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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker
Autoren: Lawrence Block
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multiplizierte ich.
    Was auch immer. Löcher in der Decke zu zählen ist auch eine Beschäftigung.
    Ich rauchte meine Zigarette zu Ende, stand auf und steckte mir eine andere in den Mund. Ich zündete sie an und nahm einen langen Zug. Ich sog den Rauch bis in die Lungen und hielt ihn dort fest. Dann ließ ich ihn langsam in einer dünnen Säule aus Rauch entweichen. Auf diese Weise wird man etwas benommen; aber diese Benommenheit gibt einem auch Selbstvertrauen. Ich fühlte mich sehr selbstsicher.
    Ich ging zum Lift. Der Liftboy las die Morgenzeitung. Er studierte die Rennberichte. Ist schon blöd, wenn man in Nevada lebt und immer noch auf Pferde setzen muss. Ich schüttelte traurig den Kopf, und er blickte zu mir hoch.
    »Acht«, sagte ich.
    Er gab keine Antwort, steuerte den Aufzug hoch in den achten Stock, wo ich ausstieg. Die Tür schloss sich, und er fuhr wieder hinunter, um weiter seine Rennberichte zu lesen. Hoffentlich verlor er jedes einzelne Rennen. Ich kam mir sehr fies vor.
    Ich ging den Gang entlang und stellte bei der ersten Zimmernummer fest, dass ich in der falschen Richtung ging. Ich kehrte um und arbeitete mich bis 804 vor. Ein Bitte-nicht-stören-Schild hing am Türknopf. Das kam mir äußerst komisch vor. Ich überlegte, ob ich aus Spaß anklopfen sollte, damit sie mir durch die Tür zurufen konnten, ich solle verschwinden.
    Ich klopfte nicht.
    Stattdessen rauchte ich meine Zigarette zu Ende. Statt sie in dem dicken Teppich auszutreten, ging ich den Gang zurück bis zum Lift und drückte den Stummel in einer Vase mit Sand aus. Dann ging ich zurück und stand noch eine Weile vor der Tür.
    Zwischen der Tür und der Schwelle war ein schmaler Lichtstreifen zu sehen. Er war nicht besonders hell. So als wäre eine kleine Lampe eingeschaltet.
    Das hieß, dass die Bühne bereit war.
    Ich nahm den Schlüssel aus der Tasche und steckte ihn ins Schloss. Kein Laut war zu hören, auch nicht, als ich den Schlüssel umdrehte. In Gedanken bedankte ich mich bei dem käuflichen Chefportier. Ein Federmesser war wirksam, aber nicht so subtil. Mir kam es sehr darauf an, subtil vorzugehen.
    Es war ein sehr gut geführtes Hotel. Die Tür quietschte nicht einmal. Ich öffnete sie ganz, und da lagen sie.
    Das Deckenlicht war ausgeschaltet, aber sie hatten das Licht im begehbaren Kleiderschrank angelassen, was sehr nett von ihnen war. Auf die Weise konnte ich alles sehen, ohne die Augen zusammenkneifen zu müssen. Und es gab einiges zu sehen.
    Sie lag auf dem Bett. Ihr Kopf ruhte auf dem Kopfkissen, und ihre Augen waren geschlossen. Ihre Beine waren weit gespreizt.
    Er lag zwischen ihren Beinen. Er verdiente sich sein Geld und legte sich dabei mächtig ins Zeug. Spaß schien er auch daran zu haben. Genau wie sie. Aber ob sie wirkliche Leidenschaft empfanden, war bei beiden nicht mit Sicherheit festzustellen.
    Ich trat ein und dankte dem toten Keith dafür, dass seine Schuhe nicht knirschten. Ich drehte mich um und schloss die Tür. Sie hörten mich nicht und bemerkten mich auch sonst nicht.
    Dazu waren sie zu beschäftigt.
    Ein paar Sekunden lang schaute ich ihnen zu. Als Kind hatte ich zufällig einmal meinen Vater und meine Mutter dabei erwischt, wie sie sich liebten. Ich war zu jung gewesen, um wirklich zu verstehen, was sie taten. Aber ich wusste, was Mona und ihr Freund trieben, und ihr Liebesspiel hatte etwas fast Hypnotisches. Vielleicht war es der Rhythmus. Ich weiß es nicht.
    Und dann war der richtige Moment gekommen. Ich hätte gern etwas wahnsinnig Schlagfertiges gesagt, aber mir kam kein cleverer Spruch in den Sinn, der wirklich gepasst hätte. Eine Schande. Man bekommt nicht oft so eine Gelegenheit wie diese.
    Aber mir fiel nichts Schlaues ein. Und ich hatte nicht die ganze Nacht Zeit. Was ich schließlich von mir gab, war so ziemlich das Banalste, was man in so einem Moment sagen konnte. Klar und eindeutig, aber nicht sehr originell.
    Ich sagte: »Hallo, Mona.«

13
    Sie brachten nicht einmal zu Ende, was sie gerade taten. Sie hörten sofort auf. Er wälzte sich von ihr herunter und stand schon neben dem Bett, während sie noch dalag und versuchte, sich mit den Händen zu bedecken. Es war eine lächerliche Geste.
    Er hätte sich anziehen, die Schuhe binden und an mir vorbeigehen können. Mit ihm hatte ich keinen Streit. Ich war zwar noch nicht so weit, dass ich ihm meine unsterbliche Liebe verkündete. Aber ich wollte ihm auch nicht die Zähne einschlagen. Er war nicht mehr in seinem Element. Seine
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