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Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Titel: Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
Autoren: Michael Zeidler
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mein!«

    Opa saß nach getaner Arbeit im Wohnzimmer, eine Bierflasche, ein leeres Glas und ein paar Kekse vor sich. »Reichst du mir mal bitte den Öffner?«, fragte er. »Und was hast du doch gleich?«
    Ich erzählte ihm von meiner Beobachtung mit der Schere. »Je länger der Scherenarm mit dem Zweig ist, desto schwieriger ist es, ihn zu zerschneiden.«
    Opa dachte einige Augenblicke darüber nach und antwortete: »Etwas verdreht, aber so ist es in etwa. Die Physiker haben da eine schlaue Formel: Lastarm mal Last ist gleich Kraftarm mal Kraft.«
    Ich lachte laut auf. »Man kann doch einen Weg nicht malnehmen! Der besteht nicht aus Zahlen. Zweimal Bürgersteig plus Straße!«
    Opa schmunzelte.
    »Die Formel beschreibt ein Verhältnis. Nehmen wir einfach mal an, alles besteht aus Zahlen. Um den Zweig zu zerschneiden, brauchst du zwanzig Kraft. Nun hast du aber nur zehn. Damit die ausreichen, brauchst du einen Kraftarm, der zwei wert ist. Zwei mal zehn ist zwanzig. Bist du schwächer, sagen wir, du hast nur fünf Kraft, so muss der Hebel länger werden, und zwar ... ?
    »Vier! Fünf mal vier ist zwanzig.«
    »Genau.«
    »Und wie viel ist der Lastarm wert?«
    »In unserem Beispiel eins. Was geschieht, wenn du den Lastarm verlängerst, hast du bei der Schere gesehen: Wenn du den Ast weiter zur Spitze schiebst, wird es schwieriger bis unmöglich, ihn zu zerschneiden. Du kannst Zahlen einsetzen, wie es dir beliebt, und du wirst Folgendes feststellen: Je kürzer der Lastarm und je länger der Kraftarm, desto weniger Kraft musst du einsetzen, um die Tür aufzubrechen, die Flasche zu öffnen oder die Nuss zu knacken. Denkst du noch an meinen Kronenkorkenwegschleuderer?«
    »Klar«, rief ich und reichte ihm den Flaschenöffner.
    »Ich verstehe nicht, wo der Weg bei einer Schere ist.«
    »Schau, es ist so einfach, den Zweig zu zerschneiden, wenn er nahe der Scherachse liegt. Denn um ihn dahin zu bekommen, musst du die Schere ganz weit aufmachen und deine Finger legen viel mehr Weg zurück, wenn sie ihn zerschneiden, als wenn du den Zweig an die Spitze der Scherblätter legst und die Schere nur ein bisschen öffnest.«
    Was auch immer Opa in den letzten Sätzen gesagt hatte, ich bekam es kaum mehr mit, denn ich war im Geiste wieder bei der Wippe. Siegesgewiss schlug ich die Faust in die offene Hand.
    Olli würde sich wundern!
    Eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit machte ich mich im Garten auf die Suche. Drei Schnecken fand ich, eine davon sogar eine Weinbergschnecke und alle schön schleimig. Die Schnecken setzte ich auf den Sitz, unter dem der Stein klebte. Nun zog ich mich bis auf die Badehose aus und kauerte mich in den Sand. Olli ließ nicht lange auf sich warten. Die Badehose umspannte einen Bauch, der mir nun sehr viel mächtiger vorkam, da er nicht mehr mit einem T-Shirt bedeckt war. Auf einmal fühlte ich mich gar nicht mehr so sicher, ob mein Plan gelingen würde.
    »Wer geht auf welche Seite?«, fragte ich unschuldig. »Werfen wir eine Münze?«
    »Hast du eine Münze in der Badehose? Da ich hier wohne, darf ich wählen, das ist nur gerecht.«
    »Meinetwegen.«
    »Ich nehme diese Seite.« Olli wanderte um die Wippe herum. »Igitt!«, rief er. »Schleimschnecken!«
    »Willst du lieber hier drüben sitzen?«, fragte ich.
    »Nein, ein Ehrenmann ändert seine Meinung nicht.« Er setzte sich auf den Balken und beugte sich nach vorne, weit weg von den Schnecken. Ich saß ganz hinten auf dem Sitz und lehnte mich zurück, doch Olli achtete mehr auf die Schnecken als auf alles andere. Der Hebel wirkte wie vorausgesehen: Ollis Stein half ihm zwar etwas, aber das kleine Stück, das er weiter vorne saß als ich, reichte, um mich zum Meister der Wollebachritter zu machen.
    Ollis Gesicht blieb nur sehr kurz sehr lang. Er verbeugte sich vor mir mit einer ausladenden Handbewegung. »Ich unterwerfe mich dem Gewichtigsten. Hast du die da platziert?« Er deutete auf die Schnecken. Ich nickte. »Warum?«, fragte er und ich erklärte es ihm.
    Olli grinste über beide Ohren. »Genial! Du bist wirklich ein guter Ordensmeister.« Er holte seinen Stein hervor. »Ich habe versucht, gewichtiger zu sein, als ich bin«, gestand er mit einem verschmitzten Lächeln.
    »Auch sehr schlau. Daher ernenne ich dich hiermit zu meinem ersten Berater! Ohne dessen Ratschlag wäre unser Orden aufgeschmissen.«
    Ollis Mutter winkte aus ihrem Haus. »Essenszeit!« Olli verabschiedete sich.
    Den letzten Hebel fand ich leider nicht, und auch meine
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