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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
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das?“ fragte sie freundlich.
    „Weil ich Sie lieb habe.“
    Da beugte sich die Großherzogin über den Knaben und fragte:
    „Und warum bist du mir gut, Kurt?“
    „Weil Sie so gute Augen haben.“
    „Also du fürchtest dich nicht vor mir?“
    „Nein. Warum sollte ich mich fürchten?“
    „Weil – nun, weil ich eine Fürstin, eine Großherzogin bin“, lächelte sie.
    „Darum? O nein“, sagte er. „Ist denn eine Großherzogin so etwas Schreckliches? Wie kann ich mich vor Ihnen fürchten, wenn ich mich nicht vor dem Luchs gefürchtet habe.“
    Die Hofdamen wurden verlegen. Dieser Verstoß war zu groß, als daß nach ihrer Meinung die Großherzogin ihn ruhig hinnehmen konnte; diese aber dachte anders als ihre Damen. Sie nickte gütig und entgegnete:
    „Du hast recht, mein Sohn. Auch eine Fürstin braucht Liebe; man soll sie ehren, aber man soll sie nicht fürchten. Nun aber magst du uns einmal deine Künste zeigen.“
    „Nicht erst den Wolf und den Luchs?“
    „Ja, auch so ist es uns recht. Komm.“
    Die schöne Frau nahm Kurt bei der Hand, und nun spazierten sämtliche Herrschaften hinüber nach dem Vorwerk, um die beiden Tiere zu besichtigen, die man ihrer Seltenheit wegen noch gar nicht aufgerissen hatte. In der jetzt herrschenden Kälte waren sie gefroren und boten also nichts Widerliches. Der Großherzog untersuchte die Schüsse mit eigenen Händen.
    „Und das bist du wirklich gewesen?“ fragte er erstaunt.
    „Ja“, antwortete der Kleine.
    „Und niemand war bei dir?“
    „Kein Mensch.“
    „Kind, so bist du ein Liebling der Vorsehung. Sie muß dich zu Ungewöhnlichem bestimmt haben. Sei immer brav und gut und hüte dich vor allem Unrecht!“
    „Das werde ich“, erwiderte Kurt sehr ernsthaft. „Aber nun darf ich wohl mein Pony und meine Waffen holen?“
    „Tue das“, sagte der Hauptmann. „Die Herrschaften werden aus den Fenstern zusehen.“
    „Und“, wandte sich die Großherzogin zu Sternau, „werden auch Sie uns eine Ihrer ritterlichen Künste zeigen?“
    Über Sternaus Stirn legte sich eine leise Falte; es widerstrebte ihm, als Kunstreiter oder Kunstschütze aufzutreten. Die hohe Dame bemerkte es und fügte hinzu:
    „Wir haben noch nie einen Lasso gesehen. Bitte, Herr Doktor.“
    Da glättete sich die Falte, und Sternau machte eine zustimmende Verbeugung und sagte:
    „Ich stelle mich zur Verfügung.“
    „Ja, Onkel Sternau, Sie müssen mittun“, rief Kurt. „Dann habe ich auch mehr Lust, und es geht weit besser.“
    Der Schloßhof war groß genug zu den beabsichtigten Experimenten. Der Kälte wegen gingen die Damen in den Saal, durch dessen Fenster sie alles sehen konnten; die Herren aber blieben erwartungsvoll im Freien stehen.
    Sternau war schnell nach seiner Wohnung gegangen. Nach einiger Zeit kam er wieder herab. Man kannte ihn kaum wieder. Er trug ein wildledernes Jagdhemd und ebensolche Hosen, lange, schwere Trapperstiefel und einen breitrandigen Filzhut. In seinem Gürtel staken zwei Revolver, ein Bowiemesser und ein Tomahawk; über seinem Rücken hingen zwei Gewehre, und um die Hüfte hatte er einen Lasso geschlungen, an dem noch eine südamerikanische Bola hing.
    „Ah, ein Präriejäger!“ rief der Großherzog, ganz enthusiasmiert.
    Auch die anderen Herren stießen sich leise an. Der Anblick dieses Mannes war verheißungsvoll.
    „Allerdings, ein Präriejäger“, erwiderte Sternau lächelnd. „Ich bin kein Künstler, sondern ein einfacher Savannenläufer; aber vielleicht gelingt es mir, den Herrschaften ein Bild des dortigen Kampflebens zu geben. Da kommt Kurt.“
    Der Knabe kam jetzt in den Hof hinein geritten, ohne Sattel, nur mit einem einfachen Zaum. Er hatte seine grüne Kleidung abgelegt und trug einen Anzug, der ganz demjenigen Sternaus glich. Seine Doppelflinte hing ihm über der Schulter.
    „Was tun wir zuerst, Onkel Sternau?“ fragte er.
    „Wir machen den Lasso.“
    „Gut. Ludewig, laß einmal den Ziegenbock heraus.“
    Der Jägerbursche ging sofort nach dem Stall und lockte einen großen, ungewöhnlich starken Bock heraus, der beim Anblick des Ponys sich sofort in kampfbereite Positur stellte.
    Sternau stand an der Seite des Großherzogs.
    „Hoheit werden nur Kindliches sehen“, sagte er. „Von einem fünfjährigen Knaben geleistet, ist es jedoch immerhin interessant.“
    „Keine Sorge“, antwortete der Fürst. „Wir sind alle außerordentlich gespannt.“
    „Soll ich?“ fragte Kurt.
    „Ja, fang an“, rief der Hauptmann.
    Der Knabe band
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