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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
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ging von Mund zu Mund, der Arzt hatte auf alle, besonders aber auf die Damen, einen bedeutenden Eindruck gemacht. Nun war man desto neugieriger auf die Gräfin, der man den Vater geraubt und sie selbst dann wahnsinnig gemacht hatte, so daß sie nur von einem Arzt wie Sternau hatte gerettet werden können.
    Während dieser leisen Unterhaltung hatte sich der Großherzog an den Herrn gewandt, der jene Äußerung bei Sternaus Anblick getan hatte.
    „Es entschlüpften Ihnen vorhin einige Worte, Exzellenz –?“ fragte er so, daß es nur die Großherzogin hören konnte.
    “In einer wirklichen Überraschung, Hoheit.“
    „Sie nannten einen hohen Namen.“
    „Den des Herzogs von Olsunna.“
    „Was hat es für eine Bewandtnis damit?“
    „Dieser Doktor Sternau gleicht dem Herzog so, daß ich fast erschrocken war.“
    „Zufall.“
    „Hm.“
    Der Mann machte bei diesem Laut ein so eigentümliches Gesicht, daß der Großherzog aufmerksam wurde.
    „Was meinen Sie?“ fragte er.
    „Ich dachte soeben an einige Eigentümlichkeiten.“
    „Die man erfahren darf?“
    „Nur Hoheit gegenüber spreche ich davon. Haben Hoheit die zwei kleinen Male bemerkt, die der Doktor im Gesicht hat?“
    „Auf der Stirn und an der linken Wange?“
    „Ja, sie sind nicht auffällig, sie geben den Zügen eher etwas Pikantes.“
    „Was ist's mit ihnen?“
    „Dieselben Male hatte der Herzog ganz an derselben Stelle.“
    „Ah, das könnte allerdings aufmerksam machen.“
    „Ferner ist Madame Sternau, die die Honneurs von Schloß Rheinswalden macht.“
    „Sie ist hier?“ unterbrach ihn der Fürst.
    „Sie und ihre Tochter. Sie war als Gouvernante in Spanien, und zwar auch kurze Zeit bei dem Herzog von Olsunna als Erzieherin von dessen Tochter.“
    „Das ist allerdings sehr auffällig.“
    „Sie ging ungewöhnlich schnell ab und verließ Spanien. Es mußte irgend eine Szene gegeben haben. Ich kenne das, da ich gerade zu jener Zeit bei der Gesandtschaft war und ihren Paß in die Hand bekam.“
    „Stimmt das Alter des Arztes mit der Zeit?“
    „Ja, und noch mehr: Ich habe diesen Doktor Sternau schon früher gesehen.“
    „Ah!“
    „Als Kind, ganz zufällig. Das war bei einem Verwandten der Frau Sternau, einem gewissen Wilhelmi, dessen Sohn jetzt in Genheim Lehrer ist. Ich rechnete bereits damals nach und kam zu dem überraschenden Resultat, das Ew. Hoheit jedenfalls vermuten werden.“
    „Eigentümlich, sehr eigentümlich.“
    Die Großherzogin hatte alles gehört.
    „Man wird sich für diesen Arzt wirklich interessieren müssen!“ meinte sie, und lächelnd fügte sie hinzu: „Er hat wirklich so etwas – hm, so etwas ‚Herzogliches‘ an sich.“
    „Gewiß!“ stimmte ihr der Herzog bei.
    Eine weitere Bemerkung konnte er nicht machen, denn es öffnete sich soeben die Tür, und Rosa trat am Arm Sternaus ein.
    In einer anderen Versammlung wäre ein hörbares ‚Ah!‘ der Bewunderung durch den Saal gegangen, diese Hofleute aber waren es gewöhnt, sich zu beherrschen, und doch rückte hier und da ein Stuhl, man hörte das leise Scharren eines Fußes oder das Rauschen eines seidenen Kleides, das durch eine Bewegung der Überraschung hervorgebracht worden war.
    Und schön war sie, unendlich schön, so schön, daß sich keine der anwesenden Damen nur im entferntesten mit ihr hätte messen können. Und wie einfach ging sie! Sie trug nichts als ein Kleid von weißem Alpacca, eine Rose im Haar und zwei Nelken am Busen. Es war, als ob die Schönheit sich verkörpert habe und nun hier eintrete, um die Herren in Entzücken und die Damen in bitteren Neid zu versetzen.
    Auch bei ihrem Eintritt erhoben sich alle. Die Großherzogin aber ging ihr einige Schritte entgegen und reichte ihr die Hand. Rosa beugte sich mit vornehmstem Anstand auf dieselbe nieder, und als sie den schönen Kopf wieder erhob, senkte sich der vorhin so stolze, königliche Blick so innig bittend und vertrauend in das Auge der Fürstin, daß diese ergriffen wurde und sofort fühlte, daß sie diesem schönen Geschöpf eine Beschützerin sein werde.
    „Gräfin Rosa de Rodriganda y Sevilla!“ sagte Sternau laut.
    Dann trat er einen Schritt zurück.
    „Erlaucht“, wandte sich jetzt die Großherzogin an Rosa, „ich heiße Sie willkommen in unserem Land und empfehle Sie hiermit der Gewogenheit Seiner Hoheit.“
    Der Großherzog neigte gütig den Kopf und erwiderte:
    „Wenn Sie es gestatten, Erlaucht, werden wir Ihnen gern mit unseren Kräften zur Verfügung stehen. Man
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