Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ihn, den Lasso zu gebrauchen.“
    „Nicht möglich! Einen fünfjährigen Knaben!“
    „Und doch. Ich habe ihm einen Lasso gefertigt, fünfzehn Fuß lang und vierfach geflochten. Er gebraucht ihn bereits ziemlich gut.“
    „Gegen wen?“
    „Gegen die Hunde und Ziegen, sowie gegen sein kleines Pony, das zwar nicht die Kraft hat, wie größere Tiere.“
    „Das möchte man einmal sehen“, sagte die Großherzogin. 
    „O, das ist nichts“, fiel Kurt ein. „Hoheit müssen den Onkel Sternau sehen, wenn er eine Stunde gibt. Schieße ich fünfzig Schritte weit, so nimmt er dreihundert; reite ich über einen Baumstamm, so sprengt er über eine Mauer; fange ich mit dem Lasso eine Ziege, so reißt er ein Pferd nieder. Er schießt von vier Steinen, die ich empor werfe, zwei mit einem Schuß herab, und jeden Stein, jede Kugel, die ich werfe, trifft er im raschesten Galopp. Das ist der richtige Held! Aber ich lerne es auch noch!“
    Kurts Wangen glühten, und er sah dabei so hübsch aus, daß ihn die Großherzogin streichelte. Der Großherzog aber sagte:
    „Dann wundere ich mich nicht mehr, daß du Wölfe schießt. Ist der Wolf noch zu sehen?“
    „Ja“, erwiderte Kurt. „Er liegt im Holzstall.“
    „Und der Luchs?“
    „Der liegt auch noch drüben, nackt, ohne Haut.“
    „So werden sie nachher in Augenschein genommen. Also auch fechten kannst du, und mit allen Waffen?“
    „Ja, Hoheit!“
    „Wer war denn dein Lehrer?“
    „Der Herr Hauptmann. Und jetzt lerne ich gar noch boxen vom Onkel Sternau.“
    „Das geht ja nicht, du bist klein und er so groß.“
    „Ach, das wird anders gemacht! Es muß ein Junge aus dem Dorf her, den nehme ich; der Onkel nimmt den Ludewig; diese beiden machen es vor, und wir machen es nach.“
    „Ach so! Und wer bekommt da die Hiebe?“
    „Der Junge und der Ludewig. Dann ruft er immer: ‚Gottstrampach dahier!‘ Es ist das ein sehr lustiger Unterricht!“
    „Das glaube ich“, lachte der Großherzog. „Also auch ein Reiter bist du?“
    „O, nur ein Ponyreiter; aber man hat dennoch Respekt vor mir.“
    „So wirst du uns nachher etwas vorreiten.“
    „Sehr gern.“
    „Und wie steht es mit den Sprachen? Du sprichst französisch?“
    „Ja. Wir könnten jetzt ja französisch oder englisch sprechen, Hoheit. Mir ist's egal.“
    „Du Tausendsassa! Aber wir wollen doch beim Deutschen bleiben. Wer hat dich in diesen Sprachen unterrichtet?“
    „Der Herr Hauptmann und Frau Sternau. Jetzt aber habe ich noch einen anderen Lehrer, den Tombi, er ist ein Waldhüter, eigentlich ein Zigeuner.“
    „Welche Sprache lernst du von ihm?“
    „Das sagt er noch nicht; aber ich habe ihn überlistet und einmal nachgeschlagen. Man liest verkehrt, nämlich von rechts nach links; es wird wohl Arabisch sein, oder Malaiisch.“
    „Davon weiß ich ja noch gar nichts!“ sagte Sternau.
    „Ach, ich soll es geheim halten, denn Tombi denkt, der Herr Hauptmann räsoniert darüber.“
    „Aber warum lehrt er es dich?“
    „Er sagt, ich könne es einmal gebrauchen, und er will in der Übung bleiben.“
    „So wird es wohl die Zigeunersprache sein. Die sollst du allerdings nicht lernen.“
    „Zigeunerisch ist es nicht, nein! Die Zigeuner beten doch nicht!“
    „Ah, er lehrt dich Gebete?“
    „Ja. Alle meine Sprüche, Lieder und Gebete übersetzt er mir. Onkel, nicht wahr, du verstehst Arabisch?“
    „Ja.“
    „Nun, so kannst du gleich einmal sehen, ob es vielleicht Arabisch ist. Soll ich dir einmal den Anfang des Vaterunser sagen?“
    „Ja. Arabisch heißt er: ‚Ja abana 'Iledsi fi 's-semavati jata-kaddeso 'smoka.‘„
    „Nein, das ist es nicht; der meinige lautet: ‚Bapa kami jang ada de surga, kuduslah kiranja namamu‘ –“
    „Was? Woher hat der Waldhüter diese seltene Sprache? Es ist Malaiisch.“
    „Malaiisch?“ fragte der Großherzog. „Ein deutscher Waldhüter und Malaiisch! Wie es scheint, sind hier auf Rheinswalden lauter außerordentliche Menschen zu finden.“
    „Er ist in der Malaiensee gewesen“, entgegnete der Knabe. „Er hat mir von Borneo und Timur und Célebes erzählt.“
    „Dann muß ich mit ihm hierüber sprechen.“
    „Also, Onkel Sternau, darf ich diese Sprache weiter lernen?“
    „Jawohl, in Gottes Namen. Auch ich kann einiges davon; ich werde mittun.“
    „Außerordentlich“, meinte die Großherzogin. „Man sieht, daß man Veranlassung hat, zum öfteren nach Rheinswalden zu kommen.“
    „Ja, ja, kommen Sie!“ rief Kurt freudig.
    „Ah, warum sagst du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher