Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
Vom Netzwerk:
und Alice waren nicht zu Hause, als ich Dina das erste Mal anrief: sie waren beim Arzt. Er ging in Frans Apotheke, um was für Alice zu holen. Und diese ganze Besorgtheit um die Generationenfolge in unserer Familie - dieses Entsetzen, das all wir Jakobiten vor dem Ende haben, trieb ihn auf seinen Judentum-Trip und Fran in die Arme, nur um nicht der festgelegten Zukunft mit einem Kind ins Auge zu sehen. Alice senkt den Blick und legt erleichtert die Hände in den Schoß: So, jetzt ist es raus. Aber das, was ich zu sagen habe, ist noch nicht raus.
    »Gratuliere.«
    Sie schenkt mir ein Lächeln, das sich wie eine Sinuskurve über ihr Gesicht zieht, wie auf einem Diagramm den Kummer anzeigt, den sie bis vor kurzem in ihrer Ehe hatte. Und in mir vermischt sich der Tod meiner Hoffnungen mit einem Aufatmen; es ist sehr stressig, seine Träume auszuleben.
    »Danke«, sagt sie, erhebt sich halb vom Stuhl und umarmt mich. Die Wirklichkeit, mit ihrem ganzen Müll an Details, sorgt dafür, daß dieser Moment nicht ganz das ist, was er hätte sein können: Die Tischecke ist im Weg, und aus Alices vorgebeugter, halb sitzender, halb stehender Position heraus ist es ein bißchen schwierig, mich auf meinem Stuhl richtig zu umarmen, was natürlich nicht heißt, daß eine Gerte wie Alice je einen Elefanten wie mich ganz umfangen könnte.
    Aber als meine Hände sich hinter ihrem Mohairpullover treffen, ich ihren schlanken und doch vollen Körper an meinem spüre, schließt sich die Kluft in meiner Seele wie die beiden Hälften der Tower Bridge. Der Geschmack vom Paradies, denke ich, und komme mir ein bißchen albern vor, weil das der Slogan der Bounty-Werbung ist.
    Alices Gesicht, das im Profil an meiner Schulter lag, bewegt sich ein winziges Stück zurück, und einen Moment überlege ich, sie einfach zu küssen, meine, den gleichen Gedanken durch ihre Augen huschen sehen - jetzt ist er zwischen uns passiert, jener Moment, wo man sich eine Millionstelsekunde zu lang in die Augen sieht. Dann geht die Türklingel, und ich weiß, daß ich für den Rest meiner Tage auf diese Millionstelsekunde als die verpaßte Gelegenheit aller verpaßten Gelegenheiten zurückblicken werde. Was soll’s, denke ich, als Alice stirnrunzelnd den Kopf wendet und den Flur hinabblickt — schließlich habe ich den Himmel doch noch kennengelernt.
    »Wer kann denn das sein?« sagt sie und geht los, nachdem sie mir einen seltsam neckenden Blick zugeworfen hat, der einfach heißt: »Wer kann denn das sein?«, und keine Spur: »Gott, um ein Haar hätten wir uns geküßt!«
    Ich warte, bis sie an der Tür ist, und schütte meinen kalten, nicht angerührten Tee ins Spülbecken, gucke zu, wie er den funkelnden rostfreien Stahl runterwirbelt wie mein Aktionsplan.
    »O mein Gott!« höre ich Alice schreien. Angst rüttelt mich aus meinem Selbstmitleid, und ich sause aus der Küche in den Flur. In der Haustür, vor der ein paar Schritt zurückgewichenen Alice, steht eine klobige Gestalt, triefend naß und mit schmutzverschmiertem Gesicht. Meine Furcht wächst wie die Geschwindigkeit meines Sprints durch den Flur, aber dann sehe ich, daß ich Alice nicht vor irgendeinem Wahnsinnigen beschützen muß — nein, es ist ein ganz bestimmter Wahnsinniger: Nick.
    »Nick?« japsen meine Lungen und Sinne. »Was ist passiert?«
    »Die Wanderlust ist gesunken«, sagt er ruhig.
    »Was, als du drauf warst?«
    »Nein, vor zwei Tagen. Ich bin bloß getaucht, weil ich noch ein paar Sachen rausholen wollte.«
    Obwohl ich mir weiß Gott andere Sorgen machen müßte, kommt mir der Gedanke: 9000 Pfund?
    »Du lieber Himmel«, sagt Alice. »Komm rein. Ich hole dir ein Handtuch und ein paar Sachen von Ben.«
    »Nein, laß«, sagt er, und als ich die Entschlossenheit in seiner Stimme höre, kriege ich Panik, ganz fürchterliche Panik. »Ich will nicht ins Haus. Ich bin nur vorbeigekommen, um dir was zu sagen.«
    Alice guckt mich an, wie O nein, welches Hirngespinst ist das schon wieder. Na, ich glaube nicht, daß sie das noch denkt, wenn Nick seine Botschaft erst abgeliefert hat. Als sollte es seine Glatze verdecken, ist ein Stück Laichkraut über Nicks Kopf drapiert, von der Sorte wie es Jezebel vor den Ratten und Fröschen anschleppte.
    »Nick«, sage ich verzweifelt und fixiere ihn, will ihn zwingen, mich anzugucken. »Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. Vergiß es.«
    »Ich bin gekommen, um dir die Wahrheit zu sagen«, intoniert er feierlich und guckt statt mir Alice tief in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher