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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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Geräusch für ein Entspannungsband aufzunehmen. Das bläuliche Licht flackert über Nicks Gesicht und bedeckt sein Stoppelkinn mit einem zweiten Bart aus Schatten.
    »Einmal kam sie her«, sagt er. »Aber sie blieb nicht. Sie war froh, daß ich das Boot und alles hatte, froh, daß ich aus der Wohnung war — aber sie sagte, es wäre noch zu schmerzlich für sie, mich zu sehen. Würde zu viele Erinnerungen wecken.«
    »Welche Erinnerungen?«
    Er hält sich die Sturmlaterne näher ans Gesicht, und jetzt kann ich seine Augen deutlich sehen, das Flackern darin, das vom Widerschein der Flamme noch verdoppelt wird.
    »Du weißt schon... Erinnerungen. An die Zeit, als wir zusammen waren.«
    »Nein, weiß ich nicht. Ich dachte, es wäre eine wunderbare Zeit für euch beide gewesen. Ihr hättet alle möglichen neuen Dinge über euch selbst entdeckt.«
    »Jaah. Aber dann war Schluß, und du bist Schuld.«
    »Ich nicht.«
    »Na wer denn?«
    Ich schniefe. »Hat Fran über Ben gesprochen, als sie hier war?«
    Er runzelt die Stirn: Banale Denkprozesse, wie sich an ein kürzliches Gespräch erinnern, müssen schwer sein bei dem schrecklichen Getöse in seinem Kopf.
    »Ich glaube nicht. Warum?«
    »Aber damals, als sie dich anrief, erwähnte sie ihn, du erinnerst dich doch... «
    »Ja...«
    »Ich weiß nicht. Ich mache mir irgendwie Sorgen...«
    »Was?« Plötzlich ist er hellwach und interessiert.
    »Daß er womöglich irgendwas zu ihr gesagt hat, weswegen sie nicht mehr kommen wollte.« Jetzt setze ich meine Ich-möchte-das-wirklich-gern-klären-Maske auf und gucke ihn eindringlich an. »Ich sag’s dir nur, damit du nicht denkst, ich war es, der euch beide auseinandergebracht hat.«
    Selbst im Halbdunkel kann ich sehen, daß er mir das glaubt. Typisch Psychot, zu meinen, das ganze Universum drehe sich um ihn, und er stünde im Zentrum aller Handlungen und Gedanken anderer.
    »Na gut«, sagt er. »Aber Fran ist sehr stark. Sie würde sich nicht von irgendwas abschrecken lassen, was Ben gesagt hat.«
    Ich nicke, lasse ihn den Weg allein finden, obwohl mir alle möglichen Anstöße und Andeutungen auf der Zunge liegen.
    »Außer... « sagt er.
    »Ja?«
    »Es war was zwischen ihnen.«
    Guter alter Nick. Ich meine: guter alter Nick. Irgendwo ist er immer noch da, wittert Sex in der Luft wie ein Hund im Park.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Hätte sie’s dir dann nicht erzählt?«
    Alter und neuer Nick liegen im Kampf miteinander. »Na ja... ich meine, das hätte ich selbst gemerkt. Wir waren uns so nah. Aber wenn ich drüber nachdenke...«
    »Ich glaube es einfach nicht. Also weißt du, wieso sollte er eine Frau wie Alice betrügen?«
    Er guckt trotzig auf. Die Teilchen meines Puzzles fügen sich zusammen. »Alice ist nicht Fran«, sagt er finster.
    »Das weiß ich.«
    »Gar nichts weißt du. Fran — Fran hat eine innere Schönheit, und wenn man die erst mal entdeckt, kann einem die schönste äußere Hülle gestohlen bleiben.«
    Genau wie Ben ist es ihm plötzlich wichtig, Frans Attraktivität zu verteidigen. Das Boot schwankt auf einmal stärker zu meiner Seite hin, irgendwas Hartes und Spitzes schlittert über den Boden und knallt mir gegen den Fuß. Ich bücke mich und hebe es auf: Ein Steuerrad, ein klassischer Meuterei auf der Bounty -Holzring mit Spaken.
    »Sollte das nicht irgendwo am Kahn befestigt sein?« frage ich.
    »Es ist nicht das Originalsteuer der Wanderlust«, sagt er. »Ich hab es in einem Antiquitätenladen in der Edgware Road gefunden. Wenn ich ausklamüsert- hab, wie ich es mit den Rudern verbinde, bau ich’s ein.«
    Ich lege mir das Rad auf den Schoß.
    »Sie war wirklich fertig«, sagt er dann, und sein Gesicht wird hart: »Er muß sich wie ein Schwein ihr gegenüber benommen haben.«
    »Na, er hätte sich erst gar nicht mit ihr einlassen dürfen.«
    Nicks Gedanken bewegen sich in solch weiten Schwüngen, daß ihnen mein plötzlicher Wechsel von Zweifel zu Gewißheit entgeht.
    »Genau«, sagt er und stellt die Sturmlaterne auf den Boden, aber jetzt spielt es keine Rolle mehr, ob ich seine Augen sehe: Ich habe mein Ziel erreicht. Einen Möchtegernmessias mit einer Mission zu versehen ist nicht schwer. Im Dunkeln lasse ich das Steuerrad auf meinem Schoß kreisen und überlege, ob es zu dick aufgetragen wäre, Nick an Ben und Alices Adresse zu erinnern.

    So was macht man nicht. Es ist das Schrecklichste, was ich je getan habe. Für mein Handeln kann es keine moralische Rechtfertigung geben, wenigstens
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