Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Autoren: Olaf Kraemer
Vom Netzwerk:
begannen die Wirkung der Droge zu spüren.
    „Wir müssen uns konzentrieren!“
    Sie schwiegen. Schlossen die Augen. Ja, diese Gefahr kam nicht von außen. Sie kam aus ihrem Inneren. Aus der Wirkung der Droge, die diese Gefahr in ihnen erzeugte. Wenige Sekunden dauerte es, dann wussten sie von selbst, was zu tun war: Außerhalb der Zeit und des Raums, in dem sie sich befanden, schlossen sie sich zusammen. Wie auf Kommando setzten sie sich im Kreis auf den Boden.
    „Wir müssen aufhören zu denken“, dachte Edda.
    Sie merkte, wie dieser Widerspruch die Lösung in sich barg. Es fiel ihr nicht schwer, sich auf die Stelle zwischen ihren Augen zu konzentrieren und zu atmen. Nur zu atmen und die Atemzüge zu zählen. Bis auch das Zählen aufhörte.
    Die Jungs folgten ihr und zwischen ihnen wuchs mit jedem Atemzug, den sie gemeinsam taten, ein unsichtbares Feld. Ein Ort, der nur ihnen zugänglich war und an dem sie ohne Worte miteinander kommunizieren konnten. Jeder von ihnen spürte die Klarheit ihres Geistes und, dass die Droge ihnen in dieser Klarheit nichts mehr anhaben konnte. Solange sie zusammenhielten, entstand eine Welt, die nur sie sehen konnten und die immer wieder von Bildern von Katastrophen, Feuer, Dunkel, der Angst und dem Grauen ihrer jungen Jahre durchzuckt wurde. Sobald sie begriffen hatten, dass all diese Ereignisse in der Vergangenheit lagen – dass das, was sie sahen, keine feste Größe war, war die Kraft der Kritischen Masse da!
    | 2232 |
    „Was springt ein kleines Mädchen hier herum?“, fragte Hitler mit einer Stimme, die gar nicht so schnarrend und schneidend war, wie sie sie so oft aus dem Volksempfänger und in den Wochenschauen gehört hatte. Marie blieb wie angewurzelt stehen.
    „Das sind gefährrrliche Spiele“, warnte er mit tiefer Stimme. Sein Gesicht verriet nichts, nur die blassen, blauen Augen funkelten darin. Kalt, wie schimmernde Steine, tief auf dem Boden eines kalten Sees. Marie wollte sich losreißen, aber sie konnte nicht wegschauen. Stattdessen schien sie in den Augen zu versinken, als könne sie durch die Augen in sein Inneres schauen, einen Ort, der ohne Zweifel war, erfüllt mit der Energie eines einzigen Gedankens, der immer wiederholt wurde wie ein Mantra. Um sie herum verschwanden die Häuser, das Auto, was die Menschen Realität nannten. Kein Geräusch war zu hören, als der Mann seinen Arm hob, um Marie zu berühren. Nicht einmal das Rascheln des Stoffes seiner Uniform. Er wendete den Kopf, als lausche er in die Stille, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Als sähe er Dinge, die andere nicht sahen und die Marie jetzt aus irgendeinem Grund auch sehen konnte. Im Inneren ihres Kopfs. Große bewegte Tableaus, die sich aus einem dunkelroten Wolkenmeer formten und über ein weites und verbranntes Land zogen. Ein Land, in dem kein Leben zu erkennen war. Ein fahler Nebel aus giftigem Gas, der um Ruinen und Reste von zertrümmerten Maschinen waberte. Ein Sturm aus schwarzen Fliegen legte sich auf die Landschaft und bedeckte sie.
    „Götterdämmerung“, sagte Greta ergriffen.
    Das Bild brach ab. Entsetzt schrie Greta auf.
    „Nicht jetzt!“
    Sie warf einen Blick auf das EEG, an das Marie angeschlossen war. Es gab keine Reaktion mehr in ihrem Gehirn. Greta wollte nach dem Pegel greifen.
    Victor kam ihr zuvor und ergriff Gretas Hand.
    „Es hat keinen Sinn ...“
    „Aber wieso? Ist sie ... tot? Wieso ausgerechnet jetzt ...?“
    Im Schlaflabor verschwanden die Erinnerungsbilder vom Monitor.
    | 2233 |
    „Wir müssen Greta dazu bringen die Tür zu öffnen“, dachte Edda. „Wenn sie das tut, können wir aufstehen. Wir müssen eine Illusion aufrechterhalten, bis Marie hier raus ist!“
    „Wie sollen wir das schaffen?“
    „Es ist die einzige Chance, die wir haben!“
    „Wir können das. Bixby hat gesagt, deswegen sind wir die Kritische Masse! Vergessen?“
    Wieder und wieder setzten sie an und erzeugten wie in einem Dreiklang Bilder und Abläufe dessen, was sie sich vorstellten, was passieren sollte. Und immer wieder gab es gravierende Abweichungen, die es unmöglich machten, gebündelt eine Vision auszusenden, die stark genug gewesen wäre, die Realität zu verändern. Sie wussten, dass sie nur wenige Minuten hatten, um ihre Bildfolgen abzugleichen. Sie mussten ihre Vorstellungen angleichen, mussten die erste, die zweite und die dritte Matrix aufeinanderlegen und solange verschieben, bis sie ein einziges Bild ergaben. Ein Bild, das stärker, farbiger, wirklicher und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher