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Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Titel: Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
Autoren: Michael Zeidler
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Indianer Jones. »Der Meister ist das wichtigste Mitglied eines Ordens, stimmt’s?«
    Ich nickte zögernd.
    »Wichtig kommt von Gewicht, also ist es nur fair, dass der Gewichtigste den Orden leitet.«
    Klang einleuchtend. Ich schätzte Indianer Jones ab. Er war kleiner als ich, aber etwas runder. Schwer zu sagen, wer von uns gewichtiger war.
    Er deutete nach links zu einer Wippe: »Dort werden wir unseren Wettstreit austragen!«
    Das eine Ende des metallenen Balkens lag auf einem Reifen, der zur Hälfte aus dem Boden schaute, das andere ragte stolz in die Höhe.
    Uns der Bedeutung dieses Augenblicks bewusst, schritten wir so ruhig und würdevoll wie möglich auf die Wippe zu. Kurz bevor wir unser Ziel erreichten, rief Indianer Jones »Igitt!« und sprang zur Seite.
    Ich erwartete einen dicken Hundehaufen oder eine bepelzte Spinne, vielleicht sogar grünen Geisterschleim – aber da kroch nur eine Weinbergschnecke mit Höchstgeschwindigkeit und unbekanntem Ziel über den Boden.
    »Davor hast du Angst?«, rief ich. »Die ist niedlich.«
    »Jeder Held hat eine große Schwäche«, antwortete Indianer Jones trotzig.
    »Indi fürchtet sich vor Schlangen.«
    »Hast du hier jemals eine Schlange gesehen?«
    Ich verneinte und Indianer Jones nickte mit einem Grinsen, das »Siehst du!« zu sagen schien.
    »Warum trittst du sie nicht einfach tot, wenn sie dich so anwidert?«
    »Damit ich den Schleim an meinen Schuhen habe?«
    Wir standen vor der Wippe.
    Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich vor dem Wettbewerb drücken konnte. Möglich, dass ich schwerer war als er, aber ich würde gerne sichergehen. Er schien ebenfalls nachzudenken.
    Die Kirchturmuhr schlug zwölf.
    Indianer Jones stand auf. »Mittag. Muss jetzt rein. Treffen wir uns später wieder? Gegen fünf?« Er reichte mir die Hand, an der ich mich hochzog.
    »Meinetwegen. Bis später, Indianer Jones.«
    »Indianer ist nicht mehr. Ich brauche jetzt einen Ritternamen. Und in Wahrheit heiße ich Olli.«
    Oma liebte es, in der Küche zu experimentieren. Vor der Hauptspeise servierte sie immer eine Suppe, und Opa liebte es, diese zu benennen. In der Essecke meiner Großeltern hatte ich schon Madensuppe, Kartoffel- und Pilzschleimsuppe, Schuppenflechtensuppe und vielerlei andere Kreationen gekostet. Heute schwammen Leberknödel mit Karottenstücken und Petersilie in klarer Brühe.
    »Hmmmm!« Opa schnupperte, den Kopf tief über die Schüssel gebeugt. »Echte Kackbällchensuppe!«
    Ich grinste und schaufelte mir so viele Kackbällchen wie möglich in meinen Teller. Vom Hauptgericht, Kotelett mit Kartoffelbrei, lud ich mir ein großes Kotelett und wenig Brei auf.
    »Spielst du heute fleischfressender Dinosaurier?«, fragte Opa.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss bis heute um fünf Uhr richtig schwer werden«, antwortete ich und erzählte vom Wettkampf der Gewichtigsten.
    »Olli ist ein Pummelchen«, sagte Oma. »Da musst du eine ganze Menge essen, um es mit dem aufnehmen zu können.«
    »Bah!«, brummte Opa. »Simon ist größer. Ich habe eine Idee: Du hilfst mir, den alten Schuppen abzureißen, darüber wirst du richtig hungrig, und Oma backt uns einen planetenschweren Marmorkuchen. Alternativ können wir auch deinen Bauch aufschneiden und mit Wackersteinen füllen. Was hältst du davon? Wer weiß, vielleicht finden wir bei der Arbeit ja einen Weg, Olli um ein paar Pfunde zu erleichtern?«
    »Den Schuppen abreißen?«, rief ich begeistert. »Marmorkuchen! Olli erleichtern!«
    Besser konnten meine Ferien gar nicht beginnen.
    Der Schuppen! Seit ich denken konnte, stand er hinten im Garten, umgeben von Flieder, Brennnesseln und Weinranken. Alte, wettergeprüfte Bretter, zusammengehalten von rostigen Nägeln, und an der Tür das
Unüberwindliche Schloss
, das sich noch nie geöffnet hatte.
    Manchmal beherbergte der Schuppen einen Drachenhort, manchmal diente er einem gesuchten Verbrecher als Unterschlupf, manchmal versteckten sich in ihm feindliche Spione. Doch so sehr sich Ritter von Simonshöh’, Kriminaloberhauptkommissar S. Imon oder Agent Null Null Simon auch bemühten, nie gelang es ihnen, dem mysteriösesten aller Gebäude sein Geheimnis zu entreißen. Das
Unüberwindliche Schloss
machte seinem Namen alle Ehre.
    Opa trug etwas, das wie eine riesige Zange aussah, und einen Helm. Den setzte er mir auf den Kopf und deutete auf das Schloss. »Gehen wir’s an, Polier Simon?«
    Ich nickte.
    »Nun gut, zerreiß es mal!«
    Ich schaute ihn fragend an. Opa bewegte seine Hände,
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