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Accra: Roman (German Edition)

Accra: Roman (German Edition)

Titel: Accra: Roman (German Edition)
Autoren: Kwei Quartey
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ihr hockte eine stämmige junge Frau, die in Twi auf sie einredete. »Akosua, bitte, steh auf. Nicht weinen, Akosua, hmm? Bitte.«
    Sie versuchte, das Mädchen hochzuheben, doch es war schlaff wie eine Stoffpuppe. Zwischen den Schluchzern sagte es etwas, was Dawson nicht gleich verstand.
    Simon sah ihn an und sagte: »Massa, sie ruft Ihren Namen.«
    » Meinen Namen?« Dawson neigte sich vor. »Sind Sie sicher?«
    Ja, Simon hatte recht. Akosua stöhnte tatsächlich auf Twi: »Ich will zu Mr. Darko. Ich will mit Mr. Darko sprechen.«
    Er kniete sich neben die Frau. »Sind Sie eine Freundin von ihr?«
    »Ja, Sir. Ich heiße Regina. Sind Sie Inspector Darko? Der, von dem sie in der Zeitung sagen, dass wir Sie anrufen sollen, wenn wir was über den Jungen in der Korle-Lagune wissen?«
    »Ja, der bin ich.«
    »Sir, gestern haben Akosua und ich das Bild von dem Jungen gesehen. Er sieht aus wie ihr Freund. Sie sucht ihn schon seit über einer Woche. Und die ganze Zeit über isst sie nicht und kann nicht schlafen. Ich muss sie zwingen, wenigstens ein bisschen Wasser zu trinken. Sowie sie das Bild gesehen hat, hat sie gesagt, ›Das ist Musa‹, und seitdem weint sie. Sieist fast ohnmächtig geworden, als wir auf das Tro-Tro hierher gewartet haben.«
    Dawson blickte sich rasch um. Zuallererst musste er Akosua hier wegbringen, fort von den Schaulustigen. Inzwischen hatte sie sich etwas beruhigt, hielt beide Hände vor das Gesicht und wimmerte nur noch leise, während sie stockend nach Luft rang.
    Dawson berührte ihre Schulter. »Akosua, ich bin Darko. Kannst du aufstehen?«
    Sie nickte, verbarg aber weiter das Gesicht, als hätte sie Angst, sich der Welt zu stellen.
    »Dann komm. Ich helfe dir.«
    Dawson nahm ihren Arm und stützte sie, als sie wackelig aufstand. »Holen Sie ihr bitte ein Glas Wasser«, bat er Constable Simon.
    Er brauchte einen möglichst ruhigen, ungestörten Ort, um mit ihr zu reden, doch der war im CID schwer zu finden. Zufällig stand eine der Sekretärinnen aus dem Pressebüro in der Nähe. Von ihr wusste Dawson, dass sie in einem kleinen Büro mit nur einer anderen Frau zusammen arbeitete.
    »Dürfen wir kurz Ihr Büro benutzen?«
    Sie nickte. »Natürlich, Sir. Es ist niemand da.«
    Die Menge der Neugierigen löste sich auf, weil das Spektakel nun vorbei war.
    Akosua, die unsicher auf den Beinen stand, lehnte sich an Regina, als sie Dawson den Korridor entlang folgten. Chikata begleitete sie in das Büro, in dem es drei Schreibtische gab. Auf einem befand sich ein ausgeschalteter Computer. Dawson fragte sich, ob er noch funktionierte. Viele der CID-Computer waren alte, abgenutzte Geräte.
    Chikata holte die Stühle hinter den Schreibtischen vor und bot sie den beiden Frauen an. Akosua zitterte. Ihre Augen waren blutunterlaufen und geschwollen wie die eines Boxers nach dem Kampf. Erst jetzt konnte Dawson das Mädchen richtig betrachten. Während Regina um die zwanzig sein musste, warAkosua auf keinen Fall älter als siebzehn. Sie war sehr zierlich und hatte ein ängstliches Mäusegesicht. Auf ihrer linken Wange war ein kleines Stammeszeichen. Ihr Haar war schlecht geschnitten und geglättet, allerdings hatte sie es ordentlich nach hinten gekämmt, um gepflegter auszusehen. Ihr Kleid mit ghanaischem Musterdruck war schäbig und wies mehrere Ölflecken auf. Dazu trug sie billige Plastikslipper. Trotz allem erkannte Dawson, wie viel Mühe sie auf ihr Äußeres verwandt hatte.
    Von der Statur her hätten sie und Regina nicht gegensätzlicher sein können. Regina war üppig gebaut, sodass sich ihre Bluse und die enge Jeans über den Kurven spannten. Akosua sah aus, als würde sie höchstens einmal am Tag feste Nahrung zu sich nehmen.
    Constable Simon kam mit einer Flasche Voltic-Wasser herein.
    »Danke, Simon«, sagte Dawson.
    »Gern, Massa. Brauchen Sie sonst noch etwas, Sir?«
    »Nein, vielen Dank. Sie können gehen.«
    Dawson öffnete das Siegel der Flasche und reichte sie Akosua. »Trink etwas. Du brauchst es. Und lass dir Zeit.«
    Zum ersten Mal sah sie zu ihm auf. »Danke«, flüsterte sie und nahm die Flasche.
    Regina hielt die freie Hand ihrer Freundin und schaute zu, wie Akosua den Kopf in den Nacken legte und gierig trank, wobei jedes Schlucken laut zu hören war.
    » Ei! «, rief Regina halb lachend. »Hol mal Luft, Akosua.«
    Das Mädchen unterbrach kurz, dann trank es den Rest aus der Flasche.
    Dawson nahm sie Akosua wieder ab. »Besser?«
    Sie nickte und wischte sich über das Kinn. »Ja, Sir.
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