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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek
Autoren: Brandon Sanderson
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weiter aus dem Fenster, ohne etwas zu erwidern. Es ist an der Zeit, dass ihr eine wichtige Tatsache begreift, die meine Person betrifft: Was auch immer in den Geschichten über mein Ehrgefühl und meine Weitsicht stehen mag, in Wahrheit ist keine dieser Eigenschaften bei mir besonders ausgeprägt. Eine andere Eigenschaft ist jedoch typisch für mich – die Unbesonnenheit. Manche nennen es Verantwortungslosigkeit, andere Spontaneität. So oder so ist es keinesfalls falsch, mich als einen waghalsigen Jungen zu bezeichnen, der nicht unbedingt dazu neigt, sich über die Konsequenzen seiner Handlungen Gedanken zu machen.
    In diesem Fall steckte jedoch mehr hinter meiner Entscheidung. Am heutigen Tag hatte ich ein paar wirklich merkwürdige Dinge erlebt, und mir kam der Gedanke, dass, wenn etwas so Verrücktes möglich war wie ein bewaffneter Mann, der unverhofft in meiner Küche auftauchte, es vielleicht auch wahr sein konnte, dass dieser alte Mann neben mir mein Großvater war.
    Jemand hatte versucht, mich umzubringen. Mein Zuhause lag in Trümmern. Ich saß in einem hundert Jahre alten Auto in Begleitung eines Irren. Was soll’s, dachte ich mir. Das könnte lustig werden.
    Ich löste den Blick vom Fenster und konzentrierte mich auf den Mann, der behauptete, mein Großvater zu sein. »Ich … habe mir den Sand nicht stehlen lassen«, erklärte ich unvermittelt.
    Grandpa Smedry wandte sich mir zu.
    »Beziehungsweise, na ja, schon«, fuhr ich fort, »aber ich habe es natürlich mit Absicht zugelassen, dass sie den Sand mitnehmen. Ich wollte sie verfolgen und sehen, was sie damit vorhaben. Wie sollen wir schließlich sonst ihre heimtückischen Intrigen aufdecken?«
    Grandpa Smedry zögerte, dann grinste er. Seine Augen funkelten vielsagend, und zum ersten Mal entdeckte ich so etwas wie Weisheit bei dem alten Mann. Er schien kein Wort von dem zu glauben, was ich gesagt hatte, aber er beugte sich zu mir rüber und schlug mir anerkennend auf die Schulter. »So spricht ein wahrer Smedry!«
    »Also«, hakte ich nach und hob warnend einen Finger. »Ich will eines klarstellen: Ich glaube nicht ein Wort von dem, was du mir bisher erzählt hast – Grandpa.«
    »Verstanden«, nickte Grandpa Smedry.
    »Ich komme nur mit dir mit, weil jemand versucht hat, mich zu töten. Du musst wissen, ich bin ein waghalsiger Junge, der nicht unbedingt dazu neigt, sich über die Konsequenzen seiner Handlungen Gedanken zu machen.«
    »Eine typische Smedry-Eigenschaft, das ist mal sicher«, merkte der Alte an.
    »Eigentlich«, fuhr ich unbeirrt fort, »halte ich dich für vollkommen irre, und aller Wahrscheinlichkeit nach bist du auch nicht mein Großvater.«
    »Dann ist ja alles bestens«, folgerte er grinsend.
    Ich verfiel wieder in Schweigen, als der alte Wagen in zügigem Tempo um eine Ecke bog. Wir verließen die Wohnsiedlung und befanden uns nun auf einer Einkaufsstraße, wo wir an kleineren Geschäften, Tankstellen und vereinzelten Fast-Food-Restaurants vorbeifuhren.
    In diesem Moment begriff ich, dass Grandpa Smedry irgendwann im Laufe unseres Gesprächs die Hände vom Lenkrad genommen und sie fröhlich lächelnd in den Schoß gelegt hatte. Erschrocken fuhr ich zusammen.
    »Grandpa!«, schrie ich. »Das Lenkrad!«
    »Drastischer Drake! Das hätte ich beinahe vergessen!« Er griff nach dem Lenkrad, als das Auto gerade wieder um eine Kurve fuhr, und drehte es wild hin und her, anscheinend ohne jeglichen Sinn und eher so wie ein Kind, das Autofahren spielt. Der Wagen reagierte überhaupt nicht auf seine Anstrengungen, sondern folgte unbeeindruckt dem Straßenverlauf, wobei er langsam beschleunigte.
    »Gut beobachtet, Junge«, lobte mich Grandpa Smedry. »Wir müssen schließlich immer den Schein wahren, habe ich recht?«
    »Äh … ja, sicher«, murmelte ich. »Das Auto fährt also von selbst?«
    »Natürlich, wozu wäre es denn sonst gut? Man müsste sich beim Fahren so stark konzentrieren, dass es die Mühe nicht wert wäre. Da könnte man ja genauso gut zu Fuß gehen!«
    Aber sicher, dachte ich.
    Die Leser aus den Freien Königreichen sind vermutlich mit silimatischen Maschinen vertraut und können – eventuell – ermitteln, wie man sie dazu verwenden kann, ein Auto zu kopieren. Allerdings werdet ihr, wenn ihr aus den Freien Königreichen stammt, nur eine sehr vage Vorstellung davon haben, was ein Auto überhaupt ist, da ihr an wesentlich größere Gefährte gewöhnt seid. (Autos ähneln ein wenig silimatischen Krabblern, haben jedoch
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