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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky
Autoren: Jude Deveraux
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tiefe Augenringe entstellt. Haut und Haare waren mit stinkendem, ranzigem Bärenfett verschmiert. Doch die Augen, die zu ihm aufsahen, wirkten klar und hatten die Farbe von poliertem Mahagoni.
    Kurz bevor er sie erreichte, riß eine Indianerin Linnet das Hemd vom Leib und entblößte ihre Brüste. Vergeblich versuchte Linnet, sich nach vorn zu beugen, um sie vor den neugierigen Blicken zu schützen. Devon stand direkt vor ihr, und sie starrte ihn unverwandt an, obwohl die Alte neben ihr lachte und immer wieder von ihr zu Devon wies.
    Sie blickte in sein Gesicht, bemerkte, daß Devon der Alten zunickte, und dann trafen sich ihre Augen... Sofort erwachten Linnets Lebensgeister wieder, als hätte Devon ihr von seiner Kraft etwas abgegeben.
    »Hab keine Angst«, murmelte er und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Die Indianer bewundern deinen Mut.« Seine Hand wanderte nach unten, und sie erschrak, als er ihre Brust umfaßte. Ihr stockte der Atem, doch sie hielt seinem Blick stand.
    Devon ließ die Hand sinken und lächelte ihr zu. »Ich hoffe, daß du für gewöhnlich sauberer bist als jetzt. Ich glaube nämlich nicht, daß ich eine Lehrerin ertragen könnte, die so stinkt wie du.«
    Er zog das Hemd wieder über ihre Brüste, nickte der alten Frau zu und stellte sich wieder neben den Indianer.
    Die Frau fing wieder an zu gackern und wies auf den anderen Mann. Doch dessen Augen funkelten Linnet böse an, er spuckte vor ihr aus und drehte ihr den Rücken zu.
    Linnet war sich nicht ganz sicher, was nun geschah. Die beiden Männer gingen auf der Lichtung in Stellung, und ein Strick wurde so um ihre Knöchel gewunden, daß sie sich nicht mehr als höchstens einen Meter voneinander entfernen konnten. Linnet zog scharf den Atem ein, als jedem der beiden Männer ein Messer gegeben wurde.
    Die Kämpfer umkreisten sich gegenseitig. Das Messer blitzte in der Sonne, als der Indianer mit einer raschen Bewegung Devons linken Arm von der Schulter bis zum Ellenbogen aufschlitzte. Devon schien die Verwundung gar nicht wahrzunehmen und versuchte, seine Waffe in den Bauch seines Gegners zu bohren.
    Linnet beobachtete die Geschmeidigkeit und die Stärke des Mannes, der für sie sein Leben aufs Spiel setzte. Er war weder ein Weißer noch ein Indianer — er besaß sowohl die Geschicklichkeit eines zivilisierten als auch die Naturverbundenheit eines wilden Mannes.
    Devon schlitzte die Schulter des Mannes auf, wobei er die Wirbelsäule nur knapp verfehlte. Der Indianer machte einen Ausfallschritt, und Devon wich zur Seite aus. Der scharfe Ruck riß beide Kämpfer zu Boden. Sie wälzten sich im Gras, und die Messer waren nicht mehr zu sehen. Plötzlich — Devon lag unter dem Indianer — erstarrten sie in ihrer Bewegung.
    Auf der Lichtung war es totenstill. Linnet hielt den Atem an.
    Der Indianer bewegte sich, und sie konnte den Triumph der Frauen nahezu spüren. Es schien Ewigkeiten zu dauern, ehe sich der Indianer von Devons Körper löste.
    Linnet begriff langsam, daß Devon den leblosen Körper seines Gegners von sich schob. Sie sah ihn noch immer ungläubig an, als Devon den Strick an seinem Knöchel durchschnitt, aufsprang und auf sie zueilte. Er löste ihre Fesseln.
    »Folge mir«, befahl er mit kalter, stählerner Stimme.
    Sie zog das Hemd über der Brust zusammen und strengte sich an, um seinen stürmischen Schritten folgen zu können. Mit einer einzigen Bewegung setzte er sie in den Sattel eines mächtigen Wallachs und sprang dann hinter ihr auf. Seine Arme umschlangen sie — eine Hand hielt die Zügel, die andere lag an ihrer Taille. Sie begutachtete den Schnitt an seinem linken Arm und stellte erleichtert fest, daß er nicht sehr tief war.
    Sie ritten, so schnell das Pferd konnte — immerhin mußte es zwei Reiter tragen. Linnet hielt sich aufrecht, weil sie dem Mann hinter ihr nicht noch eine zusätzliche Last sein wollte. Am Nachmittag gelangten sie an einen Bach und machten Rast. Devon hob sie vom Pferd und setzte sie zu Boden, während sie die Enden ihres Hemdes über dem Bauch verknotete.
    »Glaubst du, daß sie uns folgen?«
    Er beugte sich über den Bach und ließ das kalte Wasser über seinen verletzten Arm laufen. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich will mich auch nicht nur auf mein Glück verlassen. Dieser Haufen da ist kein richtiger Indianerstamm. Sie haben keinen Funken Ehre im Leib. Ein Shawnee hält sein Wort — aber diese Männer nicht. Das heißt, ich bin mir nicht sicher, ob sie es tun.«
    »Moment, ich
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