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Akte X

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Ruinen
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Maya-Städten in Yucatan häufig anzutreffen – doch dieser hier war nie von Schatzsuchern geplündert oder von Wissenschaftlern erforscht worden.
    Cassandras Team plante, die Taucherausrüstung innerhalb einer Woche einsatzbereit zu halten, dann würden sie selbst in die Tiefe hinabsteigen; doch im Augenblick hatten sie noch zu viel mit der ersten Bestandsaufnahme zu tun. Noch mehr atemberaubende Entdeckungen, noch mehr Arbeit – aber zu wenig Zeit und zu wenig Geld.
    Für den Augenblick konzentrierte sich Cassandra darauf, das Innere der Pyramide zu erkunden. Wenn ihr Team bei seinen ersten Arbeiten in Xitaclan keine hervorragenden Ergebnisse erzielte, würde zweifellos jemand anderes aus dem Kreis der wetteifernden Archäologen hierher kommen – mit einer größeren Expedition, einem großzügigeren Budget und einer leistungsfähigeren Ausrüstung. Und diese Vorstellung hing wie ein Damoklesschwert über den Ausgrabungen.
    Die einheimischen Arbeitertrupps, die ihr ortskundiger Führer – Fernando Victorio Aguilar, selbsternannter Abenteurer und ›Forschungsreisender‹ – angeheuert hatte, hatten bereits tagelang schwer gearbeitet, Mahagoni- und Ceibabäume gefällt, mit ihren Macheten wildwuchernde Sträucher und Farne beseitigt und Rankpflanzen ausgerissen, um Xitaclan von seinem Leichentuch, das die Zeit und Mutter Natur über der alten Stadt ausgebreitet hatten, zu befreien.
    In dem Moment jedoch, da die Indios die Darstellungen der gefiederten Schlangen erblickt hatten, hatte sich das Entsetzen unter ihnen breitgemacht. Fortan flüsterten sie ängstlich miteinander und weigerten sich, näher an den Ausgrabungsort heranzugehen oder bei der weiteren Freilegung der Ruinen zu helfen – selbst als Cassandra ihnen anbot, ihren mageren Lohn zu erhöhen. Schließlich hatten sie das Weite gesucht, und dann hatte sich auch Aguilar davongemacht und das Team im tiefsten Dschungel zurückgelassen.
    Bei ihrer Arbeit hatte Cassandra einheimische Überlieferungen und Vorstellungen stets respektiert – sie gehörten zu der jeweiligen Grabungsstätte wie die Seele zu einem toten Körper –, doch ihre Begeisterung über die Ruinen von Xitaclan war inzwischen so groß, daß sie einen derartigen Aberglauben nur noch als frustrierend empfand: ihre Ungeduld hatte längst die Oberhand gewonnen... Und so setzten die Archäologen ihre Arbeit allein fort. Schließlich hatten sie Vorräte für ein paar Wochen und ein Funkgerät, um Hilfe herbeizurufen, falls ein Notfall eintreten sollte. Im Augenblick allerdings genossen Cassandra und die vier anderen der kleinen Expedition ihre Einsamkeit.
    Heute verbrachte Kelly Rowan, der zweite Archäologe des Teams (und seit kurzem der Mann, mit dem Cassandra ihr Zelt teilte), die letzten Stunden des Tages auf den äußeren Stufen der Pyramide und studierte die Hieroglyphen. Christopher Porte stand mit seinem Zeichenblock gebückt neben ihm und versuchte eifrig, die eingemeißelten Schriftzeichen zu übersetzen, während Kelly mit Pinseln und feinen Werkzeugen die Muster von Erde und Staub befreite.
    Cait Barron, die Historikerin und Fotografin des Teams, nutzte das Licht des Spätnachmittags, um ihre Aquarelle zu vervollkommnen. Cait war eine stille Frau, die ihre offizielle Arbeit mittels Kameras und Logbüchern höchst professionell und ohne viel Aufhebens erledigte. Schnell und effizient füllte sie ihre Filmrollen mit Archivaufnahmen – doch sobald dies erledigt war, zog sie es vor, Farbe und Pinsel zu benutzen, um die Atmosphäre eines Ortes wiederzugeben.
    Es war unter Yucatan-Forschern von jeher Tradition, alle Einzelheiten und visuellen Eindrücke so präzise wie möglich einzufangen und mehr abzubilden, als es mit schlichten, zweidimensionalen Fotos möglich war. Bisher hatte Cait drei Mappen mit ausdrucksvollen Gemälden gefüllt, die die Geschichte der Maya heraufbeschworen: Diptychen, die auf einem Flügel die Ruinen so zeigten, wie das Team sie vorgefunden hatte, während auf dem anderen die jeweilige Stadtansicht, wie sie sich nach Caits Vorstellung dem Betrachter zu ihrer Blütezeit präsentiert haben mußte, festgehalten war.
    Während das Team schweigend, aber in fieberhafter Eile arbeitete, schwoll die Geräuschkulisse des Dschungels mit dem schwindenden Tageslicht an. Tagaktive Tiere suchten Schutz vor der Dunkelheit, während die nächtlichen Räuber munter wurden und sich auf die Jagd nach Beute begaben. Stechfliegen, die in der Tageshitze umherschwärmten, flogen zu
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