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Akte X

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Ruinen
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Pracht innerhalb weniger Wochen angelaufen und verrottet. »Achtung – wir müssen diese Kammer mit äußerster Vorsicht erforschen«, fügte sie hinzu. »Es scheint ein ganz außergewöhnlicher Fund zu sein.«
    Alles in ihr drängte danach, ganz hineinzuklettern, um den prachtvollen Innenraum nach Herzenslust zu erkunden. Doch ihre Vernunft und ihre Erfahrung warnten sie davor.
    »Ich habe beschlossen, noch nicht in die Kammer vorzudringen«, diktierte sie und versuchte, ihrer Stimme die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Nichts darf angerührt werden, bis das ganze Team hier ist, um mir zu assistieren und zusätzliche Meinungen zu fraglichen Punkten beizusteuern. Ich gehe zurück, um Kelly und John zu holen. Sie können mir helfen, das restliche Geröll zu beseitigen und den Durchgang mit Balken abzustützen. Wir werden Cait brauchen, damit sie die Objekte an Ort und Stelle fotografiert, bevor irgend jemand hineingeht.«
    Nach einer langen Pause setzte sie mit kaum verhohlenem Stolz hinzu: »Fürs Protokoll: Ich glaube, wir haben hier... eine echte Sensation... ein Riesending.«
    Cassandra schaltete den Mikrorecorder aus und schluckte schwer. Nachdem sie rückwärts wieder aus der Öffnung hinausgekrochen war, klopfte sie sich nachlässig die Kleider ab, gab es schließlich auf und ignorierte Sand und Staub. Dann machte sie sich auf den Rückweg, schlängelte sich durch das Labyrinth dem Ausgang entgegen und zwang sich, Ruhe zu bewahren. Sie dachte an ihren drahtigen alten Vater und daran, wie stolz er sein würde, daß seine Tochter Entdeckungen machte, die denjenigen ebenbürtig – wenn nicht überlegen! – waren, die ihm auf dem Höhepunkt seiner Karriere gelungen waren.
    Sie beschleunigte ihr Tempo. Ihre Schritte hallten hohl in den steinernen Gängen wider. Als sie den niedrigen Ausgang der Pyramide erreichte, blendeten die hellen Strahlen der untergehenden Sonne ihre Augen wie die Lichter eines entgegenkommenden Zuges. Sie begann zu rennen und stolperte schließlich aus der Pyramide ins Freie. »He, Kelly!« rief sie. »Ich habe was gefunden! Du mußt das Team zusammentrommeln, schnell. Warte nur, bis du das gesehen hast! Es ist irre!«
    Schweigen. Niemand antwortete ihr. Cassandra blieb blinzelnd stehen und verharrte einen Moment, um auch ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden.
    Die Ruinen schienen verlassen zu sein. Nur die frühabendliche Dschungelgeräuschkulisse war zu vernehmen. Sie spähte zu den oberen Ebenen der Zikkurat hinauf, in der Erwartung, ein paar der Studenten auf den mit Hieroglyphen beschrifteten Stufen zu entdecken... doch die Pyramide war menschenleer.
    Inzwischen verlor der Sonnenuntergang gegen die heraufdämmernde Nacht immer mehr an Kraft – es war die Tageszeit, in der die Schatten blasse Farben annahmen und die Sicht am schlechtesten war. Nur ein schmaler Bogen der schwindenden Sonne war noch über den Baumwipfeln im Westen zu sehen, ein orangefarbenes Feuer, das die Szene in ein unbegreifliches Leuchten tauchte.
    Cassandra konnte niemanden entdecken, kein einziges Mitglied ihrer Expedition, keinen der treulosen IndioHelfer.
    »Kelly, John, Christopher... Cait, wo seid ihr!?«
    Sie beschattete ihre Augen und ließ den Blick über die offene Plaza wandern, wo Cait zuvor noch eine Staffelei für ihre Aquarellarbeiten aufgestellt hatte. Jetzt lag das Holzgerüst zerbrochen am Boden. Deutlich konnte Cassandra einen schlammverkrusteten Stiefelabdruck quer auf einem der Bilder erkennen.
    Äußerst beunruhigt ließ sie ihren Blick noch einmal über die steile Treppe schweifen, die an der Außenseite der Zikkurat emporführte. Dort hatten Christopher und Kelly sorgfältig die eingemeißelten Glyphen gereinigt und in ihre Notizblöcke übertragen, um die Chronik der mythischen Geschichte Xitaclans festzuhalten.
    Kein Kelly, kein Christopher... keine Menschenseele war zu sehen.
    Auf der anderen Seite der Plaza, wo der junge John Forbin die eingestürzten Ruinen eines kleineren Tempels studiert hatte, entdeckte sie die Ausrüstungstasche des Technikers und die kleinen Holzpfähle mit den bunten Bändern, mit denen er die Schnittpunkte seiner Messungen markierte – doch von John selbst fehlte jede Spur.
    »He! Kelly? Ich finde das überhaupt nicht witzig«, rief sie. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie fühlte sich verlassen, ausgeliefert, eingeschlossen von der grünen Hölle des Urwalds. Wie konnte dieser vor Leben wimmelnde Dschungel plötzlich nur so still
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