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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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hatte, drängte sich ein Lachen hervor, das nicht kräftiger und herzlicher gelacht werden konnte.
    Die Schiffsdisziplin ist eine außerordentlich exakte, und selbst der ‚unbefahrenste‘ Seejunge weiß, daß alle einstimmen müssen, wenn der Kapitän oder der Maat so gnädig ist, zu lachen; nur muß der eine sich leiser und der andere lauter beteiligen, je nach dem Rang, den er auf der Schiffsliste einnimmt. Daher öffneten jetzt alle Mannen vom Hochbootsmann an bis herab zur Kajütenhelp die Lippen, um ihre Lachmuskeln pflichtschuldigst in Bewegung zu setzen. Sogar der Kapitän verzog den Mund, als wolle er ein beistimmendes Lächeln versuchen, und meinte dann:
    „Ich denke, wir befinden uns so zwischen Holt und Miloradowitsch auf einem weit nach West vorgeschobenen Platz. Was meint Ihr, Master Charley?“
    Ich war auf dem Schiff der einzige Passagier gewesen, mit dem sich der sonst sehr schweigsame Kapitän unterhalten hatte; es war mir vorgekommen, als ob ich mich seiner Zuneigung rühmen dürfe, und er hatte wirklich die Gewohnheit angenommen, mich mehr zu Rate zu ziehen, als es sonst von einem Seemann einem Laien gegenüber zu geschehen pflegt. Daher kam es, daß die Mannschaft einen gewissen Respekt vor mir hegte, der mir in manchen Fällen sehr zustatten kam und sehr oft eine kleine Bevorzugung oder Erleichterung zur Folge hatte.
    „Meine Berechnung vorhin stimmt ganz mit der Eurigen, Sir“, antwortete ich. „Zwar bin ich in diesen Gegenden noch nie gewesen, aber ich habe mich über sie sehr genau unterrichtet. Sicher ist es jedenfalls, daß wir auf einer der Pomatu-Inseln befinden, obgleich dieses Eiland eine andere Form zeigt, als man bei den andern gesehen hat.“
    „Ich war auch noch nicht hier“, gestand der Kapitän. „Wollt Ihr mir wohl sagen, wie die Pomatu-Inseln gebaut sind?“
    „Sie sind korallischen Ursprungs, meist rundlich gebaut und nicht viel höher als das Niveau des Meeres. Sie haben in ihrer Mitte meist einen kleinen See und tragen gewöhnlich auf dem harten Korallengrund eine fruchtbare Humusdecke. Der Archipel wurde zuerst von dem Spanier Quiros im Jahre 1606 entdeckt und zerfällt in mehr als sechzig Gruppen.“
    „Wie weit rechnet Ihr von hier bis nach den Gesellschafts-Inseln?“
    „Sie liegen, wie Ihr wohl wißt, in der Richtung von Südost nach Nordwest zwischen dem zehnten bis achtzehnten Grad südlicher Breite und dem zweiundzwanzigsten Grad zu zweihundert östlicher Länge; wir haben also, wenn wir erst genau West nehmen und dann grad nach Nord umlegen, sechzehn Grad, und wenn wir die Meridiane und Breitenlinien im Diagonal nach Nordwest schneiden, vierzehn Grad zu durchmessen.“
    Roberts sah mich bei dieser Auseinandersetzung etwas von der Seite an. Der gute Kapitän war nämlich auf den ihm gewohnten Kursen ein ganz braver Schiffsführer, schien aber in andern Lagen etwas unsicher zu sein.
    „Vierzehn Grad; das ist ein langer Weg, besonders wenn man festsitzt und kein Schiff unter den Füßen hat!“ brummte er.
    „Hm! Ich gab Euch ja den Rat, so viel Holz wie möglich zu bergen, um ein Fahrzeug zu bauen. Wir haben doch den Zimmermann und könnten alle mit Hand anlegen. Auch aus der Schaluppe, wenn wir sie nicht fahren ließen, und dem Kutter hätte sich vielleicht etwas machen lassen. Ihr aber habt das Gut gerettet, und nun sitzen wir fest, wie Ihr ja selbst sagt.“
    „Well, Sir, das ist Eure Meinung“, antwortete er unmutig. „Ihr wißt aber, daß in solchen Dingen nur die Ansicht des Kapitäns zu gelten hat. Das Gut ist mir anvertraut, und ich muß es zu retten suchen!“
    Das Schiff und das Leben seiner Mannen war ihm ebenso anvertraut, und er hätte die Verpflichtung gehabt, daran zu denken, daß wir, wenn sich kein Schiff zeigt, ohne Fahrzeug hier so viel wie verloren waren. Das Menschenleben ist höher anzuschlagen als Geld und Gut. Doch ich schwieg, denn meine Erinnerung hatte ihn mürrisch gemacht, und es konnte nicht meine Absicht sein, ihn ernstlich zu erzürnen und mir sein Wohlwollen zu verscherzen oder gar mir seine Feindschaft zuzuziehen.
    „Zum Essen!“ kommandierte jetzt der Maat, und alles rückte näher, um sich an den dicken Erbsen mit Salzfleisch zu vergnügen. Ich hatte keinen Appetit zu dieser derben Seemannskost und nahm mein Gewehr, um am Strand hinzuschlendern, an welchem ich ganze Scharen Seevögel bemerkt hatte, die hier auf den Pomatu-Inseln sehr zahlreich vorkommen. Ich kehrte wirklich auch schon nach einer Viertelstunde mit
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