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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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Haut erinnert mich an Dinas, nur taucht man nicht so in sie ein. »Ich muß meinen Dolomite wieder mal in die Werkstatt hier bringen. Er stirbt einen langsamen Tod.«
    Jetzt taucht Ben hinter ihr auf, umgreift mit seiner fleischigen Hand ihre zarte Taille, so daß der Mohairpullover plötzlich die Form eines Drachens annimmt.
    »Sag bloß, du hast die Peter Houseman-Sache schon fertig?« fragt er und legt sein Kinn auf Alices linke Schulter.
    »Ja, hab ich«, sage ich und gehe zurück ans Auto, innerlich frohlockend, daß mein Besuch doch noch einen plausiblen Grund hat. Der Artikel muß irgendwo auf dem Rücksitz liegen: seit Tagen fahre ich ihn durch die Gegend und will ihn im Over The Line-Büro abgeben. Als ich die Tür aufmache und reingucke, ist zwischen den alten Zeitungen, alten Kinokarten und alten unbezahlten Rechnungen aber keine Spur davon zu entdecken.
    »Es wäre fantastisch, wenn du ihn in der nächsten Stunde finden würdest«, höre ich Bens Stimme hinter meinem in die Luft gereckten Arsch vom Bürgersteig her. »Ich muß los, ins Büro zur Redaktionssitzung, dann könnte ich ihn gleich einrichten.«
    Ich gucke durchs linke Hinterfenster meines Dolomite, und, nein, ich lächele nicht in mich hinein, aber auf meinem Gesicht spiegelt sich eine gewisse Befriedigung. Auf der anderen Straßenseite sehe ich Bens Auto, einen roten Volkswagen Polo.
    »Mußt du jetzt gleich los?« frage ich, als ob ich’s nicht wüßte. Um 19.30 heute abend sei die Sitzung, sagte die Telefonistin, als ich anrief und fragte, wann Ben ins Büro käme.
    »Ja. Wir haben noch viel zu tun.«
    »Hier ist er«, sage ich, drehe mich um und schnippe einen dreiviertel aufgegessenen Marsriegel von den zusammengehefteten DIN A4-Bögen; er hinterläßt einen braunen Schmierer auf den Worten »stiller Fleiß«.
    »Hast du Zeit für eine Tasse Tee?« ruft Alice vom Haus her.
    Ich gucke Ben an, der seine Hand nach dem Artikel ausstreckt, ein wissendes, aber liebevolles Lächeln im Gesicht: Er hat’s natürlich gemerkt, wie der Marsriegelrest in den Rinnsteinn glitt. Ben sieht erhitzt aus, wie von einem Holzfeuer, aber es ist das rötliche Sommerabendlicht, jenes Licht, in das man manchmal aufblickt und Vogelschwärme auf der Suche nach herumschwirrenden Insekten sieht. Ich winde mich aus meiner Halb-im-Auto-halb-draußen-Position hoch und reiche Ben die Seiten; und dann, aus irgendeinem Instinkt heraus, küsse ich ihn auf die Wange, obwohl ich es immer hasse, wenn er das bei mir tut. Sein Stoppelbart ist stachelig und stichelig wie Nadeln.
    »Danke«, sagt er, eher für den Artikel als den Kuß, guckt aber trotzdem ein bißchen unsicher, was er davon halten soll. Na ja, wenn er sich je vom Alten Testament entfernt...
    »Wie sieht’s aus« ruft Alice und macht die Tür weiter auf.
    »Ich glaube, fünf Minuten kann ich erübrigen«, sage ich und gehe so langsam den Gartenpfad hoch, daß ich noch höre, wie Ben über die Straße geht, die Wagentür öffnet, sie zuwirft und losfährt.

    In Ben und Alices Küche könnte man glatt in Ohnmacht fallen, so betäubend ist der Kräutergeruch. Auf unzähligen Regalen rangeln Basilikum, Thymian, Oregano, Salbei, Petersilie und süßer Majoran in einer Duftorgie um die Oberhand, und dabei sind all die anderen Gewürze noch nicht mitgezählt. Dazu ist noch jede Schublade und jede Küchenvorrichtung aus Holz, was das wie Medizin riechende Kräuteraroma aufsaugt und mit einem Zusatz von Baumduft wieder ausatmet — als wär nicht schon genug Wald hier drin. Ich frage mich, ob Alice merkt, wie nervös ich bin.
    »Alle Welt ist ja sehr angetan von deiner Kolumne«, sagt sie und drückt meinen Teebeutel mit einem Löffel an den Tassenrand. Neuerdings scheint das die Standardzeile zu sein, wenn Leute mit mir ins Gespräch kommen.
    »Wirklich?«
    »Jaah!« sagt sie, gießt einen Schuß Halbfettmilch in die Tasse und trägt sie zum Tisch, wo ich sitze und zerstreut durch den Guardian Guide und sein endloses Geschwätz über Frasier blättere. »Ben sagt, daß jede Woche Mengen Leserbriefe kommen.«
    »Aber nicht bloß lobende!« Ich mühe mich, verschämt zu lächeln, was nicht so leicht ist. Selbst zu den besten Zeiten bin ich Alice gegenüber ein bißchen befangen, aber jetzt beobachte ich jede Regung von mir.
    »Und du?« frage ich. »Woran sitzt du grade?«
    »Oh«, sagt sie und errötet leicht. »Ich hab schon seit Wochen nichts mehr für Sight and Sound geschrieben.«
    »Wirklich?«
    »Seit April nicht
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