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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen
Autoren: Karl May
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drüben am Pfad des Feuerrosses liegen die roten Männer“, rief er. „Sie stecken hinter dem Rücken der Erhebung, aber ich sah eines ihrer Pferde.“
    Er hatte wohlgetan, unseren erhöhten Standpunkt sofort zu verlassen, da wir auf demselben leicht bemerkt werden konnten. Zwar war die Entfernung selbst für das scharfe Gesicht eines Indianers eine sehr bedeutende; aber ich hatte während meiner Streifereien mehrere Male in den Händen dieser Leute Fernrohre gesehen. Die Kultur schreitet eben unaufhaltsam vorwärts, und indem sie den Wilden immer weiter zurückdrängt, bietet sie ihm doch die Mittel, sich bis zum letzten Mann gegen ihre Gewalt zu verteidigen.
    „Was sagt mein Freund zu der Absicht dieser Leute?“ fragte ich.
    Er schwieg. Augenscheinlich fiel es ihm schwer, sich ihr Verhalten zu erklären. Sie befanden sich auf dem Kriegspfad und hatten doch keine Wache aufgestellt. Sie mußten also wissen, daß in ziemlichem Umkreise kein Feind vorhanden sei, und da sie bei ihrer jedenfalls nicht bedeutenden Anzahl einen weiten Zug nicht vorhaben konnten, so wußte er mir keine Antwort zu geben. Mir hingegen schien ihr Vorhaben unschwer zu erraten, und das Rohr aus seiner Hand nehmend, forderte ich ihn auf, mich hier zu erwarten, und schlich mich vorsichtig vorwärts.
    Obgleich ich fast überzeugt sein konnte, daß sie von unserer Nähe keine Ahnung hatten, suchte ich so viel wie möglich Deckung zu behalten und gelangte dadurch so weit an sie heran, daß ich, am Boden liegend, sie zählen und beobachten konnte.
    Es waren ihrer dreiundsechzig, sämtlich mit den Kriegsfarben bemalt und sowohl mit Pfeilen, als auch mit Feuerwaffen bewehrt. Die Zahl der angepflockten Pferde war bedeutend höher, und dieser Umstand bekräftigte meine Ansicht.
    Da hörte ich einen leisen Atemzug hinter mir. Rasch das Messer ziehend, drehte ich mich um. Es war Winnetou, den es nicht bei den Pferden gelitten hatte.
    „Uff!“ klang es von seinen Lippen. „Mein Bruder ist sehr kühn, so weit vorzugehen. Es sind Ogellallahs, der kühnste Stamm der Sioux, und dort liegt Parranoh, der weiße Häuptling.“
    Erstaunt sah ich ihn an.
    „Der weiße Häuptling?“
    „Hat mein Freund noch nichts gehört von Parranoh, dem grausamen Häuptling der Athabaska? Niemand weiß, wo er hergekommen; aber er ist ein gewaltiger Krieger und im Rat des Stammes unter die roten Männer aufgenommen worden. Als die grauen Häupter alle zu Manitou, dem großen Geist gegangen, hat er das Kalumet erhalten und viele Skalps gesammelt. Dann ist er aber von dem bösen Geist verblendet worden, hat seine Krieger für Niggers gehalten und fliehen müssen. Jetzt wohnt er im Rat der Ogellallahs und wird sie zu großen Taten führen.“
    „Kennt mein Bruder sein Angesicht?“
    „Winnetou hat seinen Tomahawk mit ihm gemessen; aber der Weiße ist voller Tücke, er kämpft nicht ehrlich.“
    „Er ist ein Verräter, ich sehe es. Er will das Feuerroß anhalten und meine Brüder töten und berauben.“
    „Die weißen Männer?“ fragte er erstaunt. „Er trägt doch ihre Farbe. Kann er das Roß halten?“
    „Nein, und wenn er alle Indsmen, die einen Lasso schwingen können, zusammenbrächte, so könnten sie doch den Lauf desselben nicht hemmen. Aber wenn man seinen Pfad zerstört, so muß es stehen bleiben und wird seine eigenen Reiter töten.“
    Das Erstaunen des Häuptlings wuchs. Er hatte keinen Begriff von dem Wesen der Lokomotive und konnte meine Worte also auch nicht begreifen. Nach einer Weile des Schweigens, während welcher wir, wie überhaupt bisher, die vor uns lagernden Krieger scharf beobachteten, fragte er:
    „Was wird mein Freund tun?“
    „Er wird warten und sehen, ob Parranoh den Pfad des eisernen Rosses zerstört, und dann seinen Brüdern entgegenreiten, um sie zu warnen.“
    Er nickte.
    „Winnetou wird ihm helfen. Wieviel Männer werden auf dem Roß sitzen?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Werden sie dem Vater der Apachen freundlich gesinnt sein?“
    „Sie werden meinem Freund die Hände drücken, die große Pfeife mit ihm rauchen und ihm Pulver, Blei und Tabak geben, soviel er will.“
    Sein Angesicht glänzte vor Freunde, und mit einem verächtlichen Neigen seines Kopfes meinte er:
    „Wenn der Brüder meines Freundes halb so viele sind, wie der Hundefresser dort, so werden wir diese voranschicken in die ewigen Jagdgründe.“
    Das Dunkel des Abends senkte sich immer tiefer herab, so daß es immer schwieriger wurde, die feindlichen Gestalten im
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