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Akte X

Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Antikorper
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Ruhe, konzentrierte sich auf die Schießübung, auf das anvisierte Ziel. Wenn sie ihrem Zorn und ihrer Frustration freien Lauf ließ, würde sie das Ziel verfehlen.
    Sie sah die schwarze Silhouette der Zielscheibe und erkannte in ihr nur die gesichtslosen Männer, die ihr ganzes Leben manipuliert hatten. Pockennarben, Nasenimplantate, Impfscheine und das mysteriöse Verschwinden von Personen - so wie man auch sie hatte verschwinden lassen. Jetzt hatte Dana Scully Krebs, inoperabel, tödlich, und sie war fast sicher, daß der Krebs eine Folge der Dinge war, die man ihr während ihrer Entführung angetan hatte. Und sie hatte keine Möglichkeit, die Verschwörung zu bekämpfen, kein Ziel, auf das sie schießen konnte. Ihr blieb keine andere Wahl, als ihre Suche fortzusetzen und darauf zu hoffen, andere Antworten zu finden. Scully biß die Zähne zusammen und schoß wieder und wieder, bis das ganze Magazin geleert war.
    Sie nahm die Ohrenschützer ab und holte das gelbe Papierziel per Knopfdruck heran. Jeder FBI-Agent mußte sich mindestens einmal in drei Monaten auf dem Quantico-Schießstand neu qualifizieren. Scully war eigentlich erst in vier Wochen wieder an der Reihe, aber es machte ihr Spaß, frühmorgens herzukommen und zu üben. Der Schießstand war dann leer, und sie konnte sich Zeit lassen.
    Später am Tag würden die Besuchergruppen kommen, für die ein Special Agent, den man zum Fremdenführer verdonnert hatte, seine Schießkünste an der Sig Sauer, der M-16 und wahrscheinlich einer Thompson- Maschinenpistole demonstrieren würde. Scully wollte fertig sein, bevor die erste Gruppe aus großäugigen Pfadfindern und Schullehrern hinter den Panoramafenstern auftauchte.
    Sie holte das durchlöcherte Ziel heran, musterte es und stellte erfreut fest, daß all ihre fünfzehn Schüsse in der Mitte der Brustsilhouette eingeschlagen waren.
    Die Quantico-Ausbilder schärften den Agenten ein, in ihrem Gegner nie eine Person, sondern stets ein »Ziel« zu sehen. Sie richtete ihre Waffe nicht auf das Herz oder den Kopf oder die Hüfte. Sie zielte auf das »Zentrum der Masse.« Sie zielte nicht, um die Bösen zu erschießen — sondern lediglich, um »das Ziel zu beseitigen.«
    Es war nicht die korrekte Art und Weise, eine Untersuchung zu beenden, indem man die Waffe zog und auf einen Verdächtigen schoß, sondern nur der allerletzte Ausweg für eine gute Agentin, wenn alle anderen Methoden versagten. Außerdem war der anschließende Papierkram grauenhaft. Sobald eine Bundesagentin ihre Waffe benutzte, mußte sie über jede einzelne verbrauchte Patrone Rechenschaft ablegen — was sich manchmal, wenn es zu einer wilden Verfolgungsjagd mit Schußwechsel gekommen war, recht schwierig gestaltete.
    Scully riß das Papierziel ab, so daß der von Kugeln durchlöcherte Pappuntergrund sichtbar wurde. Sie gab einen Befehl in die Computertastatur ein, um das Ziel zurück zu seiner Ausgangsposition zu befördern, und als sie dann aufblickte, stellte sie überrascht fest, daß ihr Partner Mulder an der Wand der Besuchergalerie lehnte. Sie fragte sich, wie lange er schon auf sie gewartet hatte.
    »Guter Schuß, Scully«, sagte er. Er fragte nicht, ob sie bloß Schießübungen machte oder ihre persönlichen Dämonen exerzierte.
     
    »Spionieren Sie mir nach, Mulder?« fragte sie spöttisch, um ihre Überraschung zu überspielen. Nach einem Moment peinlichen Schweigens fügte sie hinzu: »In Ordnung, was gibt es?« »Ein neuer Fall. Und er wird Sie mit Sicherheit interessieren.« Er lächelte.
    Sie hängte ihre Schutzbrille an den entsprechenden Haken und folgte ihm zu seinem Kellerbüro. Selbst wenn Mulders Entdeckungen nicht immer glaubwürdig waren, so waren sie immer interessant und ungewöhnlich.

3 Khe Sanh Khoffee Shoppe, Washington, D. C. Montag, 8:44Uhr
    Als Mulder sie aus dem Hoover Building führte, machte sich Scully fast ebenso viele Sorgen um den Fall, in den er sie hineinziehen wollte, wie um den Coffee Shop, den sie auf seinen Vorschlag hin ansteuerten. Selbst sein spontanes Versprechen, sie einzuladen, hatte sie nicht gerade mit Begeisterung erfüllt.
    Sie passierten den Metalldetektor am Ausgang, drängten sich durch die Tür und stiegen die Granittreppe hinunter. An allen Ecken des riesigen, kastenförmigen Gebäudes waren uniformierte FBI-Wachleute postiert.
    Mulder und Scully schoben sich an der Touristenschlange vorbei, die auf die erste FBI-Führung des Tages wartete. Obwohl die meisten Passanten die formelle
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