winzig und verloren. Scheinwerfer strahlten vom Rand der Kuppel herunter und in der Mitte der Halle öffnete sich eine Art zwölf Meter tiefes, leeres, auf allen vier Seiten mit Edelstahl verkleidetes Schwimmbecken – der eigentliche Reaktor. Unter einem hundertfünfzig Tonnen schweren Stahldeckel wurden fortwährend Millionen von Uranatomen gespalten und erzeugten eine unvorstellbare Hitze. Vier metallene Türme wachten über das Ganze. Sie sahen aus wie kleine Raketen. Raketen, die nie fliegen würden. Jeder Turm war in einem eigenen stählernen Gehäuse eingeschlossen und durch ein Netz dicker Rohre mit dem Rest der Anlage verbunden. Es handelte sich um die Kühlmittelpumpen des Reaktors, die das Kühlwasser durch die Rohre beförderten. Innerhalb des Metallgehäuses drehte sich ein fünfzig Tonnen schwerer Motor mit fünfzehnhundert Umdrehungen pro Minute.
    Es gab eine Nord-, Süd-, Ost- und Westpumpe. Die Südpumpe war Ravis Ziel. Doch zuerst ging er quer durch die Halle zu einer Tür mit der Aufschrift NOTAUSGANG. Die beiden Männer hatten ihm alles ganz genau erklärt. Ein Anschlag auf den Reaktordeckel war sinnlos, ihn konnte nichts
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