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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky
Autoren: Jude Deveraux
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    Die Wälder von Kentucky, Oktober 1784
    Das Laub des herbstlichen Waldes setzte flammende Akzente auf das ohnehin schon bunte Bild. Planwagen, Pferde und Menschen machten auf der Lichtung Rast. Vier solide, große Wagen standen auf der einen Seite, neben ihnen grasten Zugochsen. Die andere Seite war mit zwei Gepäckwagen verstellt, die schon bessere Zeiten gesehen hatten und nicht mehr so wirkten, als ob sie den langen Weg nach Westen heil überstehen würden. Müde schlurften Frauen über den Platz, um Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen, während die Männer die Tiere versorgten. Eine Gruppe Kinder spielte in Sichtweite der Erwachsenen.
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß wir die Prärie und die Hitze hinter uns haben. Ach, ich vermisse die See!« Mrs. Watson stand am Feuer. Sie hatte die Hände in den Rücken gestemmt, um den sich wölbenden Bauch zu entlasten. Sie war hochschwanger. »Wo ist Linnet, Miranda?« fragte sie die Frau, die ihr gegenüber am Feuer saß.
    »Sie spielt wieder mit den Kindern.« Die Stimme der kleineren Frau klang klar und hatte einen reinen, englischen Akzent, der sich sehr von dem verwaschenen Dialekt ihrer Reisegefährtin unterschied.
    »Ja, jetzt sehe ich sie auch.« Mrs. Watson hob die Hand an die Stirn, um ihre Augen vor dem Glanz der untergehenden Sonne zu schützen. »Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich Linnet auch für so ein Gör halten.« Sie beobachtete Linnet, die mit den Kindern im Kreis stand. Trotz ihrer zwanzig Jahre war sie nicht größer als die Halbwüchsigen an ihrer Seite. Ein lose fallendes Kleid verhüllte die sanften Kurven ihres Körpers, die den ältesten Sohn der Watsons schon mehr als einmal dazu verleitet hatten, nachts am Planwagen der Tylers vorbeizuschleichen. »Wissen Sie, Miranda, Sie und Amos sollten mal mit Linnet reden. Wird Zeit, daß das Mädchen für eigene Kinder sorgt, anstatt dauernd auf die Gören von anderen aufzupassen.«
    Miranda Tyler lächelte. »Sie können es gern selbst einmal versuchen, aber Linnet hat ihren eigenen Kopf. Und ehrlich gesagt, glaube ich nicht, daß ein junger Mann in der Lage ist, die Verantwortung für meine Tochter zu übernehmen.«
    Mrs. Watson lachte verlegen. »Ich glaube, Sie haben recht. Ich will nichts Schlechtes über Linnet sagen, sie ist wirklich ein hübsches Ding — aber die Art, wie sie die Männer anguckt! Außerdem läßt sie sich nie helfen, sondern macht immer alles allein. Würde es Sie stören, wenn ich mich für ’n Moment setze? Mein Rücken tut mit jeder Minute mehr weh.«
    »Aber natürlich nicht, Ellen. Kommen Sie her, Amos hat mir einen Hocker hingestellt. Setzen Sie sich nur.«
    Die massige Frau ließ sich mit gespreizten Knien nieder. Ihr Bauch wogte. »Wo war ich doch grad?« Mrs. Watson schien Mirandas gerunzelte Stirn nicht zu bemerken. »Ach ja, ich hab’ drüber geredet, wie Linnet die Männer behandelt. Ich hab’ ihr schon mal gesagt, daß jeder Mann glaubt, er sei was ganz Besonderes. Sehen Sie doch mal rüber zu Prudie James.«
    Miranda folgte kurz der Aufforderung, bevor sie sich wieder ihrer Bohnensuppe zuwandte.
    »Zu jeder Tageszeit ist ein ganzer Haufen Jungs um sie rum«, fuhr Ellen fort. »Sie sieht nicht halb so gut aus wie Ihre Linnet, aber immer hat Prudie die Männer im Schlepptau. Erinnern Sie sich noch, als Prudie letzte Woche von einer Wespe gestochen wurde? Vier Jungs haben sich fast die Beine ausgerissen, um ihr zu helfen.«
    Miranda Tyler sah zu ihrer Tochter hinüber, und ein liebevolles Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Sie hatte ihre eigene Meinung über Linnet und erinnerte sich an ganz andere Ereignisse. Zum Beispiel daran, daß sich der Kleine von Parkers einmal verirrt hatte. Linnet fand ihn schließlich und hatte ihr Leben riskiert, um den verängstigten Jungen aus einer Felsspalte zu befreien. Mrs. Watson konnte ruhig all ihre Prudies bewundern!
    »Natürlich will ich nichts Schlechtes über Linnet sagen. Sie ist mir oft eine große Hilfe gewesen. Es ist nur, daß ich... nun, ich will nur, daß sie mit ’nem Mann glücklich wird.«
    »Ich bin Ihnen wirklich dankbar für ihre Fürsorge, Ellen, aber ich glaube ganz fest daran, daß Linnet irgendwann den Mann finden wird, der wirklich zu ihr paßt. Würden Sie mich jetzt bitte entschuldigen?«
    Das Jauchzen der spielenden Kinder tönte über die Lichtung. So hörte niemand das warnende Bellen eines Hundes, das plötzlich abbrach.
    Die Indianer haben schon vor
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