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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
Autoren: Karl May
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warm gewordene Pony in den Stall führte.
    „Und Sie, Herr Doktor“, fragte der Fürst, „auch Sie haben Ihren Lasso mit? Ah, was ist denn das?“
    Er deutete nach dem dreistrahligen Riemenstern, der an Sternaus Lasso hing.
    „Das ist eine Bola.“
    „Ah, davon habe ich gelesen. Die Gauchos von Südamerika bedienen sich ihrer. Ist sie praktisch?“
    „Mehr als das, Hoheit. Sie ist sogar noch gefährlicher als der Lasso. Sie zerbricht, wenn sie von geschickter Hand geschleudert wird, die Beine eines Pferdes, ja eines Ochsen. Ich will Ihnen den Gebrauch zeigen, darf aber dazu kein Tier nehmen, da ich es ganz sicher schwer verletzen würde.“
    Sternau zeigte zunächst die Bola herum, die aus drei kurzen Lederriemen bestand, die an einem Ende zusammengebunden, am andern aber mit einer schweren Kugel versehen waren, die in einer festen, ledernen Hülle steckte, ließ von den Knechten an dem einen Ende des Hofes einen Pfahl in die Erde rammen und schritt nach dem anderen Ende hin.
    „Hoheit“, sagte er, „damit die Herrschaften sehen, wie sicher ein guter Bolawerfer trifft, werde ich dieses Mal den Pfahl zehn Zoll unter seiner Spitze treffen.“
    Er stand wohl über fünfzig Schritte von dem Pfahl entfernt, nahm die eine Kugel der Bola in die rechte Hand, wirbelte die beiden anderen einige Male um den Kopf und ließ sie dann fliegen. Sich immer umeinander drehend, flogen die Kugeln in einem Bogen durch die Luft, trafen den Pfahl mit erstaunlicher Sicherheit und schlangen sich um denselben. Man hörte einen Krach – die Spitze des Pfahles war abgebrochen.
    „Außerordentlich!“ rief der Großherzog.
    Er eilte zu dem Pfahl, und die anderen folgten ihm. Eine zehn Zoll lange Spitze war abgebrochen. Der Fürst nahm sie vom Boden auf und gab sie von Hand zu Hand.
    „Welche Sicherheit, welche Kraft!“ sagte er. „Treffen Sie stets so genau?“
    „Stets! Ich will es beweisen“, entgegnete Sternau.
    Er warf nun noch viermal und traf jedesmal die Stange an dem Ort, den er bezeichnet hatte.
    „So ist dies die gefährlichste Waffe, die es gibt, wenigstens in der Prärie“, sagte der Großherzog.
    „O, dieses Schlachtbeil ist noch gefährlicher“, meinte Sternau.
    Damit nahm er seinen Tomahawk aus dem Gürtel und zeigte ihn vor.
    „Dieses schwache Beil mit dem kurzen Griff?“ sagte der Fürst. „Ist es nicht nur eine Waffe für den Nahkampf?“
    „Nein. Es spaltet den dicksten Schädel, aber es trifft auch aus großer Entfernung das kleinste Ziel. Ich töte mit ihm einen Flüchtling, der im Galopp entspringt, indem ich hier ruhig stehen bleibe. Ich berechne ganz genau, ob ich seinen Kopf, seinen Hals, seinen Arm, seinen Leib oder sein rechtes oder linkes Bein treffen werde.“
    „Das wäre ja kaum zu denken.“
    „Doch. Und was das sonderbarste ist, dieses Beil fliegt, wenn ich es werfe, erst waagrecht mit dem Boden fort, dann steigt es empor, so hoch, als ich es berechnet habe, senkt sich wieder nieder und trifft gerade den Punkt, den ich mir zum Ziel nahm. Darf ich dies den Herrschaften beweisen?“
    „Bitte, wir sind ganz außerordentlich gespannt“, sagte der Großherzog.
    „So werde ich zunächst den Rest dieses Pfahles treffen.“
    Sternau hing die Bola in den Gürtel und nahm den Tomahawk zur Hand. Als er an das äußerste Ende des Hofes zurückgekehrt war, stellte er sich mit der linken Seite nach der Gegend des Zieles, schwang mit der Rechten den Tomahawk und ließ ihn dann fahren. Er traf den Pfahl gerade in der Mitte.
    „Erstaunlich!“ rief der Großherzog. „Es sind wenigstens fünfzig Schritte.“
    „Ich treffe das Ziel auf fünfhundert Schritte“, behauptete Sternau.
    „Unmöglich! Wenigstens nicht so genau.“
    „Ich werde es beweisen. Zwar ist der Hof nicht so lang, aber es wird sich dennoch machen lassen. Um Ihnen die Sicherheit des Wurfes zu beweisen, werde ich das Ziel nur einen Fuß vom Fenster wählen; dann verlasse ich den Hof durch das Tor, dessen Flügel wir weit öffnen, gehe genau fünfhundert Schritte auf die Straße hinaus und werfe den Tomahawk.“
    Keiner der Herren glaubte an die Möglichkeit des Gelingens. Aber Sternau ließ gerade unter einem Fenster der hinteren Hoffront einen Pfahl einschlagen und legte auf diesen einen Stein. Dann wurden die Torflügel geöffnet.
    „Die Herren sehen“, sagte er, „daß dieser Stein nur einen Fuß unterhalb des Fensters liegt; ihn will ich treffen. Man könnte ganz getrost das Fenster öffnen und herausblicken, ich schädige
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