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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners
Autoren: Colin MacInnes
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sagte, ich sei sehr müde, aber er zog mich nach hinten, wo früher meine Dunkelkammer gewesen war, und machte die Tür zu und schloss sie ab und sagte: »Du musst das Geheimnis deines Vaters erfahren.«
    Ich fragte ihn, welches.
    Er verriet es mir nicht, sondern holte die alte Metallkiste aus einer Ecke – die, in der, wie du dich vielleicht erinnerst, Dad früher die G. & S.-Grammophon-Platten aufbewahrt hatte –, und er holte ein dickes Paket Papier heraus, und er sagte: »Dies ist das Buch deines Vaters, er bat mich, es dir persönlich zu geben, wenn ihm irgendetwas zustoßen sollte.«
    Ich öffnete es, und da war es – Hunderte von Blättern, ganz schmuddelig und mit Änderungen und Korrekturen, außer dem ersten, wo er auf eine einzelne Seite geschrieben hatte: » Die Geschichte von Pimlico. Für meinen einzigen Sohn. «
    Tja, und da brach ich zusammen. Ich schluchzte wie ein Junge, und Vern ließ mich ein bisschen allein, aber ich merkte, dass er noch nicht fertig war, und er schleifte die Bleilade heraus und sagte: »Schau rein«, und da, auf ihrem Boden, lagen vier große Umschläge, und ich öffnete sie, und sie enthielten Stapel von Pfundnoten.
    »Was ist das?«, sagte ich.
    »Das Vermögen deines Vaters. Er hat es Jahr für Jahr angespart.«
    Ich sah Vern an. »Was solltest du ihm zufolge damit tun?«
    Vernon schluckte ein wenig und sah nicht besonders gut aus und sagte schließlich: »Es dir geben.«
    »Alles?«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Und niemand hat es angerührt?«, sagte ich.
    Da sah der alte Vern richtig grantig aus. »Du kleiner Bastard!«, sagte er. »Du traust deinem eigenen Bruder nicht!«
    Ich antwortete nicht darauf, sondern betrachtete nur die ganze Kohle und stellte mir vor, wie Dad sie angesammelt und versteckt hatte. »Und er hat es geschafft, das alles vor Ma geheim zu halten?«, sagte ich. »Tja, einen auf meinen alten Dad!«
    Vernon sagte: »Du weißt, dass das alles zum Nachlass gehören sollte?«
    »Das sollte es?«, sagte ich.
    »So ist das Gesetz«, erzählte mir Vern.
    Ich hob zwei der Umschläge auf und reichte sie Vern. Er zögerte, dann nahm er sie. »Zählst du es gar nicht?«, sagte er.
    »Willst du?«
    »Oh, nein.« Er runzelte die Stirn. »Ist das wirklich so für dich in Ordnung?«, sagte er, sehr unsicher.
    »Ich hab es dir geschenkt.«
    »Und du wirst Ma nichts erzählen?«
    Ich packte meine zwei Umschläge und die Geschichte von Pimlico , und ich hielt ihm meine Hand hin und sagte: »Nicht, wenn du nichts erzählst, Bruder«, und er schüttelte sie und brachte ein Lächeln zustande, und dann haute ich für immer aus diesem Haus ab.
    Oben bei Victoria kaufte ich in einem Fundbüro eine Reisetasche und legte das Buch und das Geld hinein und ging zum Terminal. Denn nach alldem war mein momentanes Empfinden, dass ich Dads Körper bei Ma und auch Suze zurücklassen würde, damit sie ihre Leidenschaft für Neger vielleicht irgendwann aufgab, und ich, ich würde eine Weile wegfahren und vielleicht nicht wieder zurückkommen.
    Am Terminal herrschte Riesenbetrieb. Ich ging in die Herrentoilette und ordnete die Knete, welche sich, soweit ich auf der Kloschüssel sitzend und zählend sehen konnte, auf ungefähr zweihundert belief, plus oder minus. Dann wusch ich mich und packte meine Reisetasche und ging zum Schalter hin und bat um ein einfaches Ticket nach Brasilien.
    »Wo in Brasilien?«, fragte mich der Schleicher.
    Ich sagte, irgendwo.
    Er sagte, ob er meinen Reisepass sehen könnte – und ich zückte ihn, und er sagte, ich hätte kein Visum.
    Ich fragte ihn, was zur Hölle ein Visum sei, und er sagte, das sei ein Ding, ohne das man nicht nach Brasilien fliegen könne, und ich sagte, okay, wohin könnte ich denn ohne ein verflixtes Visum fliegen? Und der Schleicher antwortete, recht höflich, nicht nach Südamerika, aber in Teile Kontinentaleuropas könnte ich fliegen, also sagte ich, okay, dann geben Sie mir ein Ticket für einen davon .
    Die Schalter-Nummer sagte mir, dies sei der falsche Terminal für Europa, ich müsse hoch zur Gloucester Road, und ich sagte, okay, und ging hinaus und nahm mir ein Taxi und fuhr dort hin, und auf dem Weg entschloss ich mich, nach Norwegen zu fliegen, weil ich von Matrosen-Negern schon öfter gehört hatte, dass sie da oben nett zu ihnen gewesen seien.
    Tja, an der Gloucester Road – alles simpel. Sie gaben mir ein Ticket nach Oslo, und weil ich inzwischen klüger geworden war, fragte ich, wie viel Kohle ich dorthin exportieren durfte?
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