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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
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wird Sie veranlassen, sich den Kreisen unseres Hofes nicht länger zu entziehen.“
    „Ich danke, Hoheit, danke von ganzem Herzen“, sagte Rosa, „aber gestatten Sie mir noch länger, mich in der Einsamkeit dem Andenken von Ereignissen zu widmen, die mein ganzes Leben umgestaltet haben. Mein Herz schätzt Ihre Freundlichkeit und findet sie unendlich wertvoll für ein verwaistes Leben; aber ich habe noch stillen Abschluß zu halten mit allem, was hinter mir begraben wurde.“
    „Was aber doch wieder auferstehen soll!“ versetzte die Großherzogin.
    „O, wo gibt es einen Christus, der hier sprechen kann: Jüngling, ich sage dir, stehe auf!“
    Da entgegnete der Großherzog:
    „Erlaucht, wir sind keine Erlöser, Propheten und Wundertäter, doch wenn es möglich wäre, ein Wort zu sprechen, das imstande ist, eine der gestorbenen Hoffnungen wieder aufzuwecken, so werden wir dieses Wort sicher und von Herzen gern sprechen. Wir wollen Sie Ihrer Einsamkeit, die Ihnen vielleicht wohltut und Ihrer Seele den Frieden bringt, nicht entreißen, aber sollten Sie einmal unseres Wortes bedürfen, so hoffen wir bestimmt, daß Sie uns dann nicht vergessen haben. Lassen Sie uns Platz nehmen. Bitte, Erlaucht, an meine Seite! Und Sie, Herr Doktor, nehmen Sie neben Ihrer Königlichen Hoheit Platz. Sie sollen uns erzählen von dem schönen Land der Kastanien.“
    Die beiden Verlobten erhielten also die Ehrenplätze neben den Hoheiten. Und nun begann die Aufgabe des Hauptmanns, sich als Wirt zu zeigen.
    Es gelang ihm vortrefflich. Das Mahl hatte in allen seinen Gängen den Beifall der Herrschaften, und der Wein, der so lange unberührt im dunklen Schloßkeller gelegen hatte, war so gut, daß am Ende der Tafel eine fast animierte Stimmung herrschte.
    „Rodenstein“, sagte da der Großherzog, „treten Sie einmal näher!“
    Der Oberförster folgte dem Befehl.
    „Wie lange dienen Sie bereits?“
    „Vierunddreißig Jahre.“
    „Und haben es noch zu nichts gebracht?“
    „Zu nichts, Hoheit? Hm, ich dachte, ich wäre doch bereits etwas!“
    „Ja, aber es ist ein Unterschied zwischen etwas sein und etwas haben.“
    „Hm!“
    Der Hauptmann wußte gar nicht, wo hinaus der Großherzog wollte; dieser aber fuhr fort:
    „Da Sie nach Ihrer Meinung etwas sind, so sollen Sie heute auch etwas dazu haben. Treten Sie noch näher. Exzellenz, geben Sie her!“
    Die alte Exzellenz, die vorhin von dem Herzog von Olsunna gesprochen hatte, griff in die Tasche und zog ein zierlich gearbeitetes Etui hervor. Der Großherzog öffnete es und entnahm ihm den hohen Ludwigsorden, den er dem Hauptmann an die Brust heftete.
    Dieser wußte gar nicht, wie ihm geschah. Er wurde bald bleich, bald rot; seine Lippen zitterten, und der Atem ging ihm schwer.
    „Die soll Ihnen ein Zeichen unserer außerordentlichen Huld und Gewogenheit sein“, sagte der Großherzog. „Tragen Sie ihn heute, uns allen zur Freude. Das Übrige werden wir noch verfügen.“
    Da endlich kam dem Hauptmann die Sprache wieder:
    „Königliche Hoheit – Sapperlot – das ist ja – o heiliges – na, so eine Überraschung! Das habe ich ja gar nicht verdient!“
    „Ob Sie diese Auszeichnung verdient haben, das zu ermessen, kommt Uns allein zu. Jetzt aber lassen Sie einmal Ihren kleinen Nimrod kommen.“
    Rodenstein winkte einem seiner Burschen, und dieser ging, den Befehl des Großherzogs auszurichten, der weiter fragte:
    „Wie alt ist er? In Ihrer Zuschrift stand fünf Jahre.“
    „Und einige Monate“, entgegnete Rodenstein.
    „Also ein Knabe, der noch nicht schulpflichtig ist, schießt einen Wolf, sogar einen Luchs? Das ist unglaublich!“
    „Der Junge ist ein Mirakel, Hoheit!“
    „Das muß so sein, wenn hier nicht ein Irrtum vorliegt. Was meinen Sie, Herr Doktor?“
    Sternau antwortete: „Der Knabe hat beide Tiere ganz gewiß geschossen, Hoheit. Auch ich würde es nicht glauben, aber ich kenne ihn. Er würde ebenso ruhig auf einen Elefanten anlegen wie auf einen Hasen. Er hat bereits einmal in meiner Gegenwart einen wütenden Eber erlegt, der Gräfin Rodriganda in Lebensgefahr brachte.“
    „So bin ich allerdings begierig, den kleinen Helden zu sehen.“
    Jetzt trat Kurt ein. Man hatte ihm gesagt, wie er sich zu benehmen habe. Er machte seine Sache ganz vortrefflich, er kam in kerzengerader Haltung furchtlos hereinmarschiert, stellte sich in Achtung vor dem Großherzog und machte sein Honneur.
    „Ah, da bist du ja!“ sagte der Fürst.
    „Hoheit haben befohlen!“ meinte
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