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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post
Autoren: Terry Pratchett
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standen, der sehr unbequem werden konnte, wenn er sich plötzlich bewegte. Aber sie waren gewiss nicht so schrecklich wie der dünne, in Schwarz gekleidete Mann mit dem sorgfältig gestutzten Bart und den Händen eines Pianisten, der ihn beobachtete.
    »Soll ich dir von Engeln erzählen, Herr Lipwig?«, fragte der Patrizier freundlich. »Ich kenne zwei interessante Fakten über sie.«
    Feucht ächzte. Vorne sah er keine möglichen Fluchtwege, und er wollte nicht versuchen, sich umzudrehen. Sein Hals tat schrecklich weh.
    »Oh, ja. Du bist gehängt worden«, sagte Lord Vetinari. »Eine sehr präzise Wissenschaft, das Hängen. Herr Truper ist ein Meister. Schlupf und Dicke des Seils, ob der Knoten hier und nicht dort sitzt, das Verhältnis von Gewicht und Entfernung… Ich bin sicher, der Mann könnte ein Buch darüber schreiben. Ein halber Zoll hat dich vom Tod getrennt, wie ich hörte. Nur ein direkt neben dir stehender Fachmann hätte das bemerkt, und in diesem Fall war der Fachmann unser Freund Herr Truper. Nein, Albert Spangler ist tot, Herr Lipwig. Dreihundert Personen können schwören, dass sie gesehen haben, wie er starb.« Er beugte sich vor. »Und deshalb ist es nur angemessen, dass ich dir von Engeln erzähle.«
    Feucht brachte ein weiteres Stöhnen hervor.
    »Der erste interessante Aspekt von Engeln ist dieser, Herr Lipwig: Wenn es jemandem gelungen ist, sein Leben so sehr durcheinander zu bringen und zu ruinieren, dass der Tod der einzige Ausweg zu sein scheint, kommt es manchmal – sehr selten – vor, dass ihm ein Engel erscheint und ihm anbietet, an die Stelle zurückzukehren, bevor alles schief ging, und es diesmal richtig zu machen. Herr Lipwig, ich möchte, dass du eine Art… Engel in mir siehst.«
    Feucht starrte. Er hatte den Ruck des Seils gespürt, die Schlinge, die sich um seinen Hals zuzog! Er hatte gesehen, wie es um ihn herum dunkel geworden war! Er war gestorben!
    »Ich biete dir eine Arbeit an, Herr Lipwig. Albert Spangler ist begraben, aber Herr Lipwig hat eine Zukunft. Sie könnte natürlich sehr kurz sein, wenn er dumm ist. Eine Arbeit, Herr Lipwig. Die es dir ermöglicht, auf ehrliche Weise Geld zu verdienen. Ein Konzept, mit dem du nicht vertraut bist, wie ich sehr wohl weiß.«
    Ich kenne so was nur als eine Art Hölle, dachte Feucht.
    »Ich biete dir an, Postminister des Postamts von Ankh-Morpork zu werden.«
    Feucht starrte weiter.
    »Ich möchte hinzufügen, Herr Lipwig, dass sich hinter dir eine Tür befindet. Wenn du irgendwann während dieses Gesprächs den Wunsch verspürst zu gehen, brauchst du sie nur zu durchschreiten und wirst nie wieder etwas von mir hören.«
    Feucht legte diese Worte unter »sehr verdächtig« ab.
    »Zu deinen Aufgaben als Postminister gehört die Renovierung des Postamts, der Postzustelldienst, die Vorbereitung internationaler Pakete, die Instandhaltung aller Dinge, die dem Postamt gehören, und so weiter und so fort…«
    »Wenn du mir einen Besen in den Hintern schiebst, könnte ich vielleicht auch den Boden fegen«, sagte eine Stimme. Feucht begriff, dass es seine eigene war. In seinem Kopf herrschte Chaos. Es war ein Schock zu erfahren, dass das Leben nach dem Tod so beschaffen war.
    Lord Vetinari bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick.
    »Wenn du möchtest…«, sagte er und wandte sich an den in der Nähe wartenden Sekretär. »Drumknott, gibt es in diesem Stock einen Besenschrank?«
    »O ja, Euer Lordschaft«, erwiderte der Sekretär. »Soll ich…«
    »Es war ein Scherz!«, platzte es aus Feucht heraus.
    »Oh, entschuldige, das habe ich nicht bemerkt«, sagte Lord Vetinari und wandte sich wieder an Feucht. »Bitte gib mir Bescheid, wenn du erneut scherzen möchtest.«
    »Ich weiß nicht, was hier geschieht«, sagte Feucht, »aber ich habe nicht die geringste Ahnung vom Postdienst!«
    »Lieber Herr Lipwig, heute Morgen hattest du auch noch keine Ahnung davon, tot zu sein, und trotzdem wärst du ohne mein Eingreifen sehr gut darin«, entgegnete Lord Vetinari scharf. »Was zeigt: Man weiß es nie, bevor man es nicht ausprobiert hat.«
    »Aber als du mich verurteilt hast…«
    Vetinari hob eine blasse Hand. »Ah?«
    Feuchts Gehirn erkannte, dass hier ein wenig Arbeit geleistet werden musste, woraufhin es aktiv wurde. »Äh… als du… Albert Spangler verurteilt hast…«
    »Bravo. Ich bin ganz Ohr.«
    »… hast du ihn als geborenen Kriminellen, Betrüger durch innere Berufung, gewohnheitsmäßigen Lügner, perverses Genie und absolut nicht
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