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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
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Kurt, indem er die hellen, klugen Augen fest auf seinen Landesvater richtete.
    „Wie heißt du?“ fragte dieser.
    „Kurt Helmers. Helmers von meinem Papa und Kurt von dem Herrn Hauptmann, der mein Pate ist.“
    „Schön, das ist deutlich! Wie alt bist du?“
    „Fünf und ein Viertel.“
    „Was ist dein Vater?“
    „Seemann.“
    „Wo ist er?“
    „Er war Steuermann auf der Jeffrouw Mietje, jetzt aber ist er zu Hause, hier auf Rheinswalden.“
    „Was willst du einmal werden?“
    „Hoheit, ein tüchtiger Kerl!“
    Bei dieser Antwort kniff Kurt die Lippen so energisch zusammen, daß man es ihm ansah, es sei sein voller Ernst.
    „Das ist brav von dir! Aber ich meine, welchen Stand du dir wählen wirst.“
    „Das verstehe ich nicht; das überlasse ich Papa und dem Herrn Hauptmann, vielleicht auch dem Herrn Doktor Sternau.“
    „Warum diesen dreien?“
    „Sie sind gescheiter als ich und wissen es besser, wozu ich tauge.“
    Der Großherzog nickte wohlgefällig, sagte aber doch:
    „So hast du also keine Vorliebe für irgend einen Stand?“
    „O doch! Ich will etwas werden, was recht schwer ist, wo man recht viel zu lernen hat, und wo man recht kämpfen muß. Ein Jäger, ein Seemann oder ein Soldat.“
    „Das gefällt mir. Lernst du gern? Zähle einmal auf. Lesen?“
    „Hm“, entgegnete Kurt stolz, „das rechnet man nicht! Lesen und Schreiben und so weiter kann jeder Gänsebube. Ich kann Englisch und Französisch; ich muß zeichnen und vieles andere tun, was mich der Herr Hauptmann lehrt. Sodann kann ich schießen, reiten, fechten, schwimmen, turnen, na, das ist alles ja nicht schwer.“
    „Du bist ein Hauptkerl. Was hast du denn schon geschossen? Scheibe?“
    Diese Frage war in einem ein wenig spöttischen Ton ausgesprochen, aber der Knabe antwortete ganz ruhig:
    „Ja, Scheibe; erst feste und nachher Schwingscheibe, sodann Steine, die man in die Luft warf.“
    „Nachher? Einen Hasen etwa schon?“
    „Ja, Hasen, in diesem Winter bereits einige hundert.“
    „Auch bereits anderes Wild?“
    „Ja.“
    „Und wie war es mit dem Wolf?“
    „O, das war sehr einfach: ich sah ihn, und da schoß ich ihn nieder. Was kann man weiter tun!“
    „So, so. Hattest du keine Furcht?“
    Der Knabe sah den Großherzog groß an.
    „Furcht? Vor wem denn? Vor dem Wolf? Der hat sich doch vor mir zu fürchten, vor mir und vor meiner Büchse!“
    „Ah so! Aber der Luchs?“
    „Das war ebenso; doch er hat zwei Kugeln erfordert.“
    „Und auch den hast du nicht gefürchtet?“
    „Nein; ich war dumm; ich dachte erst, es sei eine Wildkatze; ich hatte die Ohrpinsel nicht bemerkt.“
    Der fünfjährige Bub sprach so furchtlos und verständig, daß die Hoheiten sich förmlich verwunderten. Die Großherzogin legte ihm die feine Hand auf den Kopf und zog ihn zu sich heran.
    „Hast du denn deine Mama noch?“ fragte sie.
    „Jawohl“, beteuerte er.
    „Und hast du sie lieb?“
    „Gar sehr!“
    „Hast du denn nicht an sie gedacht, als der Wolf vor dir stand?“
    „Nein“, sagte er ehrlich.
    „Das ist unrecht von dir, mein Sohn.“
    „Unrecht?“ fragte er. „Warum?“
    „Denke nur an die Tränen deiner Mutter, wenn dich der Wolf oder der Luchs getötet hätte!“
    „Ja“, gab Kurt zu, „da hätte sie sehr viel geweint, denn sie hat mich lieb. Aber meine Mama geht doch auch in den Wald. –“
    „Was willst du damit sagen, Kind?“
    „Wenn nun der Wolf oder der Luchs die Mama getötet hätte? War es da nicht besser, ich ging hinaus und schoß das Viehzeug nieder?“
    Die Großherzogin fühlte sich überrumpelt und geschlagen. Sie lächelte und antwortete:
    „Du sprichst richtig wie ein Held!“
    „Ach, Hoheit, ich bin kein Held! Wenn Sie einen Helden sehen wollen, so müssen Sie hier meinen Onkel Sternau ansehen, der ist in Amerika und Afrika gewesen, sogar in Asien. Da hat er Löwen, Panther, Tiger und Elefanten gejagt; da hat er auch mit wilden Menschen gekämpft. Was bin ich da gegen ihn. Ein dummes Kind!“
    „Ah“, sagte der Großherzog, „das haben wir nicht gewußt. Sie waren in Amerika, Herr Doktor?“
    „Allerdings“, antwortete Sternau
    „Und im Orient?“
    „Einige Jahre.“
    „Und haben wirklich diese Tiere gejagt?“
    „Nebenbei. Der Hauptzweck meiner Wanderungen waren natürlich die Studien.“
    „Dann werden wir gewiß bald Gelegenheit suchen, uns von Ihnen erzählen zu lassen. Dieser Kleine profitiert gewiß auch von Ihren Erfahrungen.“
    „Einigermaßen. Jetzt zum Beispiel lehre ich
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