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6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

Titel: 6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
Autoren: Lucy Gordon
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spürte, empfand sie als schön, vor allem die Freiheit.
    „Ich komme allein zurecht“, fügte sie hinzu, und sofort ließ Fiona sie los.
    Da sie mit einer reißfesten Leine gesichert war, die Ken von Bord des Schiffes aus kontrollierte, war sie nicht völlig frei. Sie konnte sich jedoch darauf verlassen, dass er ihr so viel Spielraum wie möglich gewährte und ihr die Illusion der Freiheit nicht raubte. Francesco hätte viel von ihm lernen können, aber dann hätte er zugeben müssen, dass er Fehler machte. Und das war undenkbar.
    Mit den Schwimmflossen an den Füßen konnte sie sich mit kräftigen Stößen durch das Wasser bewegen. Sie befand sich im Einklang mit sich selbst und der Welt hier unten und genoss jeden Augenblick dieses Abenteuers.
    „Ohhhhhh!“, rief sie glücklich aus.
    „Celia?“, fragte Ken beunruhigt.
    „Keine Sorge, ich bin nur begeistert.“
    „Keine besonderen Vorkommnisse?“
    „Nein. Ohhhhhh!“
    „Lass das bitte sein, sonst platzt mein Trommelfell!“
    „Okay“, lachte sie. „Auf wie viel Metern Tiefe bin ich?“
    „Ungefähr zwanzig.“
    „Dann lass mich noch einmal zwanzig Meter hinunter.“
    „Zehn, mehr ist zu gefährlich.“
    „Fünfzehn“, bettelte sie.
    „Nein, zehn Meter“, erklärte er unnachgiebig. Dann löste er die Leine, und Celia tauchte noch tiefer ein in diese Welt voller Wunder.
    Auch damals, als sie Francesco kennengelernt hatte, hatte sie geglaubt, die Welt sei voller Wunder. Er hatte die Büroräume betreten und sich mit der Kollegin am Empfang unterhalten. Celia war aufmerksam geworden, als ihre junge Assistentin Sally leise „Oh!“ gesagt hatte.
    „Du scheinst beeindruckt zu sein“, meinte Celia lachend. „Wie sieht er aus?“
    „Er ist groß, hat leicht gewelltes schwarzes Haar und tiefblaue Augen. Ich schätze ihn auf Ende dreißig. Er trägt einen eleganten Designeranzug, und seine Bewegungen wirken leicht und geschmeidig.“
    „Du scheinst dich ja mit Designeranzügen auszukennen …“
    „Ja. Dafür habe ich einen guten Blick. Er hat bestimmt ein kleines Vermögen gekostet. Vielleicht ist er auch maßgeschneidert, er sitzt jedenfalls absolut perfekt. Dieser Mann hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Als ob er davon überzeugt wäre, ihm gehöre die Welt und er könne alles haben, was er wolle. Als brauche er auf nichts und niemanden Rücksicht zu nehmen.“
    „Du hast ihn dir wirklich sehr genau angeschaut!“
    „Klar, ich will dir doch eine genaue Beschreibung geben. Und übrigens, er hat diesen ganz
    besonderen Blick, den man sonst nur bei Filmstars sieht – oh, entschuldige, ich hatte ganz vergessen, dass du – … Es tut mir leid.“
    „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin sogar froh, dass du es manchmal vergisst, denn das bedeutet, dass ich für dich ein völlig normaler Mensch bin wie jeder andere auch. Aber da ich von Geburt an blind bin, kann ich mir nichts bildlich vorstellen, weder Farben noch Formen und menschliche Gestalten. Ich muss alles erfühlen oder ertasten.“

„Ich könnte es mir faszinierend vorstellen, den Körper dieses Mannes mit den Händen zu
    erforschen“, ließ Sally ihrer Fantasie prompt freien Lauf, und Celia brach in übermütiges Lachen aus. „Vorsicht, er blickt zu uns herüber“, warnte Sally sie. „Jetzt kommt er auf uns zu.“
    Dann ertönte eine tiefe männliche Stimme mit einem leichten italienischen Akzent. „Guten Morgen. Ich bin Francesco Rinucci und möchte zu Celia Ryland.“
    Beim Klang seiner Stimme machte sie sich ihr eigenes Bild von ihm, das sich von Sallys Beschreibung deutlich unterschied. Er schien zum Beispiel ein ausgesprochen höflicher Mensch zu sein. Doch in einem Punkt musste sie Sally recht gegeben: Er glaubte offenbar, er könne alles haben, was er wollte.
    Während sie durch die stille Wasserwelt schwamm, erinnerte sie sich mit fast schmerzlicher Intensität an die letzten Wochen. Fünf Monate lang hatte sie ihn leidenschaftlich geliebt, sie hatten gestritten, sich bekämpft, sich wieder versöhnt. Und schließlich war ihr klar geworden, dass sie sich von ihm trennen musste, wenn sie die Kontrolle über ihr Leben nicht verlieren wollte.
    So viel war geschehen in diesen wenigen Monaten. Sie hatte unendlich Schönes erlebt, aber auch viele bittere Stunden waren dabei gewesen. Manchmal hatte sie sogar bereut, ihm jemals begegnet zu sein. Zugleich war sie dankbar dafür, wenigstens für eine gewisse Zeit mit ihm zusammen sein zu können.
    Die erste Begegnung
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