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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek
Autoren: Brandon Sanderson
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sagte er langsam. »Zumindest behauptest du das. Aber Vorhänge anzuzünden und eine ganze Küche durch den Rauch zu ruinieren, scheint mir keine Anwendung dieses Talents zu sein. Besonders, wenn du das Feuer erst mal eine Weile brennen lässt, bevor du es löschst. Das ist keine Beschädigung. Das wirkt mehr wie Zerstörung.«
    »Ich zerstöre nicht«, widersprach ich leise.
    »Warum dann also?«, wollte er wissen.
    Ich zuckte mit den Schultern. Worauf wollte er hinaus? Dachte er etwa, es mache mir Spaß, die ganze Zeit alles Mögliche zu verderben? Dachte er, ich fände es toll, alle paar Monate umziehen zu müssen? Mir kam es so vor, als würde jedes Mal, wenn ich anfing, jemanden wirklich gern zu haben, dieser jemand beschließen, dass mein Talent zu anstrengend sei, um damit fertig zu werden.
    Ein Gefühl von Verlorenheit stieg in mir auf, doch ich verdrängte es schnell.
    »Aha«, meinte Grandpa Smedry. »Du willst also nicht antworten. Aber man kann sich ja so seine Gedanken machen, nicht wahr? Warum sollte ein Junge das Heim von so netten Menschen derartig verwüsten? Es scheint eine Perversion seines Talents zu sein. Ja, so scheint es …«
    Ich blieb stumm. Grandpa Smedry lächelte mich an, dann rückte er sich die Fliege zurecht und sah auf seine Armbanduhr. »Gedrechselter Green, so spät schon! Sing! Quentin!«
    »Wir sind so weit, Onkel!«, kam eine Stimme aus dem Korridor.
    »Wunderbar«, meinte Grandpa Smedry. »Nun denn, Junge, darf ich dir deine Cousins vorstellen?«

 
KAPITEL VIER
     
     
    Liebe Mundtote, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um euch meine Anerkennung dafür auszusprechen, dass ihr dieses Buch lest. Mir ist durchaus bewusst, wie schwierig es für euch gewesen sein muss, überhaupt ein Exemplar in die Hand zu bekommen – immerhin wird wohl kein Bibliothekar es empfehlen, wenn man bedenkt, welche Geheimnisse hier über ihn und seine Zunft enthüllt werden.
    Meiner Erfahrung nach werden Bücher wie dieses generell nur selten empfohlen. Dafür ist es viel zu interessant. Vielleicht sind euch schon andere Bücher empfohlen worden. Vielleicht habt ihr sogar schon Bücher von Freunden, Eltern oder Lehrern geschenkt bekommen, mit der Bemerkung, diese Bücher gehörten zu jenen, die man »gelesen haben muss«. Solche Bücher werden stets als »wichtig« bezeichnet – was meiner Erfahrung nach hauptsächlich heißt, dass sie langweilig sind. (Begriffe wie bedeutungsvoll und tiefgründig sind weitere eindeutige Hinweise.)
    Wenn es in diesen Büchern einen Jungen gibt, wird er sich nicht aufmachen und Abenteuer erleben, in denen er gegen Bibliothekare kämpft, Monster aus Papier bezwingt und einäugigen Okulatoren gegenübertritt. Nein, dieser Junge wird gar keine Abenteuer erleben und gegen niemanden kämpfen. Stattdessen wird sein Hund sterben. Oder, in manchen Fällen, seine Mutter. Wenn es ein wirklich bedeutungsvolles Buch ist, werden sein Hund und seine Mutter sterben. (Es hat den Anschein, als hätten die meisten Schriftsteller eine Abneigung gegen Hunde und Mütter.)
    In diesem Buch werden weder meine Mutter noch mein Hund sterben. Ich habe Geschichten dieser Art ziemlich satt. Wenn ihr mich fragt, verursachen solche fantasieüberladenen, unrealistischen Bücher – Bücher, in denen Jungen auf Bergen leben, Familien glücklich ihre kleine Farm bewirtschaften, oder alles, was irgendwie mit der Großen Depression zu tun hat – in den meisten Fällen eine schwere Gehirnerweichung. Um so viel Dummheit entgegenzuwirken, habe ich dieses Buch geschrieben – einen stichhaltigen, wahren Bericht. Bleibt zu hoffen, dass er dazu beiträgt, euch in der Realität zu verankern.
    Wenn ihr also irgendwelche Bücher geschenkt bekommt, wo schon auf dem Cover eine imposante Auszeichnung des Werkes prangt, zeigt euch dankbar und höflich, aber sagt dem edlen Spender, dass ihr keine »Fantasy« lest, da ihr Geschichten vorzieht, die der Wirklichkeit entspringen. Und dann kehrt zurück zu dieser Seite und vertieft eure Nachforschungen über einen Kult von niederträchtigen Bibliothekaren, die hinter den Kulissen die Fäden eurer Welt in der Hand halten.
    Grandpa Smedry deutete auf Sing und erklärte: »Das ist dein Cousin Sing Sing Smedry. Er ist ein Spezialist für altertümliche Waffen.«
    Sing nickte zurückhaltend. Er hatte seine Tunika abgelegt und gegen etwas eingetauscht, das wie ein formeller Kimono aussah. Seine dunkle Sonnenbrille trug er allerdings immer noch. Der Kimono war aus schwerer
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