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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker
Autoren: Lawrence Block
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am Tag und führt ein Leben fast wie ein normaler Mensch. Weißt du, in welcher Bevölkerungsgruppe sich der höchste Anteil an Süchtigen findet? Bei den Ärzten. Weil sie Zugang zu dem Stoff haben. Sie sind meistens morphiumsüchtig, aber das ist beinahe das gleiche wie Heroin. Sie bekommen, so viel sie brauchen. Wenn du nie einen Entzug machen musst, dann ist es nicht so schlimm. Alkohol zum Beispiel ist für den Körper viel schädlicher.«
    Sie konnte mir nicht mehr zuhören. Und ich war grausam, ließ mir viel zu viel Zeit, um zu tun, was ich tun musste. Ich hörte auf zu reden.
    Ich fand eine gute Stelle an der muskulösen Innenseite ihres Schenkels. Später konnte ich ihr die Spritze direkt in die Hauptader setzen, der Vene, die direkt zum Herzen führt. Aber für den Augenblick genügte ein Schuss unter die Haut. Ich wollte nicht, dass ihr von einer Überdosis schlecht wurde.
    Ich hob die Nadel, stach in ihren Schenkel und drückte den Kolben ganz hinunter. Sie versuchte zu schreien, als die Nadel in ihr Fleisch drang, doch wegen des Knebels brachte sie nur ein kleines Schnauben durch die Nase heraus.
    Dann packte sie das Heroin, und sie flog ins Land der Träume.

14
    Es dauerte eine Stunde, bis sie wieder erwachte. Sie war immer noch etwas benommen, deshalb nahm ich ihr den Knebel aus dem Mund. Angesichts ihrer Verfassung musste ich kaum befürchten, dass jemand es hören könnte, falls sie um Hilfe schrie. Ich fragte sie, wie sie sich fühlte.
    »Ganz okay«, sagte sie, »glaube ich.«
    Wir redeten ein paar Minuten über Belangloses. Dann stopfte ich ihr den Knebel wieder in den Mund und ging nach unten. In der Halle war ein Zeitungsstand, wo ich einige Taschenbücher erstand. Ich ging wieder hoch und las, bis es Zeit für ihre nächste Spritze war.
    Gegen die zweite kämpfte sie nicht so sehr wie gegen die erste.
    Wir etablierten schnell eine Art Routine. Drei Tage blieben wir dort. Ich ging gelegentlich nach draußen und kaufte etwas zu essen. Alle vier oder fünf Stunden bekam sie ihre Spritze. Den Rest der Zeit blieben wir im Zimmer. Ein- oder zweimal löste ich ihre Fesseln, und wir hatten Sex. Es war nicht besonders gut. Es würde besser werden.
    »Ich habe Tahoe satt«, sagte ich eines Morgens zu ihr. »Ich möchte ein paar Tausender. Ich will einen Wagen kaufen, und dann fahren wir nach Vegas.«
    »Nimm dein eigenes Geld.«
    »Ich hab nicht genug.«
    »Dann scher dich zum Teufel!«
    Ich hätte sie schlagen, bedrohen oder ihr einfach befehlen können, mir das Geld zu geben. Aber irgendwann musste ich den Test sowieso machen, je früher desto besser. Also zuckte ich mit den Schultern und wartete.
    Ich wartete, bis ihre Spritze eine halbe Stunde überfällig war. Dann rief sie meinen Namen.
    »Was ist los?«
    »Ich … ich möchte eine Spritze.«
    »Wie interessant. Und ich möchte viertausend Dollar. Wo hast du das Geld versteckt?«
    Sie zuckte mit den Achseln, als wäre es ihr egal, ob sie einen Schuss bekam oder nicht. Aber ich konnte sehen, wie dringend sie das Zeug brauchte. Ihre Augen flackerten nervös, alle ihre Muskeln waren angespannt. Schließlich verriet sie mir, wo das Geld verborgen war. Ich holte es mir, dann nahm ich das Etui und bereitete ihren nächsten Schuss vor. Diesmal war sie sichtlich dankbar, als das Heroin zu wirken begann. Ich hatte ihr den Stoff direkt in die Vene gespritzt, und es wirkte schneller als die anderen Male.
    Für den Wagen bezahlte ich in bar. Ich hatte mir einen hübschen neuen Buick ausgesucht, mit ausreichend Pferdestärken unter der Haube und so viel Chrom an der Karosserie, dass er wie ein futuristisches Bordell auf Rädern aussah. Ich lud sie in den Wagen, und wir fuhren zurück nach Vegas. Auf der Fahrt war sie sehr ruhig. In Vegas quartierte ich uns wieder in mein altes Zimmer im Dunes ein. Es war Zeit für ihre Spritze.
    Ich weiß nicht, wie lange man braucht, um einen Menschen süchtig zu machen. Ich weiß nicht, wie lange es bei Mona dauerte. Abhängigkeit entwickelt sich nach und nach. Ich trieb den Prozess nur voran und ließ zu, dass sie süchtig wurde. Mit jedem Tag brauchte sie das Zeug mehr, jede Spritze trieb sie weiter in die Sucht. Sie wurde körperlich und seelisch abhängig. Heroin ist ein Gewehr mit zwei Läufen.
     
    »Ich gehe«, sagte sie. Ich sah sie an. Es war zwei Uhr nachmittags, ein Freitagnachmittag. Wir waren immer noch im Dunes. Vor zwei Stunden hatte sie eine Spritze bekommen. In zwei Stunden war die nächste fällig.
    Sie
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