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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig
Autoren: Robert Gordian
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hinzu … Grafschaften, Herzogtümer. Aber jetzt, mein lieber Henricus, verzeih … Die Diener dort warten, ich muss mich ankleiden und auf den Tag vorbereiten. Wir reisen, das wird anstrengend. Salve!“
    Er winkte Heinrich wohlwollend zu, entfernte sich und stieg die Treppe hinauf.
    Der Sachsenprinz, der plötzlich am ganzen Leibe zu zittern begann, starrte dem gleichaltrigen König nach.
    Doch im nächsten Augenblick schlug er die Hand vor das Gesicht, damit niemand sah, wie erbärmlich er heulte und schluchzte, und stürzte hinaus.

|327| Epilog
    So endete das Jahr 939 mit einem vollständigen Sieg König Ottos über seine Gegner im Reich.
    Heinrich kehrte zurück an den Hof, unterwarf sich und der Mönch Widukind von Corvey, unser wichtigster zeitgenössischer Gewährsmann, berichtet in seiner Sachsengeschichte: „Der König erbarmte sich aufgrund der Milde, welche seinem Herzen immer am nächsten lag, der schweren Not seines Bruders, überließ ihm für seinen Bedarf einige feste Plätze und gestattete ihm, innerhalb des lothringischen Gebiets zu wohnen.“
    Allerdings hatte Otto damit den Geist des Aufruhrs in dem von Ehrgeiz, Machtgier und Neid beherrschten Jüngling noch nicht völlig erstickt. Als sich zu Beginn des Jahres 941 in Sachsen und Thüringen nochmals Unmut gegen Otto und seinen Markgrafen Gero regte, fasste Heinrich nach Widukind „noch einmal Hoffnung, König zu werden. Die Sache erwuchs zu einem gewaltigen Frevel, sie bildeten eine mächtige Verschwörung mit dem Plan, am Osterfest, welches nahe bevorstand, Otto zu töten und Heinrich die Krone aufzusetzen. Doch dem König, den jetzt wie immer Gottes schützende Hand bewahrte, wurde kurz vor Ostern die Verräterei aufgedeckt. Er umgab sich daher (während der Osterzeremonien in Quedlinburg) Tag und Nacht mit einer Schar treuer Vasallen.“
    Nach dem Fest ließ er die Verschwörer verhaften und – bis auf einen, den Grafen Erich, der kämpfend starb – alle Anführer hinrichten. Nur Heinrich entkam zunächst und floh, wurde jedoch eingefangen und in Ingelheim festgesetzt. Und auch diesmal erhielt er – zweifellos nach Fürsprache seiner Mutter und ihrer geistlichen Phalanx – die Verzeihung des Bruders. Am folgenden Weihnachtstag warf sich der Einundzwanzigjährige in der Frankfurter Pfalzkapelle dem König zu Füßen. Es kam zur endgültigen Versöhnung, sicher nicht zu einer tief verinnerlichten, sondern nur zu einer äußerlichen, formellen, die aber Bestand hatte und sich sogar zu einem Vertrauensverhältnis verfestigte. Nach dem Tode Bertholds von Bayern im Jahr 948 wurde Heinrich, der inzwischen mit dessen Nichte Judith verheiratet war, von Otto zum bayerischen Herzog |328| ernannt. Gegen eine neuerliche Verschwörung in den frühen fünfziger Jahren stand er fest an der Seite des königlichen Bruders, wobei auch seine hässlichsten Eigenschaften – Grausamkeit, Skrupellosigkeit und Verschlagenheit – immer wieder zutage traten. Er starb schon 955, nur fünfunddreißig Jahre alt.
    Es scheint, dass die Versöhnung in Frankfurt erst nach einer gründlichen Aussprache zwischen den Brüdern zustande kam, bei der Heinrich sich nicht scheute, ihre Mutter Mathilde als treibende Kraft seiner Unternehmungen zu beschuldigen, und genaue Angaben darüber machte, was sie zu deren Erfolg aus ihrem reichen Erbe und Wittum bereitgestellt hatte. Da die Königinmutter in ihren Zuwendungen an Kirchen und Klöster auch sonst nicht zurückhaltend war und dabei zum Nießbrauch überlassenes Gut wie Eigentum behandelte, verbannte Otto sie aus den Ortschaften und Ländereien ihres Wittums in Ostsachsen und Thüringen nach Engern, wo sie mehrere Jahre auf den Gütern lebte, die ihr persönliches Erbteil waren. Erst durch Königin Edgiths Vermittlung fanden Mutter und Sohn wieder zueinander. Mathilde kehrte zurück nach Quedlinburg, wirkte noch zwei Jahrzehnte als Vorsteherin des St. Servatius-Stifts und verdiente sich den Ruf einer Heiligen. Sie starb 968 – für ihre Zeit hoch betagt – mit über siebzig Jahren.
    Nur weniger als die Hälfte dieser Lebenszeit waren der Königin Edgith zugemessen. Die sanfte, freundliche Angelsächsin starb schon 946, fünfunddreißigjährig. Otto trauerte lange um sie und es dauerte Jahre, bis er sich zu einer zweiten Ehe entschloss. Wohl ihrer Mahnungen eingedenk, lernte er, wie uns Widukind mitteilt, „nach ihrem Tode die Schrift, welche er vorher nicht kannte, so gut, dass er vollkommen Bücher lesen und verstehen“
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