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6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

Titel: 6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
Autoren: Lucy Gordon
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würde sie nie vergessen. Sie hatte ihm die Hand gereicht und seinen festen Händedruck gespürt. Seine langen schlanken Finger zeugten von Kraft und Stärke, und sie fragte sich sofort, was für ein Mensch er wohl war.
    Dummerweise ging ihr Sallys Bemerkung, sie könne es sich faszinierend vorstellen, den Körper dieses Mannes mit den Händen zu erforschen, nicht aus dem Kopf. Überdeutlich verspürte sie seine Gegenwart, als er sich neben ihren Schreibtisch stellte, wo ihr Blindenhund, ein heller Labrador, lag. Wicksy war ein gut erzogener, friedlicher Hund. Francescos Streicheleinheiten nahm er gelassen hin und revanchierte sich, indem er freundlich mit dem Schwanz wedelte, ehe er sich anscheinend völlig entspannt wieder hinlegte … Doch der Schein trog, Wicksy beobachtete den Fremden aufmerksam. Nachdem Francesco sich neben Celia gesetzt hatte, nahm sie den dezenten, leicht herben Duft seines Aftershaves wahr. Irgendwie versprach dieser Duft Wärme und Lebendigkeit. Sie war verlockt, aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und zu schauen, wohin diese Begegnung führte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie freundlich.
    Er erklärte, er sei Mitinhaber von Tallis Inc., einem Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Luxusmöbeln spezialisiert hatte und sich dank der guten Umsätze vergrößern und europaweit tätig werden wollte.
    „Deshalb brauchen wir eine renommierte PR-Firma, mit der wir eng zusammenarbeiten möchten“, fuhr er fort. „Die Agentur, die bisher für uns tätig war, hat Insolvenz angemeldet. Man hat mir Ihre Firma empfohlen und geraten, mit Ihnen persönlich zu sprechen. Sie seien die Beste auf dem Gebiet der Public Relations und des Change Managements.“
    Höflich wie er war, bemühte er sich, seine Überraschung zu verbergen, was ihm jedoch nicht ganz gelang, denn seine Stimme verriet die Irritation.
    „Und jetzt fragen Sie sich, warum man Ihnen verschwiegen hat, dass ich blind bin, stimmt’s?“, sagte sie und lachte unbekümmert, als sie seine Verblüffung spürte.
    „Nein, das habe ich nicht gedacht“, beeilte er sich, ihr zu versichern.
    „Doch, das haben Sie, geben Sie es ruhig zu. Ich kenne das, es passiert immer wieder. Ich weiß, was in den Menschen vorgeht, wenn sie keine Ahnung haben, was sie erwartet.“
    „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ Sie hörte an seiner Tonlage, dass er lächelte.
    „Sie haben sich gefragt: ‚Wie, zum Teufel, konnte ich in so etwas hineingeraten, und wie komme ich einigermaßen anständig wieder aus der Sache heraus?‘“
    Es fiel ihr leicht, die Gedanken anderer zu lesen, doch meistens behielt sie ihr Wissen für sich, denn oft fühlten sich ihre Gesprächspartner dann unbehaglich oder waren peinlich berührt.
    Francesco hingegen reagierte ganz anders. Er nahm ihre Hand und drückte sie fest. „Nein, das habe ich bestimmt nicht gedacht. Mir ist etwas ganz anderes durch den Kopf gegangen.“
    Sie meinte zu spüren, was er dachte, und gestand sich ein, dass auch er ihr nicht gleichgültig war. Eigentlich müsste ich schockiert sein, dass ich etwas für einen Mann empfinde, den ich gerade erst

kennengelernt habe, überlegte sie. Aber etwas in ihr schien sie zum Abenteuer zu drängen, wobei eine sehr viel leisere innere Stimme sie gleichzeitig zur Vorsicht mahnte. Doch sie hatte Übung darin, diese Stimme großzügig zu ignorieren.
    Jetzt musste sie sich aber zusammennehmen und sich korrekt verhalten. Deshalb erklärte sie ihm ihre Arbeitsweise und die technischen Hilfsmittel, die es ihr ermöglichten, als Blinde professionell zu arbeiten. „Ich spreche mit dem Computer und er mit mir“, erklärte Celia. „Zusätzlich habe ich ein spezielles Telefon und einige andere technische Raffinessen.“
    Francesco hörte aufmerksam zu, und innerhalb weniger Minuten hatte er sie in eine lebhafte Diskussion über Fachfragen verwickelt. Später lud er sie zum Mittagessen in ein kleines Restaurant in der Nähe ein. Alle Informationen, die sie von ihm über seine Firma erhielt, gab sie stichwortartig in ihren Laptop ein. Nach dem Kaffee begleitete er sie zum Büro zurück. Ihrem Hund zuliebe machten sie einen Umweg durch den Park, damit er sich austoben konnte.
    „Läuft irgendwo jemand herum, den ich vielleicht treffen könnte?“, fragte sie und zog einen Ball aus der Tasche.
    Francesco versicherte ihr, weit und breit sei kein Mensch zu sehen. Doch augenblicklich bereute er seinen Leichtsinn, denn er hatte nicht geahnt, mit wie viel Kraft
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