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Aethermagie

Titel: Aethermagie
Autoren: Susanne Gerdom
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Sie können das bestätigen. Ziehen Sie sich zurück. Ich zähle bis drei.«
    Die Angreifer verharrten unschlüssig. Dann rief jemand: »Soldaten: Vorrücken.«
    Die vorderste Reihe hob ihre Waffen und machte den ersten Schritt … den ersten Schritt … den ersten …
    Die Szenerie fror ein, nichts regte sich mehr. Kato starrte ihre Mutter an. Katalin erwiderte ihren Blick nicht weniger fragend.
    Aus dem Schatten traten Mönche und begaben sich zu den Gefallenen. Sie hoben die Leichen auf und brachten sie hinaus. Einer der Mönche kam zu ihnen herüber. Das Licht der Fackeln beleuchtete das schmale Gesicht des Guardianus. Er warf einen Blick auf die Getöteten und presste voller Schmerz die Lippen zusammen. Dann nahm er Katalins Hand und sagte: »Uns bleibt keine Zeit. Ich kann diesen Zustand nur so lange aufrechterhalten, bis du mit deiner Tochter in Sicherheit bist. Es tut mir unendlich leid, dass wir das Ritual zu spät beendet haben – all die Toten. Ewige Zeit, all die Toten!«
    »Was wird mit euch, wenn wir fliehen?«
    Pater Anselm schüttelte den Kopf. »Das ist nicht deine Sorge. Bringt euch in Sicherheit.« Er sah zur Seite. Hinter ihnen schleppten zwei große Mönche den schweren Körper Jewgenijs in einen der Tunnel.
    Katalin ließ ein Knurren hören. »Sie werden euch alle töten«, sagte sie. »Ihr könnt euch nicht vor ihnen verstecken. Sie kennen alle Wege und alle geheimen Kammern, sonst wären sie nicht hier, sondern immer noch im vorderen Bereich. Jemand hat uns verraten.« Ihr Blick flackerte an dem Pater Guardianus vorbei und fuhr über die starr und reglos dastehenden Männer. »Dort«, sagte sie leise. »Suchst du den Verräter? Da steht er.«
    Anselm wandte sich um. Er folgte ihrem Blick und das Blut wich aus seinem Gesicht. »Nein«, sagte er. »Nein, du irrst dich.«
    »Er ist der Einzige, der sich hier auskennt«, erwiderte Katalin hart. »Niemand sonst hätte ihnen verraten können, wie sie den Schraubengang erreichen und wo die Tiefen Gewölbe sind – und dorthin sind sie unterwegs. Sie wollen die Sensitiven, die noch hier sind.«
    Pater Anselm wandte sich heftig ab. »Geht«, sagte er erstickt. »Bringt euch in Sicherheit. Wir halten immer noch den burgseitigen Durchschlupf geöffnet, er wird erst verschlossen, wenn auch ihr fort seid.«
    Kato suchte immer noch die Front der Angreifer ab und fragte sich, wen von ihnen ihre Mutter als Verräter identifiziert haben mochte. Wer von den Männern kannte sich hier so gut aus, dass er die geheimen Wege verraten konnte?
    Aber die Frage war natürlich müßig, sie kannte ja kaum jemanden von den Männern, außer Dr. Rados und dem Wärter Grünwald, dem verräterischen Kommissär – war er nicht ein Untergebener ihrer Mutter? Kato runzelte die Stirn. »Sie bewegen sich«, sagte sie warnend.
    »Fort mit euch«, der Pater schob sie energisch an. »Ich muss meinen Brüdern beistehen. Lauft, ich bitte euch!«
    Katalin griff wortlos nach Katos Hand und zog sie mit sich. Kato warf noch einen Blick zurück. Pater Anselm stand mit hoch erhobenen Händen vor der erstarrten Gruppe, und zwei Mönche hatten rechts und links von ihm Aufstellung genommen.
    »Wir müssen nur noch den Aufstieg durch die Steile Stiege schaffen«, keuchte Katalin. Ihr Haar hing in schweißnassen Strähnen in ihr Gesicht, und sie atmete stoßweise und schwer.
    Die Steile Stiege war genau das. Nach der vom Gefühl her millionsten Stufe hatte Kato Sternchen der Erschöpfung vor Augen, und der Anblick von Tageslicht hätte sie beinahe vor Erleichterung in Tränen ausbrechen lassen. Sie stürmte voran, auf den Ausgang zu, und im allerletzten Moment hielt Katalins scharf geflüstertes »Halt« sie davor zurück, in die wartenden Gewehrläufe der draußen postierten Soldaten zu rennen. Der Ausgang war entdeckt.
    Kato drückte sich neben Katalin gegen die Mauer neben dem Ausgang und presste die Fäuste gegen die Augen. »Was machen wir jetzt?«, wisperte sie.
    Ihre Mutter lehnte den Kopf gegen die Wand und stöhnte unterdrückt. »Zurück«, flüsterte sie. »Wir müssen Anselm warnen. Die Zuflucht ist vollständig eingeschlossen.«
    Der Rückweg war womöglich noch kräftezehrender. Kato stützte ihre Mutter, deren Gesicht inzwischen die Farbe von trocknendem Gips angenommen hatte. Das verhüllende Tuch hing von ihrem Handgelenk herab, und Kato sah mit Grauen, dass der Prozess der Verwandlung weiter voranschritt. Er schien sich durch die Anstrengung zu beschleunigen. Inzwischen glich
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