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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker
Autoren: Lawrence Block
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und hat sich verletzt. Jemand sollte ihn nach Hause schaffen.«
    Er blickte zu dem Kerl, dann zu mir. »Praktisch, so ein Unfall«, sagte er. »Und es hat genau den Richtigen erwischt. Er lebt doch noch, oder?«
    Ich nickte. »Das schon. Aber er ist müde«, sagte ich. »Ich bin auch müde. Ich würde ihn selbst in sein Apartment zurücktragen. Aber ich brauche meinen Schlaf. Deshalb dachte ich, Sie würden das vielleicht für mich übernehmen.«
    Er lächelte.
    »Noch etwas«, meinte ich. »Die Dame und ich möchten gerne allein sein. Eine ganze Weile lang. Keine Telefonanrufe. Niemand, der an der Tür klopft. Können Sie dafür sorgen, dass uns niemand stört?«
    Er sah zuerst Mona und dann mich an. »Ein Kinderspiel.«
    Ich wartete, während er den schönen Mann aufhob. Er legte ihn sich über die Schultern und lächelte mich traurig an. Dann trug er ihn wie einen Sack nasser Wäsche aus dem Zimmer. Ich schloss die Tür hinter ihm und verriegelte sie.
    Sie wandte sich zu mir um. Diesmal waren ihre Augen geweitet, die Angst war deutlich in ihnen zu sehen. Auch das Atmen fiel ihr nicht leicht.
    »Wirst du mich umbringen, Joe?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Was willst du dann? Geld? Du kannst die Hälfte haben, Joe. Es ist so viel. Mehr als ich je brauche, mehr als du brauchst. Du kannst die Hälfte haben. Das ist doch ein faires Angebot. Ich überlasse dir die Hälfte. Ich wollte dir sowieso die Hälfte geben, und …«
    »Lüg mich nicht an.«
    »Es ist die Wahrheit, Joe. Ich …«
    »Du sollst mich nicht anlügen.«
    Sie verstummte und sah mich an. In ihren Augen lag ein verletzter Ausdruck. Mit ihren Blicken sagte sie mir, dass ich sie keine Lügnerin nennen sollte, dass das nicht nett sei. Zu einem hübschen Mädchen, so wie sie eines war, musste man nett sein.
    »Keine Lügen«, sagte ich. »Wir spielen jetzt ein ganz neues Spiel. Es heißt Stunde der Wahrheit. Wie im Fernsehen.«
    Sie sah sehr nervös aus. Ich steckte eine Zigarette an und reichte sie ihr. Sie hatte sie nötig.
    »Du warst verdammt gut«, sagte ich. »Du warst so gut, dass du nicht einmal alle Schwachstellen verbergen musstest. Du hast mich die Lücken in deiner Geschichte sehen lassen, und ich hab sie als Zufälle abgetan. Das war sehr gut.«
    Ich erinnerte mich an den Hitchcock-Film, den ich in Cleveland gesehen hatte. Wenn die Regie stimmte, nahmen die Zuschauer die irrsten Zufälle als Erklärungen hin, Und Mona war ein ausgezeichneter Regisseur.
    »Fangen wir vorn an«, sagte ich. »Keith hat angeblich Heroin importiert. Das war sein Geschäft. Du wusstest angeblich überhaupt nichts davon. Das hätte mir von Anfang an auffallen müssen. Wie, zum Teufel, hätte er ein solches Geschäft führen können, ohne dass du je etwas davon mitkriegst? Und warum sollte er dich mit nach Atlantic City nehmen, während er dort ein Geschäft abwickelte? Er war nicht auf Urlaub in der Stadt. Er hatte eine Lieferung für Max Treger dabei, und du wusstest von Anfang an darüber Bescheid. Das war verdammt clever eingefädelt.«
    Sie sah mich unglücklich an.
    »Ich stell mir das so vor«, fuhr ich fort. »Du warst am Bahnhof. Du hast gesehen, wie ich Keiths Koffer genommen habe. Er hat es nicht gesehen, aber du. Du hättest mich sofort aufhalten können, aber das war viel zu einfach. Du hast plötzlich verschiedene Möglichkeiten gesehen, dir sind tausend Pläne durch den Kopf gegangen. Vielleicht sprang etwas für dich dabei heraus. Deshalb hast du nichts gesagt.
    Also, ich hatte die Koffer genommen. Dann hast du mich aufgegabelt. Mag sein, dass du dir etwas Zeit gelassen hast, aber lange hast du jedenfalls nicht gewartet. Du hast mich am Strand gefunden, dich mit mir verabredet und dich dann nachts am Strand mit mir getroffen. Du hast mich nach und nach herausfinden lassen, wer du warst. L. Keith Brassards hübsche kleine Frau nämlich. Du hast mich zwei und zwei zusammenzählen lassen, bis ich auf fünf kam.«
    »Ich mochte dich.«
    »Du warst verrückt nach mir. Am nächsten Morgen hat die Zimmermädchennummer auch ausgezeichnet geklappt. Du hast gewusst, dass ich das Heroin hatte, doch nicht mehr. Irgendwo musste etwas für dich in der Sache stecken. Du hast in meinem Zimmer herumgeschnüffelt. Zum Teufel, selbst wie du mich geweckt hast, war eine tolle Nummer. Du hast mich geschüttelt und herumgeplappert, dass du Keiths Koffer in meinem Schrank gefunden hast. Es war wirklich genial. Du musstest mir nicht einmal vorspielen, dass du verwirrt warst. Du
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