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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post
Autoren: Terry Pratchett
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Presse da. Wer baumelt? erstattet natürlich immer Bericht, und Reporter von der Times und vom Pseudopolis-Boten, vermutlich wegen des dortigen Bankenkrachs, und ich habe gehört, dass auch jemand vom Sto-Ebene-Anzeiger gekommen ist. Hat einen guten Wirtschaftsteil – ich achte immer auf die Preise für gebrauchte Stricke. Es scheint viele Leute zu geben, die dich tot sehen wollen.«
    Feucht bemerkte eine schwarze Kutsche, die hinter der Menge hielt. Auf der Tür war kein Wappen, es sei denn, man kannte das Geheimnis: Lord Vetinaris Wappen bestand aus einem schwarzen Schild. Schwarz auf Schwarz. Man musste zugeben, der Mistkerl hatte Stil…
    »Wie? Was?«, fragte Feucht, als er angestoßen wurde.
    »Ich habe gefragt, ob du noch einige letzte Worte sprechen möchtest, Herr Spangler?«, fragte der Henker. »Das ist so üblich. Hast du dir welche überlegt?«
    »Ich habe gar nicht damit gerechnet zu sterben«, erwiderte Feucht. Und das stimmte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er die Möglichkeit des Todes nicht in Erwägung gezogen. Er war sicher gewesen, dass irgendetwas geschehen würde.
    »Nicht schlecht«, kommentierte Herr Wilkinson. »Du wirst also damit von uns scheiden.«
    Feucht kniff die Augen zusammen. Die Gardine am Kutschenfenster zitterte – die Tür der Kutsche hatte sich geöffnet. Hoffnung, der größte aller Schätze, wagte ein kleines Funkeln.
    »Nein, das sind nicht meine richtigen letzten Worte«, sagte er. »Lass mich nachdenken…«
    Eine schmächtige Gestalt, die nach einem Sekretär aussah, verließ die Kutsche.
    »Äh… mal sehen, geeignete letzte Worte… äh…« Es ergab durchaus einen Sinn. Vetinari wollte ihm einen Schrecken einjagen, so sah’s aus. Typisch für ihn, nach dem, was Feucht über ihn gehört hatte. Es wird eine Begnadigung geben!
    »Ich… äh… ich…«
    Unten fiel es dem Sekretär schwer, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen.
    »Könntest du dich vielleicht beeilen, Herr Spangler?«, fragte der Henker. »Gerechtigkeit muss sein.«
    »Ich möchte es richtig hinbekommen«, erwiderte Feucht hochmütig und beobachtete, wie der Sekretär einem großen Troll auswich.
    »Ja, aber alles hat seine Grenzen«, sagte der Henker, verärgert über diesen Verstoß gegen die Etikette. »Sonst könntest du ja, äh, Tage hier stehen. Kurz und bündig, so gehört es sich.«
    »Na schön, na schön«, sagte Spangler. »Äh… oh, sieh nur, der Mann dort! Er winkt dir zu!«
    Der Henker blickte auf den Sekretär hinab, der nach vorn drängte.
    »Ich bringe eine Nachricht von Lord Vetinari!«, rief der Mann.
    »Na bitte!«, entfuhr es Feucht.
    »Er sagt, der Tag hat längst begonnen und ihr sollt es endlich hinter euch bringen!«, rief der Sekretär.
    »Oh«, sagte Feucht und blickte zu der schwarzen Kutsche. Der verdammte Vetinari hatte auch den Humor eines Wärters.
    »Na los, Herr Spangler, du möchtest mich doch nicht in Schwierigkeiten bringen, oder?«, sagte der Henker und klopfte ihm auf die Schulter. »Nur einige Worte, und dann können wir alle unser Leben fortsetzen. Du natürlich ausgeschlossen.«
    Dies war es also. Auf sonderbare Weise fühlte es sich befreiend an. Man brauchte nicht mehr zu befürchten, dass das Schlimmste geschah, denn es geschah bereits, und es war fast vorbei. Der Wärter hatte Recht. Man musste in diesem Leben an der Ananas vorbeikommen, dachte Feucht. Sie war groß und schwer und knubbelig, aber vielleicht lagen Pfirsiche darunter. Es war ein Mythos, nach dem man leben konnte, und jetzt nützte er überhaupt nichts mehr.
    »Wenn das so ist…«, sagte Feucht von Lipwig. »Ich übergebe meine Seele dem Gott, der sie finden kann.«
    »Nett«, sagte der Henker und zog den Hebel.
    Albert Spangler starb.
    Man war allgemein der Ansicht, dass er gute letzte Worte gesprochen hatte.
     
    »Ah, Herr Lipwig«, erklang eine Stimme in der Ferne und kam dann näher. »Wie ich sehe, bist du wach. Und noch am Leben, derzeit.«
    Die besondere Betonung des letzten Wortes wies Feucht darauf hin, dass die Länge des derzeit ganz vom Sprecher abhing.
    Er öffnete die Augen und stellte fest, dass er auf einem bequemen Stuhl saß. Am Schreibtisch ihm gegenüber, die Fingerspitzen nachdenklich aneinander gepresst, saß Havelock, Lord Vetinari, unter dessen despotischer Herrschaft Ankh-Morpork zu einer Stadt geworden war, in der aus irgendeinem rätselhaften Grund alle leben wollten.
    Ein animalisches Gespür teilte Feucht mit, dass andere Leute hinter dem bequemen Stuhl
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