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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners
Autoren: Colin MacInnes
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die
Weltmeisterschaft
56 gewonnen hatte, und, bei Gott! sie im nächsten Jahr auch wieder gewinnen würde, und in allen nachfolgenden ebenfalls.
    Ich unterbrach den Schleicher. »Mickey P.«, sagte ich, »Sie sind mein Mann! Sie fahren mich bitte runter nach Pimlico, und es ist sehr eilig.«
    Auf dem Weg fragte ich Mickey, welches der Länder, die er besucht habe, die wenigsten Probleme mit der Hautfarben-Sache hatte, und er sagte sofort: Brasilien. Und ich sagte, das hört sich gut an, sobald ich die Kohle habe, haue ich mit meiner Puppe für immer nach Brasilien ab.
    Denn ich muss dir sagen, in diesem Moment war meine Liebe zu England erloschen. Und auf eine Art sogar die zu London, das ich wie meine Mutter geliebt hatte. Was mich anging, konnte die ganze verdammte Inselgruppe im Meer versinken, und ich wollte bloß meine Füße abklopfen und irgendwohin fahren, eingebürgert werden und mich niederlassen.
    Mickey schien das nicht zu befürworten, obwohl ich gedacht hatte, der Schleicher würde sich vielleicht geschmeichelt fühlen. Er sagte, einmal Römer, immer Römer, und in jedem Land gäbe es ebenso viel Schrecken wie Glückseligkeit – das war das Wort, das er verwendete.
    Ich sagte, was oben in Napoli geschehen sei, könne wieder passieren. Denn sobald man irgendeinem Volk oder einer Gruppe oder einer Rasse eine üble Wunde zugefügt habe, besonders dann, wenn sie schwach seien, käme man und täte es wieder; so sei es eben, und so seien die Leute.
    Und er sagte, ob ich mir denn nicht im Klaren darüber sei, dass so etwas überall passieren könne.
    Darauf antwortete ich, dass es mir nicht so viel ausmache, dass es passiere . Was mir etwas ausmache, sei, dass seit Nottingham, vor über einer Woche, niemand spürbar reagiert hätte: was die Regierung und die obersten Schleicher beträfe, die über die Dinge bestimmten, so hätten diese Unruhen genauso gut gar nicht stattgefunden haben können, und wenn doch, dann aber in einem anderen Land.
    Na ja, er brachte mich bis vor die Tür, und ich sagte, leben Sie wohl und danke noch mal für die Vespa, ich weiß nicht, was ich ohne sie gemacht hätte, und er machte sich davon wie
Fangio
57 , wohin auch immer er fuhr.
    Die Tür öffnete sich sofort, und es war Ma, und ich sah sofort, dass Dad tot war. »Wo ist er?«, sagte ich, und sie nahm mich mit, die Treppe rauf. Ma sagte nichts, bloß als wir zur Tür hineingingen: »Er hat immer wieder nach dir gefragt, und ich musste ihm sagen, dass du nicht da bist.«
    Ich weiß nicht, ob du je eine Leiche gesehen hast. Für mich war es tatsächlich das erste Mal, und es war eigentlich nicht besonders eindrucksvoll, abgesehen von dem ganzen Ding mit dem Tod und dem Sterben. Ich hoffe, das ist nicht respektlos: aber da ich mir, schon bevor ich ankam, sicher gewesen war, dass Dad tot sein würde, hatte ich nicht mehr viel Gefühl übrig für das, was ich da auf dem Bett liegen sah. Ich fühlte mich bloß, um genau zu sein, so sehr viel älter . Ich hatte das Gefühl, als sei ich eine Stufe näher an irgendetwas gekommen, jetzt, da er tot war.
    Die alte Ma weinte jetzt. Ich sah sie sehr genau an, aber es schien mir vollkommen ungekünstelt. Letzten Endes waren sie doch eine ganze Weile zusammen gewesen, und ich wage zu behaupten, dass die Zeit allein einiges bewirkt, selbst wenn überhaupt keine Liebe im Spiel ist. Ich gab dem alten Mädchen einen Kuss und rieb ihr ein bisschen den Rücken und brachte sie nach unten und fragte, was mit den Beerdigungsvorbereitungen sei. Und sie sagte, sie wisse, was zu tun sei.
    Dann sagte ich zu ihr, es tue mir leid, aber ich würde nicht zur Beerdigung kommen. Das gefiel ihr überhaupt nicht, und sie fragte mich, warum. Ich sagte, was mich anging, sei Dad der, den ich seit meiner Kindheit in Erinnerung hätte, und dass ich an Leichen nicht interessiert sei, und wenn sie Blumen und Leichenwagen wollte, dann sei das ihre Sache. Sie starrte mich bloß an und sagte, dass sie mich nie verstanden habe, und dann sagte sie etwas, das mich in meinem Entschluss doch ziemlich ins Wanken brachte, nämlich, ob ich in Betracht gezogen hätte, was Dad selbst gewollte hätte. Also sagte ich, ich würde es mir überlegen und ihr Bescheid sagen, und unterdessen, Auf Wiedersehen, zöge ich fort. Wieder schaute sie mich nur an, sagte nichts und ging in ihr Wohnzimmer und schloss die Tür.
    Aber als ich mich gerade aufmachen wollte, hielt mich der alte Vern auf und sagte, er müsse mit mir allein sprechen. Ich
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