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Akte X

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Ruinen
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Schlangengestalt, eine Art Viper, die große wundersame Federn aufgestellt hatte – gebogene, nadelspitze Zähne ragten aus ihrem Maul und verliehen dem Geschöpf ein furchterregendes Aussehen.
    Der Künstler war ein Meister gewesen. Die Darstellung paßte sich genau den unregelmäßigen Konturen des Gesteinsbrockens an. Langsam fuhr Scully mit der Fingerspitze über eine der Rillen und fragte sich, was für einem Test Mulder sie heute unterziehen wollte.
    »Was, glauben Sie, ist das?« fragte er prompt.
»Ich gebe es auf.« Sie musterte das Kunstwerk noch einmal, doch es blieb ihr ein Rätsel. »Moderner Weihnachtsbaumschmuck?«
»Weit gefehlt.«
»Okay«, seufzte sie und beschloß, die Frage ernst zu nehmen. »Ich glaube, ich erkenne das Gestein. Es ist Jade, nicht wahr?«
»Sehr gut, Scully. Ich wußte gar nicht, daß im Medizinstudium auch Mineralogie unterrichtet wird.«
»Und ich wußte nicht, daß Mineralogie in Kursen über
    Verhaltenspsychologie vorkommt«, erwiderte sie und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gegenstand in ihrer Hand zu. »Das Motiv sieht sehr alt aus. Vielleicht irgendeine mythologische Gestalt? Nach den Büchern auf Ihrem Schreibtisch vermute ich, es stammt von den... Azteken?«
    »Von den Maya. Nach Schätzungen von Experten ist dieser Kunstgegenstand etwa fünfzehnhundert Jahre alt. Das Volk der Maya verehrte die Jade. Sie galt als heiliges Gestein, das nur für die kostbarsten Kunstwerke verwendet wurde.«
    »Genauso wertvoll wie Gold?« Scully sah Mulder neugierig an. Worauf wollte er hinaus?
    »Noch viel wertvoller. Die Maya trugen es als Heilmittel gegen Koliken und andere Krankheiten um die Lenden. Sie steckten sogar ihren toten Adligen ein Stück Jade in den Mund, weil sie glaubten, der Stein würde ihnen im Jenseits als Herz dienen.«
    »Ein Herz aus Stein.« Sie drehte das Stück in der Hand. »Ganz offensichtlich hat dieser Künstler viel Mühe und Geschick auf die Herstellung verwendet.«
    Mulder nickte und schob eines der Bücher aus dem Weg, um seinen Ellbogen auf den Schreibtisch stützen zu können. »Und es muß auch eine ziemliche Herausforderung gewesen sein. Jade ist außerordentlich hart, so daß die Maya nicht die traditionellen Bearbeitungswerkzeuge aus Feuerstein und Obsidian verwenden konnten. Statt dessen mußten sie Schleifpulver und Dutzende von sich abnutzenden Werkzeugen einsetzen – hölzerne Sägen, Bohrer aus Knochen, Schnüre, die so lange über die Oberfläche gezogen wurden, bis kleine Rillen entstanden waren. Dann polierten sie das Ganze mit Kürbis- oder Schilffasern... Ein schönes Stück Arbeit.«
    »Okay, Mulder, das hier ist also nicht irgendeine Figur, die jemand bloß so zum Zeitvertreib aus einem Holzstück geschnitzt hat. Der Künstler hatte etwas Höheres im Sinn. In diesem Fall vermute ich, daß diese Abbildung eine besondere Bedeutung hat?« Sie betrachtete den Stein noch einmal ganz genau. »Eine Schlange mit Federn. Haben die Maya Schlangen verehrt?«
    »Mhm... eigentlich nicht. Sie werden bemerkt haben, daß das hier keine gewöhnliche Schlange ist. Es ist die Darstellung einer berühmten mythischen Gestalt, die der Gottheit Quetzalcoatl zugeschrieben wird. So haben ihn die Azteken genannt. Die Maya benutzten den Namen Kukulkan für diesen Gott von großer Weisheit. Manchen Quellen zufolge gab Kukulkan den Maya ihr Wissen über das Kalenderwesen und die Astronomie.«
    Er bot ihr einen Sonnenblumenkern an. Da sie den Kopf schüttelte, steckte er ihn sich selbst in den Mund.
»Die Priester-Astronomen der Maya stellten so präzise Berechnungen an, daß die Genauigkeit ihrer angeblich primitiven Kalender erst in unserem Jahrhundert übertroffen werden konnte. Sie bauten sogar ineinandergreifende Zahnradgetriebe, um ihre Berechnungen aufgrund von sich überschneidenden Zyklen bis zu zweiundfünfzig Jahren im voraus vornehmen zu können. Kukulkan muß ein ganz außergewöhnlicher Lehrer gewesen sein... oder er besaß ein Wissen, von dem der Rest seines Volkes nichts ahnte.
Auch die mathematischen Fähigkeiten der Maya waren außergewöhnlich – sie waren sogar die einzige antike Zivilisation, die jemals das Prinzip der Null verstand, bis auf den heutigen Tag ein wesentlicher Faktor bei der Kontoführung, wie ich festgestellt habe...«
»Nicht bei mir.«
Mit einiger Mühe fand Scully einen Sitzplatz, indem sie einen Karton mit Gipsabdrücken von riesigen Fußspuren zur Seite räumte. Sie warf einen Blick darauf, beschloß jedoch, sich
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