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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek
Autoren: Brandon Sanderson
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mich wohl erwürgen müssen … , dachte ich unbehaglich.
    »Lord Smedry?«, kam es aus dem Korridor, und eine hünenhafte Gestalt wurde sichtbar.
    Wenn ihr noch nie einen riesigen Mokianer mit Sonnenbrille, Tunika und Strumpfhosen gesehen habt …
    Nun gut. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass ihr noch nie einen riesigen Mokianer mit Sonnenbrille, Tunika und Strumpfhosen gesehen habt. Hatte ich schließlich auch nicht.
    Der Mann – der offenbar auf den Namen Sing hörte – war knapp zwei Meter groß, hatte dunkles Haar und dunkle Haut.
    Er sah aus, als stamme er aus Hawaii oder vielleicht Samoa oder Tonga. Dazu hatte er die Statur eines Football-Spielers und hätte problemlos in jede Mannschaft gepasst. Zumindest, wenn er ein Footballtrikot getragen hätte und keine Tunika – ein Kleidungsstück, das, wie ich nach wie vor finde, furchtbar dämlich aussieht. Bastille hat Bilder, auf denen ich eine trage. Wenn ihr sie fragt, wird sie sie euch bestimmt mit Vergnügen zeigen.
    Solltet ihr das allerdings tun, werde ich euch wohl jagen und töten müssen. Oder euch in eine Tunika stecken und dann Bilder von euch machen. Ich bin mir nicht ganz sicher, welches das schlimmere Schicksal wäre.
    »Sing«, begann Grandpa Smedry nun. »Wir müssen eine vollständige Bibliotheksinfiltration vornehmen. Und zwar sofort.«
    »Eine Bibliotheksinfiltration?«, vergewisserte sich Sing aufgeregt.
    »Ja«, bestätigte Grandpa Smedry gehetzt. »Hole deinen Cousin und seht zu, dass ihr beide eure Tarnkleidung anlegt. Ich sammle inzwischen meine Linsen ein.«
    Sing rannte zurück in die Richtung, aus der er gekommen war, während Grandpa Smedry zu der Wand gegenüber des Kamins ging. Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, folgte ich ihm und sah zu, wie er sich neben eine große Kiste kniete, die aus schwarzem Glas zu bestehen schien. Er legte eine Hand darauf, schloss die Augen, und plötzlich zerbrach die Vorderseite der Kiste.
    Ich machte einen Satz rückwärts, aber Grandpa Smedry schienen die schwarzen Glasscherben nicht weiter zu stören. Er griff in die Kiste und zog eine Art Tablett hervor, das in roten Samt eingewickelt war. Er stellte es auf der Kiste ab, entfernte den Stoff und brachte so ein kleines Buch und ungefähr ein Dutzend Brillen zum Vorschein, jede von ihnen mit unterschiedlich gefärbten Gläsern. Grandpa Smedry öffnete das Jackett seines Smokings und verstaute die Brillen in den unzähligen kleinen Taschen, die an der Innenseite eingenäht waren. Schließlich hingen sie dort wie die Uhren, die man bei illegalen Straßenhändlern direkt aus dem Mantel kaufen kann.
    »Hier geht etwas sehr Merkwürdiges vor sich, oder?«, fragte ich schließlich.
    »Ganz richtig, mein Junge«, nickte Grandpa Smedry, während er weiterhin seine diversen Brillen sortierte.
    »Wir werden uns also tatsächlich in eine Bibliothek einschleichen?«
    Er nickte wieder.
    »Aber in Wirklichkeit ist es gar keine Bibliothek, sondern ein viel gefährlicherer Ort, richtig?«
    »Doch, es ist schon eine Bibliothek«, widersprach Grandpa Smedry. »Was du noch nicht begriffen hast, ist, dass Bibliotheken wesentlich gefährlicher sind, als du bislang gedacht hast.«
    »Und wir werden dort einbrechen«, vergewisserte ich mich, »in ein Gebäude voller Menschen, die mich umbringen wollen.«
    »Höchstwahrscheinlich ja«, gab Grandpa Smedry zu. »Aber was sollen wir sonst tun? Entweder infiltrieren wir sie, oder wir lassen zu, dass sie diesen Sand zu Linsen einschmelzen.«
    Das ist kein Scherz, wurde mir plötzlich klar. Dieser Mann ist nicht einfach nur verrückt. Oder zumindest beschränkt sich seine Verrücktheit nicht nur auf ihn. Für einen Augenblick war ich sprachlos und fühlte mich völlig benommen, wenn ich daran dachte, was in der letzten Stunde alles geschehen war.
    »Na ja, dann ist ja alles klar«, sagte ich schließlich.
    Die Mundtoten unter euch denken jetzt vielleicht, dass ich die ganzen seltsamen Erlebnisse erstaunlich gut wegsteckte. Immerhin passiert es einem nicht jeden Tag, dass man mit einer Waffe bedroht wird und wenig später einen mittelalterlichen Speisesaal entdeckt, der im Kühlschrank einer Tankstelle verborgen ist. Wenn ihr allerdings mit der magischen Fähigkeit aufgewachsen wärt, so ziemlich alles kaputt zu machen, was ihr nur anfasst, dann wäre es euch vielleicht ebenso leichtgefallen, ungewöhnliche Situationen einfach hinzunehmen.
    »Hier, Junge.« Grandpa Smedry stand auf und wählte die letzte Brille
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