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Aethermagie

Titel: Aethermagie
Autoren: Susanne Gerdom
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etwas vorbereitet – das Lenski-Manöver, wie damals in Kiew. Aber das werden wir hier nicht durchziehen können. Mach dir keine Sorgen, mir fällt schon noch etwas anderes ein.«
    Kato beobachtete, wie die Angreifer sich formierten und langsam gegen ihr Versteck vorrückten. Tote Mönche lagen wie große Vögel reglos auf dem Boden, dazwischen wie Lumpenhaufen die Leichen von Strottern. Die Soldaten, die vorangingen, schützten eine Gruppe von Zivilisten, von denen Kato einige erkannte. »Sie kommen«, sagte sie halblaut. »Da ist Dr. Rados, dieser miese Verräter. Grünwald. Und den Kleinen dort kenne ich auch. Das ist doch Kommissär Pejić.«
    Die beiden hörten auf zu flüstern und drängten sich neben sie, um wie sie durch die Zwischenräume zwischen den Säulen zu blicken. Jewgenij legte seine große Hand auf ihre Schulter. »Ich freue mich«, sagte er.
    Kato lächelte zu ihm auf. »Heute ist ein guter Tag, oder?«
    »Ein sehr guter.« Er nickte ernst. »Ich bin beinahe ich selbst.«
    Katalin unterbrach sie. »Dort ist Drago. Siehst du, er steht neben diesem unerträglichen Zsigmond Rados.«
    Jewgenij pfiff leise durch die Zähne. »Drago, mein Freund …«, sagte er in einem Tonfall, der Kato eine Gänsehaut über den Rücken schickte. Dann begann er gedämpft zu singen:
»Mein Feind! Seit wann droht unserm Bunde der Feindschaft heißer Durst nach Blut …«
Er wandte den Blick und sah Katalin an.
    Sie nickte ihm zu. »Los«, sagte sie.
    »… und Tod sinnt jeder von uns beiden …«
Jewgenij erhob sich aus seiner hockenden Stellung und neigte sich zu Katalin. Sie nahm seine Hand, schob etwas hinein, dann zog sie seinen Kopf zu sich und küsste ihn fest auf den Mund. »Geh, mein tapferer Mann«, sagte sie. »Ich wünsche dir Glück.«
    Kato sah fassungslos zu, wie Jewgenij sich aufrichtete und aus seiner Deckung trat.
    »Mein Feind!«
, sang er mit klingendem Bass.
    Das Voranrücken der Soldaten stockte. Jemand knurrte einen Befehl. Dann teilte sich die Wand der Uniformierten und die straffe, akkurate Gestalt des Kommissärs Pejić trat vor die Linie. »Jewgenij Danilowitsch Sorokin, auch bekannt als Baldo Moroni«, rief er mit klirrender Stimme. »Im Namen des Kriegsministeriums befehle ich Ihnen, augenblicklich hierher zurückzukehren. Andernfalls bin ich gehalten, Sie als Verräter zu betrachten und ohne weitere Warnung zu erschießen.«
    Jewgenij lachte und hob die Hand. Er hielt Katyas großen Revolver, der in seiner Pranke wie ein Kinderspielzeug wirkte.
»Ach, wäre Frieden nicht vernünft’ger jetzt und, eh’ die Hand von Blut benetzt, in alter Freundschaft sich zu einen? Nein, nein, nein, nein!«
, sang er und zielte auf den Kopf des Kommissärs.
    »Sie haben es nicht anders gewollt«, erwiderte Pejić. Sein Arm, der entspannt an seiner Seite gehangen hatte, fuhr hoch, es blitzte und knallte zweimal kurz hintereinander, Pulvergeruch hing in der Luft. Kato, die erstarrt zusah, hörte, wie Rados »Nein«, brüllte, »Sie Idiot!«.Er stürzte sich auf Pejić.
    Der Kommissär, der offensichtlich nicht getroffen worden war, schüttelte den Arzt ab wie ein lästiges Insekt. »Befehl des Ministers«, hörte sie ihn sagen, aber dann wurde ihre Aufmerksamkeit davon abgelenkt, dass Katalin aufschrie wie eine Wahnsinnige. Kato fuhr herum.
    Langsam, ganz langsam, sank Jewgenij in die Knie. Seine Miene zeigte ungläubiges Erstaunen. Die Pistole fiel auf den Boden. Er griff mit einer unbeholfen wirkenden Bewegung an seine Brust, öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber statt der Worte drang ein Schwall von Blut über seine Lippen. Er stöhnte und fiel schwer zurück auf den Boden. Katalin, die immer noch schrie, warf sich über ihn, als wollte sie ihn vor weiteren Verletzungen bewahren.
    Kato stand erstarrt. Teilnahmslos, als wäre auch dies nur ein Traum oder eine Täuschung, beobachtete sie, wie ihre weinende Mutter das blutige, leblose Gesicht Jewgenijs mit Küssen bedeckte. Sie sah seine Hand, deren Finger noch zuckten, dann still lagen, voller Blut. Auf seiner Brust breitete sich ein riesiger roter Fleck aus.
    Jemand rief: »Vorrücken!«
    Katya stemmte sich immer noch weinend auf die Knie und richtete ihre Waffe auf die Männer, die in einigem Abstand miteinander stritten. »Ich erschieße jeden, der es wagt, auch nur einen Schritt näherzukommen«, sagte sie mit erstickter, hasserfüllter Stimme. »Pejić, Sie sind der Erste. Dann Rados. Ich warne Sie, ich bin eine meisterhafte Schützin – Pejić,
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