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Akte X

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Seilbahn zu den Sternen
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kann nicht atmen«, flüsterte er.
    Lucky winselte, die Ohren flach angelegt. Mit gesenktem Kopf schoß er wie ein Blitz aus dem Schlafzimmer. Der Mann hinter ihm lag keuchend auf seinem Bett, die Augen im grellen Lichtschein weit aufgerissen. Das Unterschalldröhnen verwandelte sich in ein ohrenbetäubendes Brummen, während das Licht immer gleißender wurde, bis es beinahe unerträglich war.
    Die Eindringlinge beobachteten den Mann durch die Plastikplanen, lautlos wie die Geister von Verstorbenen. Vor dem grellen Licht zeichneten sich die Umrisse ihrer dreieckigen Schädel deutlich wie Scherenschnitte ab. Der Kopf des Mannes zuckte krampfhaft vor und zurück.
    »Nein... Nein! Nicht schon wieder!« Die Panik ließ seine Stimme heiser klingen. Er kämpfte gegen ein unsichtbares Gewicht an, das ihn niederpreßte. Wie substanzlose Gespenster glitten die schlanken Gestalten durch die Plastikplanen und kamen näher, ganz so, als würden die Schreie und die riesige dunkle Mundhöhle des Mannes sie magisch anziehen.
    Lucky drückte sich hinter dem alten Chevy flach auf den Boden. Sein magerer Brustkorb hob und senkte sich. Alle Hunde in der Nachbarschaft hatten mittlerweile begonnen, wie verrückt zu heulen. Seine Augen glühten im Widerschein des monströsen Gebildes über ihm, des riesigen runden Dings auf einer Säule aus weißem Feuer.
    Dieses furchteinflößende unirdische Licht. Und die Schreie seines Herrchens, die immer leiser wurden, während sie in die Höhe stiegen und schließlich in der Stille des leeren Sternenhimmels verklangen...

Teil Eins Duane Barry
Erstes Kapitel
1 Psychiatrische Rehabilitationsanstalt Davis Center Marion, Virginia 6. August 1994
    Sonnenlicht sickerte durch die hohen Fenster in dem langen Flur und fiel auf Männer in grünen Krankenhauspyjamas, die an den Wänden lehnten oder in den Fensternischen hockten und aus leeren Augen vor sich hin starrten. Eine kleine Gruppe von Männern drängte sich vor einer schmalen Tür, wo sie geduldig auf die Ausgabe ihrer täglichen Tabakration warteten.
    Der Wärter hatte einem der Patienten eine Hand auf den Arm gelegt und führte ihn durch den Gang, während sein Blick mit jener gelangweilten Wachsamkeit hin- und herwanderte, die allen Wärtern irgendwann genauso zueigen wird wie die Uniformen, die sie tragen. Sein Schutzbefohlener schlurfte gehorsam neben ihm her, obwohl seine dunklen Augen lebhafter als die der anderen Männer wirkten, die den Mann teilnahmslos und apathisch betrachteten. Auf seiner Stirn glänzte eine schon lange verheilte, aber immer noch auffällige gezackte Narbe. Der Mann hatte seine Hände auf den Bauch gelegt. Er hätte sie nicht sinken lassen können, selbst wenn er es gewollt hätte, da sie von eng gezurrten Plastikbändern zusammengehalten wurden.
    Die beiden gingen zum Ende des Ganges und blieben vor einer Tür mit der Aufschrift »DR. HAKKIE« stehen. Der Wärter klopfte einmal, hörte eine gedämpfte Antwort und öffnete die Tür.
    Dr. Hakkie erhob sich hinter seinem Schreibtisch, als der Wärter den Mann in das Büro führte. Er warf einen kurzen Blick auf den Aktenordner auf seinem Tisch. Duane Barry stand in bereits verblassender Schreibmaschinenschrift auf dem Deckel.
    »Hallo, Duane. Schön, Sie zu sehen.«
»Hallo.«
»Wie fühlen Sie sich heute?«
    »Ganz gut.« Duane hielt den Kopf gesenkt. Das Büro mit seinen abgegriffenen Büchern, den gerahmten Diplomen und dem schalen Geruch kalten Pfeifenrauchs machte ihn nervös. Hier widerfuhr ihm nie etwas Gutes.
    Dr. Hakkie nickte dem Wärter zu, der wortlos das Büro verließ und die Tür hinter sich schloß. Der Arzt wirkte irgendwie abwesend, als hätte er im Laufe seiner langjährigen Praxis schon alles gehört und gesehen und interessierte sich für nichts mehr als für seine baldige Pensionierung. Sein glattes braunes Haar war von grauen Strähnen durchzogen und fiel ihm schlaff in die hohe Stirn, sein Bart sah aus, als wäre er von Motten zerfressen worden. Hakkie war dünn und ausgemergelt; er hatte schon lange aufgehört, seine Patienten als menschliche Individuen zu betrachten. Seine Tage verbrachte er damit, starke Beruhigungsmittel zu spritzen, und in den Nächten träumte er von Forellenbächen. Aber er wußte immer noch, wie er vorgehen mußte, er hätte seine Arbeit auch im Schlaf erledigen können. Manchmal kam es ihm allerdings so vor, als wäre dies genau das, was er tat.
    »Warum setzen Sie sich nicht, Duane? Ich möchte ein paar Dinge mit Ihnen
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