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Alex Rider 08: Crocodile Tears

Alex Rider 08: Crocodile Tears

Titel: Alex Rider 08: Crocodile Tears
Autoren: Anthony Horowitz
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Arm oder ein Bein.
    Der Bus hatte vor einer Tür in einer Ziegelwand endgültig angehalten. Sie bestand wie alle Türen in Jowada aus massivem Stahl und sollte Rauch, Feuer oder sogar einem Raketenangriff standhalten. Ein zweiter Sicherheitsbeamter und weitere Kameras überwachten, wie die Passagiere ausstiegen und durch die Tür gingen. Dahinter lag ein kahler, weiß getünchter Gang, der zu einem Umkleideraum führte, einem der wenigen Orte des Kraftwerks ohne Klimaanlage. Ravi öffnete seinen Spind. An der Innenseite der Tür hing ein Foto des Bollywood-Stars Shilpa Shetty. Er holte einen Schutzhelm, eine Schutzbrille, Ohrenstöpsel und eine reflektierende Jacke heraus, außerdem einen dicken Schlüsselbund. Es gab in Jowada wie in den meisten Atomkraftwerken nur wenige elektronische Türschlösser oder Magnetstreifenkarten. Das war ebenfalls eine Sicherheitsmaßnahme. Manuelle Schlösser und Schlüssel funktionierten auch bei Stromausfall noch.
    Mit dem Werkzeugkasten in der Hand marschierte Ravi einen weiteren Gang entlang. An seinem ersten Arbeitstag hatte er gestaunt, wie sauber hier alles war – verglichen mit der Straße, in der er wohnte. Dort lag überall Müll herum, die vielen Schlaglöcher waren mit Schmutzwasser gefüllt und die Ochsen, die mit ihren Karren zwischen Autos und motorisierten Rikschas unterwegs waren, ließen ihren Kot fallen. Er bog um eine Ecke und stand vor dem nächsten Kontrollpunkt, dem letzten Hindernis, das er überwinden musste, bevor er drinnen war.
    Zum ersten Mal verspürte er Nervosität. Er wusste, was sich in seinem Werkzeugkasten befand und was er gleich tun würde. Wenn er nun kontrolliert wurde? Man würde ihn einsperren, vielleicht für den Rest seines Lebens. Er hatte üble Geschichten vom Gefängnis in Chennai gehört, von Insassen, die in winzigen unterirdischen Zellen dahinvegetierten, und vom Essen, das so ekelhaft schmeckte, dass einige lieber verhungerten. Aber für einen Rückzieher war es zu spät. Wenn er jetzt zögerte oder etwas Verdächtiges tat, fiel er erst recht auf.
    Er gelangte an ein massives Drehkreuz mit Stäben so dick wie Baseballschläger. Es konnte immer nur eine Person durchgehen. Man musste sich langsam hindurchschieben wie auf einem Förderband, auf dem man weiterverarbeitet wurde. Außerdem gab es dort einen Röntgenscanner, einen Metalldetektor und weitere Sicherheitsbeamte.
    »He, Ravi!«
    »Ramesh, mein alter Freund. Hast du das Kricketspiel gestern Abend gesehen?«
    »Ja. Was für ein Spiel!«
    »Wir lagen zwei Tore zurück und haben wieder aufgeholt. Ich dachte schon, wir seien erledigt!«
    Egal ob Kricket, Fußball oder Tennis, Sport war der tägliche Gesprächsstoff der Angestellten. Ravi hatte das Spiel am Vorabend extra angesehen, um mitreden zu können. Obwohl es im Gang kühl war, schwitzte er. Er spürte, wie ihm Schweißperlen auf die Stirn traten, und wischte sie mit dem Handrücken ab. Bestimmt hielt ihn gleich jemand an und fragte, warum er den Werkzeugkasten in der Hand behielt. Alle kannten den korrekten Ablauf. Der Werkzeugkasten musste geöffnet und durchsucht und seine Fächer mussten herausgenommen werden.
    Doch keiner forderte ihn dazu auf. Im nächsten Augenblick war er durch. Nicht einmal eine Frage hatte er beantworten müssen. Alles war so abgelaufen, wie er gehofft hatte. Niemand hatte den oberen Einsatz des Kastens angehoben und die darunter versteckten zehn Kilogramm des plastischen Sprengstoffs C4 entdeckt.
    Ravi ging weiter und blieb vor einer Reihe von Regalen stehen. Er zog ein kleines Gerät aus Kunststoff heraus, das wie ein Piepser aussah. Es handelte sich um sein elektronisches Personendosimeter zur Messung der Strahlung, der er ausgesetzt war. Das Instrument gab einen Warnton von sich, sobald er mit radioaktivem Material in Berührung kam. Es war mit seiner persönlichen Kennnummer und Geheimzahl versehen. Jowada war in vier Sicherheitsstufen unterteilt, in denen das Kontaminierungsrisiko unterschiedlich hoch war. Ravis Dosimeter war an diesem Tag ausnahmsweise auf die höchste Stufe eingestellt, denn er sollte das Herz des Kraftwerks betreten, die Reaktorhalle.
    In ihr brannte die tödliche Flamme des Atomkraftwerks. Sechzigtausend mit Uran gefüllte, 3,8 5 Meter lange und zu Bündeln zusammengefasste Brennstäbe enthielt der Reaktordruckbehälter. Tag und Nacht wurden zwanzigtausend Tonnen Frischwasser pro Minute durch die Rohre gepumpt. Der dadurch erzeugte Dampf – zwei Tonnen pro Sekunde –
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