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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen
Autoren: Karl May
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Auge zu behalten. Ich mußte über das Tun der Indianer genau unterrichtet sein und bat Winnetou, zu den Pferden zurückzukehren und dort auf mich zu warten. Er konnte mir nichts nützen, da er die Beschaffenheit der Bahn nicht kannte, und fügte sich, wenn auch widerwillig, meinem Verlangen.
    „Wenn mein Bruder in Gefahr ist, so mag er den Schrei des Präriehuhns ausstoßen. Ich werde dann kommen, ihm zu helfen.“
    Er bewegte sich rückwärts, und ich schlug immer am Boden kriechend und aufmerksam jedes Geräusch beachtend, eine schräge Richtung nach dem Bahnkörper ein. Lange dauerte es, ehe ich ihn erreichte. Dann aber überkroch ich ihn und hielt auf seiner anderen Seite mit verdoppelter Vorsicht auf die Stelle zu, an welcher ich die Ogellallahs gesehen.
    Da drang ein leise klingender Ton an mein Ohr. Ich horchte. Es war der Schall eines regelmäßig wiederkehrenden Schlags, und als ich die Ausschüttung erklommen und das Ohr an eine der Schienen legte, hörte ich ein so deutliches Hämmern und Klopfen, daß mir kein Zweifel übrig blieb.
    Hier war nicht die mindeste Zeit zu versäumen, und nachdem ich nur eine kurze Strecke rückwärts geschlichen, erhob ich mich und sprang den Weg zurück, welchen ich gekommen war. Ich kannte den Punkt der Bahnstrecke nicht, an welchem wir uns befanden, und wußte ebensowenig die Zeit, in welcher ein Zug vorüberkommen mußte. Das konnte alle Augenblicke geschehen, und zur Warnung war ein bedeutender Vorsprung nötig. Ich befand mich in einer nicht unbedeutenden Aufregung und wäre von Winnetou, an welchem ich fast anrannte, beinahe verkannt und niedergestochen worden.
    Nach einigen Worten der Verständigung saßen wir zu Pferd und bewegten uns in scharfem Trab längs des Schienengleises nach Osten zu. Ein wenig Mondenschein wäre uns jetzt zwar willkommen gewesen, aber der klare Schimmer der Sterne genügte ja auch so ziemlich, uns die Strecke erkennen zu lassen.
    Eine Viertelstunde verging, und eine Gefahr vor dem herannahenden Zug war also nicht mehr zu befürchten, sobald es nur gelang, uns bemerklich zu machen. Aber besser noch war es, wenn dies ohne Wissen der Indianer geschehen konnte, und bei dem platten Terrain war das durchdringende Licht, wie es die amerikanischen Maschinen bei sich führen, auf mehrere Meilen weit erkennbar. Also ließen wir die Pferde laufen und legten so, uns wortlos nebeneinander haltend, noch eine ansehnliche Strecke zurück.
    Jetzt endlich schien es mir Zeit. Ich hielt an und sprang vom Pferd. Winnetou tat dasselbe. Nachdem die Tiere gehörig gefesselt waren, sammelte ich einen Haufen ausgedorrten Grases, dessen trockensten Teile ich zu einer Art Fackel zusammendrehte. Mit Hilfe einigen aufgestreuten Pulvers war dieselbe leicht in Brand zu stecken, und nun konnten wir das Kommende ruhig erwarten.
    Auf unsere Decken gelagert, lauschten wir in die Nacht hinein und verwandten fast kein Auge von der Richtung, aus welcher der Zug zu erwarten war. Winnetou sprach kein Wort; er verstand von dem, was ich vorhatte, wenig oder gar nichts und ließ mich ruhig gewähren. Außer dem Geräusch, welches die grasenden Pferde verursachten, war kein Laut zu hören als höchstens das leise Knistern eines auf Raub ausgehenden Käfers, und die Minuten dehnten sich zu einer immer peinlicher werdenden Länge.
    Da, nach einer kleinen Ewigkeit, blitzte in weiter, weiter Ferne ein Licht auf, erst klein und kaum wahrnehmbar, aber nach und nach immer größer werdend.
    „Der große Häuptling der Apachen wird jetzt das Feuerroß sehen. Es kommt.“
    Winnetou erhob sich. Kein Laut seines Mundes gab Zeugnis von der Spannung, in welcher er sich befand. Ich nahm die Lunte zur Hand und schüttete Pulver auf.
    Jetzt machte sich das Nahen der Wagen durch ein immer vernehmlicher werdendes Rollen bemerklich, welches nach und nach zu einem Geräusch anwuchs, das dem Grollen eines entfernten Donners glich.
    „Das eiserne Roß hat eine böse Stimme“, sprach Winnetou. „Wie sind seine Gedanken über den Stamm der Apachen?“
    Er fühlte also doch eine Besorgnis um seine Sicherheit. Dem Feind, selbst dem überlegenen gegenüber wäre ihm nicht das mindeste Bangen angekommen; die unbekannte und sich auf so schreckliche Weise ankündigende Macht des Dampfes aber störte doch seine Gemütsruhe.
    „Das ist nicht die Stimme des Feuerrosses, sondern das Zittern des Pfads, über welchen es daher fliegt.“
    „Da muß das Wiehern seines Mundes noch fürchterlicher sein. Mein Bruder
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