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Nimmerklug im Knirpsenland

Nimmerklug im Knirpsenland

Titel: Nimmerklug im Knirpsenland
Autoren: Nikolai Nossow
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Die Knirpse aus Blumenstadt
    In einer Stadt des Märchenlandes wohnten die Knirpse. Sie hießen so, weil sie nicht größer als Einmachgurken waren. Ihre Stadt sah wunderhübsch aus. Vor jedem Hause wuchsen Blumen: Margeriten, Kamillen und Löwenzahn. Die Straßen trugen Blumenamen: Glockenblumenstraße, Kamillenallee, Kornblumen-Boulevard, und die Stadt selbst hieß Blumenstadt. Sie lag am Ufer eines Baches. Diesen Bach hatten die Knirpse Gurkenfluß genannt, weil an seinen Ufern die Gurken gut gediehen.
    Jenseits des Flusses begann der Wald. Die Knirpse hatten sich aus Birkenrinde kleine Boote gebaut, ruderten damit über den Fluß und gingen in den Wald, um Beeren, Pilze und Nüsse zu suchen. Beeren pflücken war schon schwierig, weil die Knirpse doch so winzig waren, aber wenn sie erst Nüsse ernten wollten, mußten sie auf die hohen Sträucher klettern und dabei noch eine Säge mitschleppen. Kein Knirps brachte es fertig, die Nüsse mit bloßen Händen abzureißen. Mit den Pilzen ging es ihnen ähnlich: Knapp über der Wurzel wurden sie gefällt, dann zersägt, und erst die einzelnen Stücke konnten die Knirpse nach Hause transportieren.
    Es gab Knirpseriebe und Knirpselinen. Die einen trugen lange oder kurze Trägerhosen, die anderen Kleider aus buntem Stoff. Die Knirpseriebe hatten keine Lust, sich lange mit ihren Frisuren abzugeben, und deshalb waren ihre Haare immer kurz geschnitten oder abrasiert. Die Knirpselinen dagegen ließen ihr Haar wachsen. Sie probierten mit Vorliebe schöne Frisuren aus, flochten Zöpfe, wanden Bänder hinein und trugen Haarschleifen auf dem Kopf. Viele Knirpseriebe waren sehr stolz auf die Tatsache, daß sie Knirpseriebe waren, und verspürten nur selten Lust, sich mit den Knirpselinen anzufreunden. Die wiederum bildeten sich etwas darauf ein, Knirpselinen zu sein, und wollten von den Knirpserichen nichts wissen. Wenn eine Knirpseline einen Knirpserich von weitem erblickte, ging sie sogleich auf die andere Straßenseite. Und sie tat gut daran, denn es gab unter den Knirpserichen viele, die an einer Knirpseline nicht friedlich vorübergehen konnten, nein, sie mußten ihr unbedingt etwas Beleidigendes zurufen, sie schubsen oder, was vielleicht noch schlimmer war, sie am Zopf ziehen. Natürlich waren nicht alle Knirpseriche so, aber das stand ihnen ja nicht auf der Stirn geschrieben. Viele Knirpseriche nannten die Knirpselinen Bangbüxen, weil sie immer vor ihnen ausrissen, während viele Knirpselinen meinten, die Knirpseriche seien Streithammel.
    Manche Leser werden jetzt sagen, dies alles wäre Phantasie, solche Knirpse gäbe es in Wirklichkeit gar nicht. Aber niemand behauptet ja, daß es sie gibt! Eine Märchenstadt ist etwas ganz anderes als die Wirklichkeit. In einer Märchenstadt gibt es alles.
    In einem kleinen Haus an der Glockenblumenstraße wohnten sechzehn Knirpseriche. Ihr Anführer war der Knirps Immerklug. Er hieß so, weil er sehr viel wußte. Und er wußte viel, weil er alle möglichen Bücher gelesen hatte. Die Bücher lagen bei ihm auf dem Tisch und unter dem Tisch, auf dem Bett und unter dem Bett. Vom Bücherlesen war Immerklug sehr klug geworden. Darum hörten alle auf ihn. Gewöhnlich trug er einen schwarzen Anzug. Wenn er sich an den Tisch setzte, eine Brille auf die Nase schob und sich in ein Buch vertiefte, sah er wie ein Professor aus.
    In dem gleichen Häuschen wohnte der bekannte Doktor Rizinus, der die Knirpse von jeder Krankheit heilte. Er pflegte einen weißen Kittel zu tragen und auf dem Kopf eine weiße Kappe mit einer Quaste. Außerdem lebten dort der berühmte Mechaniker Schraubschnell mit seinem Gehilfen Schraubstift und Sacharinus Saftschleck, der für Brause mit Saft eine ganz besondere Vorliebe hatte. In dem Häuschen wohnte auch noch der Jäger Bums, der ein Hündchen namens Bimmel und ein Gewehr besaß. Das Gewehr wurde mit Pfropfen geladen. Die übrigen Hausbewohner waren: der Maler Farbenklecks, der Musiker Geigenstrich und die Knirpseriche Rennefix, Brummer, Schweigestill, Nudeldick, Schussel sowie die Brüder Schnurz und Pipe. Am bekanntesten war jedoch der Knips Nimmerklug. Er hieß so, weil er nichts wußte.
    Nimmerklug trug einen leuchtendblauen Hut, kanariengelbe Hosen und ein orangefarbenes Hemd mit grüner Krawatte. Die grellen Farben hatten es ihm nämlich angetan. Herausgeputzt wie ein Papagei, bummelte er tagelang in der Stadt herum. Dabei dachte er sich die unwahrscheinlichsten Geschichten aus und erzählte sie den übrigen
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