Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschiedskuss

Abschiedskuss

Titel: Abschiedskuss
Autoren: Amanda Hellberg
Vom Netzwerk:
Schaufenster des kleinen Dessous-Ladens vorbei. Sie verbirgt sich hinter den vergitterten Fenstern des Pfandleihers, in dem Weichspülerduft, der einem aus dem Waschsalon entgegenweht. In der Popmusik der bereits am Morgen geöffneten Cocktailbar. Im funkelnden Blick des Bettlers. Ich lege eine Pfundmünze in seine ausgestreckte Mütze und folge weiter ihren Spuren.
    »Kommen Sie einfach rein. Sei still, Chicko, mein Liebling.«
    Dennis Dyson hält die Tür auf und versucht gleichzeitig, den aufgeregten Yorkshire-Terrier zur Ruhe zu bringen. Das Haus, in dem Mama während der letzten Jahre gewohnt hat, ist eine gealterte Schönheit aus der Anfangszeit des vorigen Jahrhunderts. Es ist in etwa zehn Wohnungen und möblierte Zimmer aufgeteilt.
    Und das ist also der Vermieter.
    Hinter Mr. Dyson versucht ein weiterer kleiner Hund auf einen Couchtisch zu springen, um an den Teller mit den Keksen zu kommen.
    »Nein, Fifi! Runter da. Aber schnell. Bitte schön, nehmen Sie Platz. Tee? Ich habe bereits eine Tasse getrunken.«
    Ich setze mich auf die Couch.
    Dennis nimmt auf einem schönen, aber ziemlich durchgesessenen Ohrensessel Platz und lässt seine beiden Lieblinge auf den Schoß klettern.
    Das Sonnenlicht ist so grell, dass ich blinzeln muss. Die Zimmereinrichtung wirkt etwas zusammengewürfelt und spartanisch, aber sehr persönlich. Drei Meter hohe Stuckdecken und altmodische Fenster.
    »Ich wäre gerne nach Schweden zur Beerdigung gefahren, aber das ging leider nicht. Ich muss ja meine Kleinen versorgen, wissen Sie? Ich hoffe, Sie verzeihen mir. Birgitta sprach so viel von Ihnen. Sie war stolz, glaube ich. Schade, dass Sie nie zu Besuch gekommen sind.«
    Stolz, denke ich. Stolz. Verdammt.
    Dennis gießt sich seine zweite Tasse Tee ein und überprüft sein Toupet mit einer instinktiven Handbewegung. Es verblüfft mich, wie rasch er seinen Tee trinkt, eine halbe Tasse verschwindet mit einem Schluck.
    »In dem Zimmer Ihrer Mutter sind noch einige Sachen, falls Sie sich die ansehen wollen. Ein kleiner Fernseher. Vielleicht möchten Sie den ins Pfandhaus bringen? Das Zimmer war ja möbliert, das meiste gehört also zur Einrichtung.«
    Ich knabbere an einer Waffel mit Vanillefüllung.
    »Ja, ich würde gerne einen Blick in das Zimmer werfen.«
    »Kein Problem. Die Polizei war kurz danach hier und hat sich einiges angeschaut. Haben Sie Inspektor King getroffen? Er ist doch wunderbar, nicht wahr?«
    Ich nicke und murmele ein paar zustimmende Worte.
    »In meinem Büro stehen auch noch ein paar Kartons mit ihren persönlichen Habseligkeiten«, sagt Dennis und deutet mit einer Kopfbewegung zur Tür.
    »Sie können sich die Kartons anschauen und mitnehmen, was Sie haben möchten.«
    »Ist es viel?«
    »Nein, nicht sonderlich. Aber lassen Sie sich Zeit. Sie können hierbleiben, solange Sie wollen. Ich erinnere mich, wie ich das Haus meines verstorbenen Vaters ausgeräumt habe. So etwas nimmt einen ganz schön mit.«
    Ich nicke erneut, und Dennis fährt fort:
    »Kleider und Schuhe und alles, was Sie nicht haben wollen, kann ich dann der Heilsarmee geben.«
    Wie auf ein unsichtbares Signal hin beginnen die beiden Hunde laut zu bellen. Chicko springt von Dennis’ Schoß, rast zur Wohnungstür und bleibt dort knurrend stehen. Fifi versucht, sich aus dem Griff seines Herrchens zu befreien, und verschwindet dann in Richtung Schlafzimmer.
    »Sehen Sie, wie meine Lieblinge über mich wachen? Hör sofort auf, dich so aufzuführen, Chicko, es ist doch nur jemand draußen auf der Treppe vorbeigegangen!«
    Dennis erhebt sich erstaunlich gewandt und schiebt die Gardine einen Spalt beiseite.
    »Hm … ich hätte schwören können, dass … nein, ach was, da war wohl nichts. Ich glaube, ich werde langsam senil.«
    Er murmelt etwas Unverständliches vor sich hin. Ich lege meine halb verspeiste Waffel beiseite.
    »Dennis, Sie kannten meine Mutter doch recht gut, oder?«
    »Ja, das kann man durchaus so sagen.«
    Ich trinke einen großen Schluck Tee, um Zeit zu gewinnen. Wie redet man über so etwas?
    »Ich habe gestern mit ihren Freunden in der Hercules Bar ein paar Bier getrunken. Sie sagen, sie habe an ihrem letzten Abend fröhlich gewirkt, irgendwie entspannt. Und großzügig sei sie gewesen, als sei sie gut bei Kasse gewesen.«
    »Birgitta war immer großzügig, trotz ihrer bescheidenen Mittel«, sagt er und presst die Lippen zusammen.
    Die beiden Hunde sind zu ihrem Herrchen zurückgekehrt und winseln, weil sie ein Leckerli haben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher