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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
Autoren: Olaf Kraemer
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zuckte mit den Schultern und erschrak.
    „Bist ja du“, hatte Simon gesagt und auf den Bildschirm des Computers gezeigt, vor dem Greta und ein Mann in einem Kittel saßen. Es war der Bildschirm des zweiten Computers, auf dem Victor die Erinnerungsbilder zeitverzögert speicherte. Und tatsächlich schien dort Edda auf dem Bildschirm zu sehen zu sein. Doch was tat sie da? Nein, das war nicht sie, begriff Edda. Das war Marie. Marie, so alt wie Edda jetzt. Und dann sah sie den Mann mit dem Turban, den Großen Furioso. Er redete da offenbar mit Marie. Bernikoff.
    „Das ist Marie als Mädchen“, erklärte Edda, „und der Mann ist Carl Bernikoff.“ Jetzt schaute auch Linus durch das Fenster.
    „Sieht aus, als würden sie ihre Träume abzapfen.“
    „Oder ihre Erinnerungen“, sagte Edda.
    „Wahnsinn“, sagte Simon. „Stell dir vor, die können das dann speichern.“
    Edda schluckte. Sie dachte an die wunderschönen Momente mit Marie. Kein Bild hätte je einfangen können, wie diese Gespräche, diese Begegnungen sie bereichert hatten. Wie glücklich sie gewesen war. Edda spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen; Wut und Ohnmacht drohten, ihr den Atem zu nehmen. Genau wie damals in Bernikoffs Wohnung befand sie sich wieder in einem abgeschlossen Raum. Doch diesmal war sie nicht allein.
    „Was sollen wir jetzt machen?“ Edda versuchte, die aufkommende Platzangst zu unterdrücken.
    „Ganz einfach.“ Linus zog die Waffe aus seiner Tasche. „Zur Seite!“
    Edda und Simon wollten ihn warnen, da stand Linus schon breitbeinig im Gang, hob den Revolver und zielte auf den Schließmechanismus der Tür. Zweimal drückte er ab. Das Krachen der Schüsse und der beißende Rauch betäubten Edda und Simon für einen Moment. Sie hörten nicht, wie die Kugeln von dem Metall abprallten. Gleich darauf spürte Edda einen scharfen Schmerz an ihrem Ohr, gerade als Linus erneut die Waffe hob und direkt auf das Bullauge zielte, durch das Greta auf die Kinder schaute.
    Linus achtete nicht auf seine Freunde. Er wollte diese Mission zu Ende bringen und GENE-SYS heimzahlen, was sie anderen angetan hatten. Noch einmal drückte er den Abzug der Waffe. Schoss mitten in das runde Fenster. Mitten in Gretas Gesicht, das beim Anblick der Waffe weder Angst noch Entsetzen verriet. Einzig sachliches Interesse schien sich in ihrem kühlen Blick zu spiegeln. Als Linus abgedrückt hatte, hinterließ die Kugel nicht einmal einen Kratzer auf dem Glas. Sie prallte ab und irrte als Querschläger durch den Raum.
    „Idiot!“, schrie Simon. „Merkst du nicht, dass du uns umbringst? Du hast Edda getroffen!“
    Erst da sah Linus, dass Simon am Boden kauerte und einen Arm um Edda gelegt hatte. Blut strömte aus der Wunde an ihrem Ohr.
    „Das ... das tut mir leid“, stammelte Linus.
    Greta trat näher an das Fenster und warf einen Blick auf die Kinder. Sie erkannte sofort, dass Eddas Verletzung nicht gefährlich war. Und lächelte. Sie war jetzt völlig ruhig. Sie liebte es, wenn die Dinge auf dem Rande des Vulkans zu tanzen begannen und wenn es ihr dann in letzter Minute gelang, einen Ausbruch zu verhindern und den Dingen eine neue Ordnung zu geben. Nur so wurde wirklich Neues geboren, neue unerforschte Kontinente des Wissens, die aus der Ursuppe des Unwissens auftauchten und darauf brannten, erkundet zu werden. Von ihr. Greta. Mithilfe dieser drei außergewöhnlichen Kinder, die jetzt endlich wieder den Weg zu ihr gefunden hatten. Just an dem Tag, als sie dabei war, an eines der großen Geheimnisse der Geschichte zu gelangen, wie sie glaubte.
    Schade, dachte sie für einen Sekundenbruchteil, dass Bixby das nicht mehr erleben durfte. Aber so war es eben.
    Seelenruhig gab sie Victor ein Zeichen und er ging noch einmal daran, das Gehirnareal Maries zu sondieren, in dem sie die letzten Aufzeichnungen gemacht hatten.
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    „Sechs Minuten, dann wirkt das Zeug auch auf uns. Wir müssen irgendwas tun!“, keuchte Simon.
    „Ich glaub, bei mir geht es schon los“, sagte Edda, die sich die Frequenzen gegen das Ibogain zuerst hatte aufspielen lassen. Wenn sie ihre Augen auch nur für einen Augenblick schloss, begannen Schlangen durch die Spalten und Ritzen der Schleuse zu kriechen. Mit einem Mal war sie wieder in Indien; im Bus mit Shiva. Gelähmt, unfähig an etwas anderes zu denken als an den Tod ihres besten Freundes. Auf keinen Fall durfte sie diesen Erinnerungen folgen und auf gar keinen Fall durfte Linus und Simon etwas passieren. Auch sie
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