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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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Zeit zu verlieren!“
    Der Steuermann verteilte schnell Waffen und Munition unter seine Leute und eilte mit ihnen davon.
    „Ihr andern geht hinauf zum Kapitän. Nehmt seinen Schiffssäbel und seine Flinte mit, auch für den Zimmermann ein Gewehr.“
    Sie hatten sich bereits bewaffnet und schritten der Anhöhe zu. Ich selbst steckte das Messer und den Revolver bei, griff zum Stutzen und eilte längs des Hangs hin, um dem Inhaber des ersten Bootes entgegenzugehen. Die Insel war nicht groß; ich bekam ihn bereits nach zehn Minuten zu Gesicht. Er näherte sich schon dem Korallenring, welcher eine nur so breite Durchfahrt freiließ, daß man sie mit einem guten Anlauf überspringen konnte. Sein Segel war jetzt gerefft, und er bediente sich bloß der Ruder, um die keineswegs unschwierige Passage zu überwinden.
    Es gelang ihm. Die Brandung trieb ihn durch den engen Kanal in das ruhige Wasser der Bucht. Hier erhob er sich hart hinter den Korallen. Er hatte die Ruder weggelegt und zu Pfeil und Bogen gegriffen. Nach der Insel gewandt, legte er den Pfeil auf den Bogen und schoß ab. Der Pfeil erreichte das Land an einer Stelle, welche etwa zwanzig Schritte von der Küste innerwärts lag.
    Jetzt war ich gewiß, daß er von den andern verfolgt wurde. Jedenfalls beabsichtigte er, vom Land aus die Durchfahrt zu verteidigen, und hatte erproben wollen, ob ihm dies mit dem Pfeil möglich sei. Jetzt griff er wieder zum Ruder und kam herbei.
    Diese Seite der Insel zeigte eine dichtere Vegetation als die nördliche, auf welcher wir unser Lager aufgeschlagen hatten; es gab hier sehr hohen, breitwedeligen Farn, der ein unbemerktes Anschleichen außerordentlich begünstigte. Ich pirschte mich so schnell wie möglich näher.
    Jetzt stieß sein Boot an das Land. Er zog es halb aus dem Wasser, hing sich den Köcher über, nahm den Bogen zur Hand und griff dann auch nach einer Flinte, deren Riemen er über die Schulter legte. Nach der Stelle schreitend, an welcher sein Pfeil lag, hob er denselben auf und marschierte dann in gleich großen Schritten und gerader Linie landeinwärts. Jedenfalls wollte er sich die Distanz abmessen für den Fall, daß seine Verfolger in die Bucht drangen und zu landen versuchten. Sein Benehmen war ganz das eines kühnen und dabei doch vorsichtigen Mannes, der keinen Umstand, welcher ihm nützlich sein kann, unberücksichtigt läßt. Er näherte sich mir dabei so, daß ich ihn deutlich seine Schritte zählen hörte.
    „Satu, dua, tiga, ampat, lima, anam, tudschu, dalapan, sambilan, sapuluh“, zählte er von eins bis zehn und fuhr dann fort: „Sapuluh-satu, sapuluh-dua, sa-puluh-tiga –“
    „Rorri – halt!“ gebot ich da, mich aus dem Farn erhebend und ihm die Hand auf die Schulter legend. „Was tust du hier?“
    Er erschrak allerdings über mein so plötzliches Erscheinen, hatte sich bereits im nächsten Augenblick gefaßt und zog das Messer aus dem Gürtel. Jetzt erkannte er, daß ich kein Eingeborener war, und ließ den zum Stoß bereits erhobenen Arm wieder sinken.
    „Inglo?“
    „Nein, ich bin kein Engländer.“
    „Franko?“
    „Ja“, antwortete ich, denn ich nahm an, daß er mit dem Wort nicht einen Franzosen bezeichne, sondern dasselbe in dem weiteren Sinne gebrauche, mit dem alle Abendländer gemeint sind.
    „Ah, das ist gut! Bist du allein, Sahib?“
    War er in Indien gewesen, daß er mir diesen Titel gab? Ich zog es vor, ihn noch nicht aufzuklären, und fragte:
    „Was suchst du hier?“
    „Rettung.“ Er wandte sich zurück und deutete mit der Hand auf die Boote, welche jetzt so nahe waren, daß man ihre Borde deutlich erkennen konnte. „Sie verfolgen mich und wollen mich töten.“
    „Weshalb?“
    „Ich bin reich und ein Christ.“
    „Und sie sind Heiden?“
    Er nickte bejahend.
    „Einige sind noch Heiden, und einige haben sich von dem Inglo-Mitonare taufen lassen.“
    Mitonare heißt Missionar, und mit diesem Wort bezeichnet das in seiner Sprache sehr einfache Inselvolk auch alles, was mit der Religion der Christen in Verbindung steht, wie z.B. Kirche, Prediger, Altar, Kreuz, Predigt, Bibel, selig, heilig, fromm usw. immer nur Mitonare oder mitonare genannt wird. Hier war jedenfalls ein protestantischer Missionar der Engländer gemeint.
    „So sind diese von dem Inglo-Mitonare Getauften also dennoch Christen?“
    „Eita – nein. Sie glauben noch immer an Atua, den guten Gott, und an Oro, den Gott alles Bösen, aber sie haben sich taufen lassen, weil sie dann mit den Ingli
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