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About a Boy

About a Boy

Titel: About a Boy
Autoren: Nick Hornby
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heute gar nicht gekannt, andere kannte er erst seit kurzer Zeit, und auch von denen konnte er nicht sagen, dass er sie gut kannte. Aber hier waren sie nun, einer hielt einen Kurt Cobain aus Pappkarton umklammert, einer steckte im Gipsverband, ein anderer heulte, und sie alle waren einander auf verschiedenste Weisen verbunden, die man jemandem, der zufällig einträte, unmöglich erklären konnte. Will konnte sich nicht erinnern, sich schon jemals in einem derartig verworrenen, wild wuchernden und chaotischen Beziehungsgeflecht verfangen zu haben; es war fast so, als hätte man ihm einen Blick darauf erlaubt, was es hieß, Mensch zu sein. Es war gar nicht so übel; ja, er hätte nicht mal viel dagegen, auf Ganztagsbasis Mensch zu sein.

    Sie gingen alle zusammen zum Abendessen in den nächsten Burgerladen. Ruth und Ellie setzten sich abseits, aßen Fritten, rauchten und tuschelten; Marcus und seine Verwandtschaft setzten den Kleinkrieg fort, den sie auf der Polizeiwache mit so viel Enthusiasmus begonnen hatten. Clive wollte, dass Marcus seine Reise nach Cambridge fortsetzte, während Fiona meinte, er solle mit nach London zurückkommen, und Marcus war zu verwirrt von seinen nachmittäglichen Erlebnissen, um überhaupt etwas zu meinen.

    »Wieso war Ellie überhaupt bei dir?«, fragte Will ihn. »Weiß ich auch nicht mehr so genau«, sagte Marcus. »Sie wollte halt mitkommen.«
    »Wollte sie bei uns übernachten?«, fragte Clive. »Weiß nich. Glaub schon.« »Wie nett, dass du uns vorher gefragt hast.«
    »Ellie ist nicht die Richtige für mich«, sagte Marcus in entschiedenem Ton.
    »Ich wüsste nicht, für wen sie die Richtige sein sollte«, sagte
    Katrina.
    »Ich glaube, wir werden immer Freunde bleiben«, fuhr Marcus fort. »Aber, ich weiß auch nicht, ich glaube, ich sollte mir eine Freundin suchen, die nicht ganz so -«
    »Nicht ganz so unverschämt und verrückt ist? Nicht ganz so gewalttätig ist? Nicht ganz so saublöd ist? Mir fällt noch eine ganze Latte von Nicht-ganz-Sos ein.« Der Kommentar kam von Ellies Mutter.
    »- nicht ganz so verschieden von mir ist«, sagte Marcus diplomatisch.
    »Na, dann viel Glück«, sagte Katrina. »Es gibt so einige von uns, die schon ihr halbes Leben nach jemandem suchen, der nicht ganz so verschieden von ihnen ist, und bisher sind wir nicht fündig geworden.« »Ist das so schwierig?«, fragte Marcus.
    »Es ist das Schwierigste der Welt«, sagte Fiona mit mehr Gefühl, als Will sich bewusst machen wollte.
    »Was glaubst du denn, wieso wir alle Singles sind?«, meinte Katrina.
    Ging es wirklich darum?, fragte sich Will. War es das, was sie alle taten, nach jemandem suchen, der nicht ganz so verschieden war? Tat er das auch? Rachel war dynamisch, rücksichtsvoll, vernünftig, liebevoll und in so vielerlei Hinsicht anders als er, doch das Eigentliche an Rachel war, zumindest in Wills Augen, dass sie nicht er war. Katrinas Logik hinkte also etwas. Nach jemandem suchen, der nicht ganz so verschieden war … Das machte man nur dann, überlegte er, wenn man überzeugt war, dass man selbst ganz brauchbar war.

    35

    Marcus fuhr schließlich doch noch mit zu seinem Vater und Lindsey. Sie taten ihm auf eine merkwürdige Art Leid: Auf der Polizeiwache hatten sie vollkommen daneben gewirkt, als seien sie mit allem überfordert. Marcus hatte noch nie darüber nachgedacht, aber an diesem Abend war sofort zu erkennen, wer in London lebte und wer nicht, und die, die nicht in London lebten, schienen sich von jeder Kleinigkeit viel schneller einschüchtern zu lassen. Clive und Lindsey waren gleich von Ellie eingeschüchtert, aber auch von Ellies Mutter und von der Polizei, und sie hatten viel gejammert und nervös geguckt … Vielleicht hatte das auch gar nichts mit London zu tun; vielleicht hatte es mehr damit zu tun, welche Leute er mittlerweile kannte, vielleicht war er in den letzten paar Monaten auch einfach nur viel erwachsener geworden. Aber er sah wirklich nichts, was sein Vater ihm noch zu bieten hatte, und darum hatte er Mitleid mit ihm, darum stimmte er zu, mit ihm nach Cambridge zu fahren.
    Clive jammerte im Auto weiter. Warum hatte Marcus sich mit so jemandem eingelassen? Warum hatte er nicht versucht, sie aufzuhalten? Warum war er grob zu Lindsey gewesen? Was hatte sie ihm je getan? Marcus antwortete nicht. Er ließ seinen Vater so lange weiterlamentieren, bis ihm schließlich die Klagen auszugehen schienen, wie einem manchmal das Benzin ausgeht: Sie wurden langsamer und
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