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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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Regen.
    »Erinnerst du dich, als du damals zum Essen herkamst und Ben dir erzählte, er sei in der Synagoge gewesen?«
    »Ja?«
    »Das wurde plötzlich ein Riesenproblem zwischen uns. Sein Judentum.«
    »Ich weiß.«
    Sie spitzt den Mund. »Na, wahrscheinlich war das nicht zu übersehen. Aber dann...«
    »Störte es ihn, daß du nicht jüdisch bist.«
    Wieder guckt sie erstaunt, richtet sich auf, verschränkt die Arme vor der Brust. Jetzt fließt ihr Haar in Kräuselwellen nach hinten.
    »Hat Dina dir davon erzählt?«
    »Nein. Er selbst.« Na ja, Dina hat es mir zwar erzählt, aber da wußte ich es schon. Was spielt das jetzt für eine Rolle? Denn plötzlich habe ich das Gefühl, wir bewegen uns in genau die richtige Richtung - wenn sie davon ausgeht, daß Ben sie in Kleinigkeiten hinterging, dann wird sie, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, auch glauben, daß er sie wirklich betrogen hat. Alices Lider flattern drei- oder viermal auf und ab: eindeutig, sie ist enttäuscht — sie war zu einem Gedankenaustausch bereit und muß jetzt feststellen, daß das meiste davon schon ausgetauscht ist.
    »Na gut«, sagt sie. »Wenn ich mit Dina darüber gesprochen habe, warum hätte Ben nicht auch mit dir darüber reden sollen.«
    »Genau. Und es gibt auch keinen Grund, warum du jetzt nicht mit mir darüber sprechen solltest.«
    Ich sehe ein flüchtiges Muskelzucken über ihrer rechten Braue, so flüchtig, daß es keine Aufwärtsbewegung der fein geschwungenen Linie bewirkt. Trotzdem erkenne ich dran, daß sie die Flirtabsicht in meinem Satz erfaßt. Es war, glaube ich, das erste Flirtende, was ich je zu Alice gesagt habe.
    »Nein...«, sagt sie, eine Spur unsicher; und dann, entschiedener: »Trotzdem würde ich gern wissen, was zwischen dir und Dina vorgefallen ist.«
    Um Himmels willen! Warum liegt ihr soviel dran! Es kommt meinem Vorwärtskommen wirklich in die Quere, dieses Wie-du-mir-so-ich-dir-Herzausschütten.
    Als Hinhaltemanöver trinke ich einen Schluck Tee. Bleeurgh. Wieder hat sie’s vergessen! Kaffee ohne, Tee mit. Über den Tassenrand sehe ich ihre wie zuckerloser Tee braunen Augen, voll unschuldigen Wissensdursts auf Dinge, die, wüßte sie sie, den winzigen Raum, der mir in ihren Gedanken Vorbehalten ist, noch weiter einengen würden — jenen winzigen Raum, wo es ohne Umwege über ihren Mann oder ihre Schwester, allein um mich geht, jemanden, der seinen Tee mit Zucker trinkt, seinen Kaffee ohne. Plötzlich überkommt mich der Drang, fast ein Zwang, dieses plänkelige Weichgeplänkel zu durchstoßen und herauszurücken damit, es ihr an den Kopf werfen, daß ihr Mann ’ne andre gefickt hat. All meine Fantasien von einer gemeinsamen Zukunft, nachdem sie Ben verlassen hat, sind jetzt aus dem Spiel. Ich bin nur noch versessen darauf, sie aufzurütteln, sie auf irgendeine Art zu treffen, und sei es auf diese abstoßend selbstsüchtige und destruktive, bloß um eine Kerbe in ihr Leben zu schlagen.
    »Alice...«
    »Weißt du, Gabriel«, höre ich ihre Stimme, aber nur halb, denn der Satz »Ich finde, du solltest wissen, daß Ben eine Affäre hatte flimmert vor meiner Stirn wie der Vorspann von ’nem Film, »vielleicht sollte ich es dir nicht erzählen — na ja, womöglich weißt dus gar schon von Ben, obwohl er derjenige ist, der ein Geheimnis draus macht — jedenfalls...«, sie sieht mich eindringlich an und holt tief Luft durch ihr Zahnzickzack, »...ich bin schwanger.«
    Ahhhaha. Ah ha ha ha.
    Natürlich bist du das. Na klar. Weil Gott sein Muster haben muß! Seine schrecklichen Symmetrien. Frauen, die Zusammenleben, kriegen gleichzeitig ihre Menstruation, fällt mir ein. All die Eier und das Blut müssen unbedingt zur selben Zeit losgelassen werden. Bei Schwestern geht es wahrscheinlich doppelt synchron zu; ein Fruchtbarkeits-Tandem. Die Arme meiner Gedanken kreisen wie bei einem Mann, der auf den Klippenrand zurennt und in letzter Sekunde zum Stillstand kommt.
    »Und ich hätte mir so gewünscht, daß Dina Patin wird.« Alice kratzt sich wild am Kopf, wobei ihr vulkanisches Haar sich in alle Richtungen ergießt — eine Geste, glaube ich, die die Tränen zurückdrängen soll, weil sie nicht weinen will vor mir, diesem Menschen, den sie, alles zusammengenommen, kaum kennt. »Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich hatte geglaubt, das würde unsere Beziehung festigen.«
    Ihr zartes Kinn zittert leicht, und ich fixiere meinen Blick darauf, weil ich meinen Verstand festhalten will, aber er rast schon davon. Ben
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