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Heavy Metal (German Edition)

Heavy Metal (German Edition)

Titel: Heavy Metal (German Edition)
Autoren: Felix Rodenkirchen
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1. Kapitel
    (Dienstag, 05. Mai)

    Sein Schweiß war noch nicht trocken. Er verursachte kleine, quer versprengte Flecken auf dem dunkelblauen Leinenhemd, welches er sich hastig über den erhitzen Oberkörper gestreift hatte. Dieses Gefühl von auf Haut klebender Baumwolle blieb nie allein. Mit ihm kam immer ein schlechtes Gewissen in ihm auf. Manchmal sogar ein wenig Selbsthass. All diese Frauenmagazine hatten Recht. Der gesamte verdammte Volksmund hatte Recht! Das logische Zentrum des Mannes lag in seinem Schritt. Zumindest, wenn bestimmte Lebensumstände es dorthin leiteten. Heute war es eben wieder einmal so weit gewesen. Und Rita wartete ja nur auf ihn. Das tat sie immer. Und sie stellte keine Fragen. Weil er so gut ist? Oder weil ihr Verfallsdatum merklich näher rückt? Dabei war er von ihren handwerklichen Qualitäten nach wie vor beeindruckt. Auch wenn sie streng auf die Fünfzig zuging - Sie schaffte es immer wieder, dass ihm Hören und Sehen verging.

    „Du haust schon wieder so schnell ab?“
    Ihre raue Stimme brannte in seinem Ohr und riss ihn aus seinen Gedanken. Derselbe Klang, der ihn eben noch in Ekstase versetzt hatte, wenn auch in Verbindung mit einem derberen Vokabular, ließ nun eine leichte Gänsehaut der Abneigung auf seinem Arm entstehen.
    „Rita, ich ... es geht einfach nicht. Ich bin schon wieder viel zu spät dran. Für diese ganzen Kundentermine und Besprechungen gehen mir langsam die Stories aus.“
    „Die große Liebe habe ich von dir ja auch nie erwartet, aber du könntest wenigstens einmal liegen bleiben und mit mir eine rauchen. Zumindest so lange, bis deine Wichsflecken im Laken angetrocknet sind.“
    Wenn er nur wüsste, was ihn immer wieder zu ihr hinziehen würde. Ein Blick über seine Schulter endete in ihren, zugegebenermaßen sehr hübschen und tiefen, bernsteinfarbenen Augen.
    „Es tut mir leid. Und außerdem mag ich es nicht, wenn du so vulgär bist“, erwiderte er.
    „Klar, jetzt bin ich vulgär. Was war ich noch mal vor etwa zwei Minuten? Deine Göttin, richtig? Wann kapiert ihr Kerle endlich mal, dass mit eurem Schuss nicht auch bei eurem Lustobjekt sämtliches Gefühl abstirbt?“
    „Sorry, Rita. Ich muss jetzt wirklich gehen.“

    Frische Abendluft kühlte seine Stirn, als er aus dem Eingang des alten Hauses im Zentrum von Kommern ins Freie trat. Dabei setzte diese undefinierbare Gefühlsmelange ein, die er so gut kannte: Freiheit, Abenteuer und Gewissensbisse. Er begrüßte sie innerlich flüchtig wie einen alten Schulkameraden im Supermarkt und sog den würzig duftenden Frühlingsgeruch ein. Wenn er jetzt an Ritas wogenden Vorbau dachte, den er noch vor wenigen Augenblicken über sich wippen gesehen hatte und an dem er sich nie satt kneten konnte, hätte er gleich wieder kehrt machen können. Nach einem sehr kurzen Ausflug unter die Schädeldecke war sein Denkzentrum bereits wieder in die Designer-Jeans gerutscht.
    „Es geht immer schneller“, dachte er. Und den unvermeidlichen Satz dachte er gleich hinterher. „Ich muss damit aufhören“. Aber er war selbstkritisch genug: Hier handelte es sich um eine Sucht. Vielleicht nicht zu vergleichen mit Alkohol oder harten Drogen, aber dennoch eine Sucht. Hatte Tiger Woods, dieser Golfer, sich deswegen nicht sogar einmal in Therapie begeben? Sexsucht gab es, dass wusste er. Nur leider besaß er weder Zeit noch Geld und erst recht kein Alibi, um eine Entzugs-Klinik für Sexsüchtige zu konsultieren, wenn es so etwas überhaupt gab.
    Das kühle Leder des Lenkrades verschaffte ihm ein gutes Gefühl. Sein schwarzer BMW schnurrte kurz unter der drehenden Bewegung seines rechten Handgelenkes auf und er steuerte den Wagen das Dorf hinaus bis zur Bundesstrasse. Dieses Auto bedeutete ihm Alles. Irgendwann einmal hatte er sich spielerisch selbst gefragt, was er wohl antworten würde, wenn er sich zwischen seinem BMW und seiner Frau entscheiden müsste. Er hatte tatsächlich gestutzt und kurz überlegt, bevor er dann doch für Iris plädiert hatte. Und dieses Gedankenspiel lag bestimmt zwei Jahre zurück.

    Gernold Serrig lebte das übliche, langweilige Leben eines Selbständigen Immobilienmaklers mit familiärem Anhang. Wenn Serrig über seinen Alltag nachdachte, erinnerte ihn sein Privatleben meistens an einen schlechten „Rosamunde Pilcher“-Film, nur ohne Romantik und ohne Klippen. Oder an eine andere, beliebige Geschichte irgendeines Schnulzen- oder Krimi-Autors, der für seine Story einen typischen Mittvierziger
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