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Acht Tage im August

Acht Tage im August

Titel: Acht Tage im August
Autoren: Michael Winter
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Kollegen wieder in ihren Streifenwagen gestiegen waren, bummelten Hammer und Assauer noch durch die Stadt. Was anders blieb ihnen nicht zu tun, warteten sie doch immer noch darauf, dass Bert endlich Annas Laptop knackte. Vor einem Blumenladen blieb Assauer stehen. Er erinnerte sich an Katjas Ermahnung: »Kauf dir endlich mal ein paar Blumen, in deine Wohnung muss Farbe rein.« Er zog Hammer mit sich in den Laden. Was sollte er nehmen? Er sah sich suchend um. Ein kleiner Topf mit einer gelb blühenden Pflanze hing auf Augenhöhe und zog seinen Blick auf sich. Die hängenden gelben Blüten, vorne breit, hinten mit einer geschwungenen Spitze, gefielen ihm. Eine Orchideenart?, fragte er sich. Er drehte das kleine Namensschild, das in dem Topf steckte, zu sich.
    ›Großes Springkraut‹, darunter: ›lat: Impatiens noli-tangere‹ las er.
    »Noli-tangere, eigentlich: »noli me tangere – rühr mich nicht an«, wiederholte er halblaut. Das war es! Er zog Hammer aus dem Laden.
    »Was wird das jetzt?«, fragte der verblüfft.
    Statt einer Antwort angelte Assauer sein Handy aus der Tasche und drückte eine Kurzwahl.
    Bert meldete sich nach dem ersten Läuten.
    »Rödelt dein Computer noch?«, forschte Assauer.
    »Kein Ende abzusehen.«
    »Kannst mal was probieren?«
    »Kein Problem.«
    »Lateinisch: ›noli me tangere‹.«
    »Originell, macht Sinn, ist aber zu kurz und zu simpel für ein sicheres Passwort. Ich probier’s trotzdem.«
    Assauer hörte Bert tippen.
    »Bingo, bin drin. Assauer, du bist ein Genie!«
    »Hab’ bloß geraten. Mir ist gerad’ eingefallen, dass Anna neuerdings ein Faible für Latein entwickelt hatte. Knie dich rein und schau, ob du was findest.« Er drückte auf Ende.
    Hammer staunte. »Geht doch nix über ein gesundes Bauchgefühl«, sagte er anerkennend.«
    »Und über ein Abitur mit Latinum«, betonte Assauer. »Komm, ich geb ’einen Cappuccino aus«, setzte er hinzu.
    Sie hatten Glück und fanden ein Café, das sich trotz des Wetters die Mühe gemacht hatte, draußen unter einem Vordach ein paar Stühle und Tische aufzustellen. Weil sich gerade ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken mogelten, nahmen sie da Platz, bestellten Cappuccino, beobachteten die Leute in der Fußgängerzone um sie herum, lästerten über den und jenen und warteten darauf, dass Assauers Handy läutete.
    Berts Anruf kam schneller als erwartet.
    »Willst du’s in ganzer Breite oder langt die Kurzversion?«, fragte er.
    Assauer drückte die Lautsprecher-Taste, sodass Hammer mithören konnte. »Kurzfassung bitte.«
    »Fehlanzeige!«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Also doch die Langfassung: Auf dem Laptop sind hauptsächlich Arbeiten für die Schule drauf und Fotos von Ferien mit den Eltern. Facebook-Account hat sie keinen. Und Annas E-Mails gingen nur an dieselben Personen, die ich schon auf ihrem Handy gefunden habe, und an eine Schüleraustausch-Partnerin in Edinburgh. Basta.«
    »Ja, Himmel, Arsch und Zwirn, wie haben die denn kommuniziert, mit Brieftauben?«
    »Keine Ahnung.«
    »Trotzdem danke, auch an Ernie.«
    »Ich richt’s aus.«
    Assauer steckte das Handy zurück in die Tasche.
    »Scheiße auf der ganzen Linie«, sagte er zu Hammer gewandt. »Das gibt’s doch nicht, irgendwie muss sich Anna doch mit ihrem Freund verständigt haben. Da müssen doch Nachrichten zwischen den beiden hin und her gegangen sein. Allein schon, um sich mal zu verabreden. Und so was geht doch, verdammt noch mal, nicht ohne Handy, E-Mail oder was Schriftliches.«
    »Es sei denn …«, sagte Hammer gedehnt.
    »Es sei denn – was?«, fragte Assauer.
    »Es sei denn, … man wohnt unter einem Dach! Dann braucht man das alles nicht.«
    »Und es sieht einen auch keiner«, ergänzte Assauer.
    »Hat diese Scheiß – Gerstmann doch recht. Und wir stehen da wie die Deppen.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Feierabend. Und morgen schnappen wir uns diesen Friese.«
    »Nachweisen können wir dem aber nichts. Wir haben nicht das Geringste gegen ihn in der Hand.«
    »Wenn er sich nicht verplappert, nein. Dann hat ihn jeder Anwalt in einer Stunde wieder draußen und wir schau’n mit dem Ofenrohr ins Gebirg’.«

    ***

    »Hat der nicht schon einen Fetz’n Rausch beieinander?«, wollte ›Chanel‹ wissen, der stets überparfümierte Chef des nagelneuen ›Number Five‹ an der Donaulände nahe der Schanzlbrücke.
    »Stärke sieben auf der Richterskala«, bestätigte Jill – bürgerlicher Vorname Marianne – hinter der Bar. Sie bezifferte
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