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Prokopus

Prokopus

Titel: Prokopus
Autoren: Adalbert Stifter
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Prokopus
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    Tags: Erzählung
    Adalbert Stifter: Prokopus
Eine Rauminstallation. Das Schichten der Geschichte, nicht die Verknüpfung der Narratio. Schlicht bewegungsfeindliches Erzählen, Stillstellen und, als Fortgang, ein Ausgehenlassen. Drei Teile, bei weitem der umfangreichste ist der der „installatio“, ein Stellen der Dinge an ihren Ort. Stifter eröffnet mit der Differenz von ortsflüchtiger, ortsuchender Bewegung – der Hochzeitszug - und einem Am-Ort-Sein, das seine Richtigkeit hat. Der Weg und der Platz, das Ziehen und das Sein. Das Gasthaus der grünen Fichtau. Ein großes Plateau, auf dem Hunderte Platz finden. Es ist leer, es füllt sich, es leert sich. Ein Schauplatz, und der Erzähler richtet ihn ein. Kein Detail der Kleidung, keine Handlung im Kleinen bleibt unbeschrieben. Die Installation ist als Schichtung verlängerbar in Vergangenheit und Zukunft, daher der Ort des Erzählers an einer Stelle, die vor allem Überblick verschafft, bis ins winzigste Detail. Atemberaubend wird es, wenn er, mit der Sorgfalt eines großen Liebenden, seine Menschen am rechten Ort in der rechten Zeit zur Ruhe bettet und kein Haar an ihrem Kopfe unerzählt lässt.
Zum Unglück verurteilt, wie von vornherein, das Paar, das zieht, von hier nach da. An den falschen Ort vor allem, der keinen Überblick gewährt. Ein nebelverhangener Schauplatz voller künstlicher Einrichtungen, "wir schweben ja mit dem Berge nur in der Luft und rings um uns ist nichts". Was an der grünen Fichtau nach Maßgabe der Natur seinen Platz gefunden hat, muss in der Burg Rothenstein als artifizielle Maßnahme behauptet werden und bleibt deshalb kraftlos und verhängnisoffen. So die Tradition behauptende Reihe der Gemälde, in der Prokopus seinen Halt und seine Dauer nicht finden wird. Er fällt aus der Reihe, als alter Mann.
Mit einem einfachen Satz verhängt der Erzähler sein Urteil: "Das versprochene Glück ist nicht gekommen." So einfach ist das und kein Drama. Der Lauf der Dinge führt, qua Lauf, könnte man sagen, als Vergessen des Einrichtens, ins Unglück. Stifter entwirft die Anti-Novelle. Keine Aufgipfelung und Zuspitzung zum unerhörten Ereignis, sondern ein Ausmalen des Seins auf dem Plateau. Dagegen steht die Einmauerung im Turm, der Blick in die Sterne, die Einbettung in einen Zusammenhang, der kein menschlicher ist: die Äolsharfe, Musik des Windes, ein Verlust des Menschlichen an die Natur, die sich nicht schert. Der Fortgang mit wenigen Worten: "Es ist nicht mehr viel zu sagen." Die Lebensbeschreibung des Grafen bleibt unvollendet, ein Kreuz, ein abruptes Ende, mehr nicht. Ein Fortschreiben, wieder aus der Perspektive der Generation. Der ungeratene Sohn rafft das Schloss an sich. Nur die grüne Fichtau (grün/rot, Farbsymbolik der Differenz zwischen installierter Natur und nicht auszuhaltender Verbindung von Künstlichkeit und Rückfall an die blanke, blinde, zeit- und maßlose, nicht mehr installierbare Natur) hat eine Generationenperspektive, "Geschlechter um Geschlechter": "Es wohnt die Lust, die Gehäbigkeit und die Freude um dieses Haus."

Adalbert Stifter
Prokopus

 
     

     
     
    Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt
     
    Erzählung
     
    epub: 2009 © TUX
     

Autor
     
     
    Adalbert Stifter wurde am 23.10.1805 in Oberplan (Böhmerwald) geboren. Er kam als Sohn eines Leinewebers und Flachshändlers aus einfachen Verhältnissen. Als er 12 Jahre alt war, starb der Vater, und er wurde von da ab von den Großeltern erzogen. Er besuchte von 1818 bis 1826 das Gymnasium und studierte anschließend bis 1830 in Wien zunächst Jura, dann Naturwissenschaften und Geschichte, machte aber keine Abschlußprüfung.
    Stifter wollte gern Landschaftsmaler werden. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Privatlehrer in Wiener Adelshäusern. 1848 zog Stifter nach Linz und lebte dort die letzten Jahrzehnte seines Lebens. In seinen letzten Lebensjahren war er schwerkrank und litt unter Depressionen. Ob er Selbstmord beging, ist nicht sicher nachzuweisen. Er starb am 28.1.1868.
     

1. Am Morgen
     
    Durch das Haupttal der Fichtau, in welchem die Perniz fließt, ging einmal ein großer Zug von Männern und Frauen. Der Weg war damals keine Straße, auf welcher schöne Wägen gehen können - eine solche ist er noch heutzutage nicht-, aber damals war der Pfad so schmal und uneben, daß nicht einmal jene Gebirgswägelchen auf ihm hätten fahren können, mit denen er in unsern Zeiten sozusagen bedeckt ist. Deshalb saßen alle jene
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